MSI-Wind-Computer Innen Netbook, außen PC
Der Hardware-Hersteller MSI hat das Konzept der Netbook-Laptops auf einen PC übertragen. Mit wenig Aufwand verpflanzten die Ingenieure die Technik des Wind-Netbooks in ein Desktop-PC-Gehäuse, reicherten es mit einer großen Festplatte und einem DVD-Brenner an und verkaufen das Ganze inklusive Software-Komplettpaket zum Schnäppchenpreis von 249 Euro. Zu solchen Preisen bekommt man zwar auch andernorts schon Komplett-PCs zum Mitnehmen, doch von denen unterscheidet sich der Wind PC in vielerlei Hinsicht.
Was schon beim Auspacken auffällt: Der Wind PC ist schwer. Ausgesprochen schwer sogar, wenn man bedenkt, wie klein er eigentlich ist und dass nicht einmal ein Netzteil im Gehäuse untergebracht ist. Der Klopftest bringt Gewissheit: Das Gewicht ist zu einem guten Teil dem Gehäuse geschuldet. Das nämlich ist aus solidem Metall hergestellt und unterstreicht den guten Eindruck, den der Rechner auf den ersten Blick macht: Da klappert und wackelt nichts, alles passt prima zusammen und macht einen wertigen Eindruck.
Vier stabile Gummifüße sorgen auf dem Schreibtisch für festen Halt. Schicker aber sieht es aus, wenn man das Computerchen senkrecht in den dafür vorgesehenen Standfuß steckt. So aufgerichtet kann man den Rechner direkt neben dem Monitor auf dem Schreibtisch plazieren. Wer das nicht mag, so wie ich, findet in dem Standfuß aber auch eine prima Möglichkeit, den Mini-PC unter dem Schreibtisch auf den Boden zu stellen.
Akustisch kaum wahrnehmbar
Um an die vorne angebrachten Anschlussbuchsen für Audio und USB sowie an den Speicherkartenleser heran zu kommen, muss ich mich dann natürlich bücken. Auf-den-Tisch-Steller haben es da bequemer. Und auch an den DVD-Brenner kommen sie besser ran als ich. Der freilich, lässt sich in der aufrechten Position ohnehin schlecht nutzen, weil man stets Gefahr läuft, dass eingelegte Silberscheiben aus dem Laufwerk herausfallen, bevor es sich geschlossen hat. Mag sein, dass ich da nicht sonderlich geschickt bin, aber mir zumindest ist beim Testen die eine oder andere CD auf halben Weg herausgefallen. Immerhin: Nach ein paar Tagen hat man sich daran gewöhnt, weiß, dass es besser ist, die CD noch ein wenig mit dem Finger zu fixieren, während sie ins Laufwerk gezogen wird.
Der Brenner freilich, ist auch die lauteste Komponente des gesamten Rechners. Wenn es hochläuft, seine Drehzahl erhöht, wird der MSI-PC endlich hör- und durch die Vibrationen sogar spürbar. Ansonsten aber glänzt der kleine durch akustische Abwesenheit. Einen einzigen Lüfter kann ich im Rechnergehäuse ausmachen. Der ist zwar ziemlich klein und deshalb eigentlich als Plärrquelle prädestiniert, pustet die Luft aber derart geruhsam aus dem Gehäuse, dass er trotzdem nur durch ein sehr dezentes Surren zu erlauschen ist. In einer typischen Büroumgebung fällt er nicht auf.
Innenleben vom Netbook übernommen
Dass der Wind PC so leise ist hat er seinem Innenleben zu verdanken. Ein Blick in die Innereien des leicht zu öffnenden Gehäuses offenbart, dass die Chips darin sämtlich passiv, also nur durch die vorbeiströmende Luft, gekühlt werden. Bei einem Standard-PC ginge das nicht, weil PC-Prozessoren einfach zu viel Wärme erzeugen. Im Wind PC hingegen steckt viel Notebook-Technik. Allem anderen voran Intels Atom-Prozessor. Der ist zwar mit nur 1,6 Gigahertz getaktet, reicht aber mehr als aus, um die mitgelieferten Programme angenehm flüssig laufen zu lassen. Zum Bremsklotz könnte schlimmstenfalls die integrierte Chipsatzgrafikkarte werden, die sich bis zu 256 Megabyte vom Hauptspeicher abzweigt und für moderne 3D-Spiele viel zu lahm ist.
Im Gegensatz zum Wind-Netbook sind in der PC-Variante normale Desktop-PC-Laufwerke eingebaut. Die Festplatte fasst 320 Gigabyte, der CD- und DVD-Brenner liest und schreibt alle gängigen Formate. Als Arbeitsspeicher ist ein Gigabyte RAM eingebaut. Das lässt sich zwar theoretisch auf zwei Gigabyte aufrüsten, praktisch aber ist das kaum sinnvoll, da im Rechner nur ein RAM-Steckplatz zu finden ist, man das vorinstallierte Modul bei aufrüsten also übrig behält.
Linux statt Windows
Die übrige Ausstattung kann sich sehen lassen: Sound wird per 7.1-HD-Audio erzeugt, insgesamt sind sechs USB-Buchsen vorhanden und das eingebaute Kartenlesegerät kann vier verschiedene Kartentypen (SD, MMC, Memorystick, Memorystick Pro) auslesen. Vernetzt wird der Rechner über einen Gigabit-Netzwerkanschluss. Unzeitgemäß ist, dass zum Anschluss von Monitoren lediglich ein analoger VGA-Anschluss eingebaut ist. Dessen Ausgangssignal ist zwar sehr brauchbar, liefert bei einer Auflösung von 1280 x 1024 Bildpunkten (19 Zoll) ein kontrastreiches, scharfes Bild, sinnvoller wäre aber ein DVI-Port. Schließlich werden heutzutage fast nur noch LCD-Displays verkauft und die schließt man zwecks besserer Bildqualität eben lieber über digitale DVI-Kabel an.
Als ausgesprochen positive Überraschung entpuppt sich das vorinstallierte Suse Linux 10. Dessen Optik erinnert zunächst ein wenig am Mac OS X, hat dann aber doch eine ganz eigenen Charme. Viel wichtiger aber ist, dass es sich auch ohne Handbuch meist problemlos bedienen lässt. Bedenken, Linux sei kompliziert, werden schlicht beiseite gewischt. Einzig langjährige Windows-User könnten Probleme mit der Umstellung haben.
Bald auch mit Doppelhertz?
Wer sich von solchen Altlasten frei macht, findet auf dem Wind allerdings ein außergewöhnlich vollständig ausgestattetes System vor. Vom Taschenrechner-Programm über eine Videoschnittsoftware bis zum kompletten Officepaket ist so ziemlich alles schon auf die Festplatte aufgespielt, was man in einem normalen Computerleben so brauchen kann. Nur moderne 3D-Spiele fehlen und können auch von Brettspieladaptionen wie Vier Gewinnt oder Mahjongg nicht ersetzt werden.
Wer damit allerdings leben kann, findet im Wind PC einen kleinen, leisen und vor allem billigen Rechner für Einsteiger, Schüler, Büroarbeiter und vor allem Pragmatiker. Im Kombination mit einem günstigen Maus-Tastatur-Set und einem 19-Zoll-Display kostet er kaum mehr als aktuelle Netbooks, bietet aber ungleich mehr Speicherplatz, einen DVD-Brenner und die Option auf einen größeren Bildschirm. Vergleichbar günstige Standard-Computer sehen in der Regel potthässlich aus, sind größer, lauter und teilweise sogar schlechter ausgestattet. Als ernstzunehmende Konkurrenz kommt dieser Tage allerdings die Eee Box von Asus in den Handel, die zu einem ähnlichen Preis (269 Euro) zwar nur eine halb so große Festplatte mitbringt, dafür aber mit Windows XP befüllt wird, was einigen Anwendern offenbar sehr wichtig ist.
Am Horizont freilich ist schon die nächste Generation der Netbook-Desktops zu erahnen. Denn unlängst hat Intel eine neue Version des Atom-Prozessors vorgestellt, die wie die aktuellen Desktop-CPUs mit zwei Rechenkernen arbeitet. Diesen Chip hat das Unternehmen explizit für Desktop-Rechner und nicht für Netbooks vorgesehen und erhofft sich davon offenbar selbst, die Atom-Technik auf noch mehr Schreibtische bringen zu können. Lange, so viel ist klar, werden wir darauf nicht warten müssen.