Neues von Apple Jobs bläst zur Windows-Safari
Die Überraschung kam kurz vor den Ende der 90-minütigen Präsentation: Apples Webbrowser Safari - unter Mac-Nutzern hochgeschätzt und mit einem Marktanteil von fünf Prozent außerordentlich erfolgreich - ist ab sofort auch für Windows-Systeme verfügbar. Laut Jobs soll die Software Webseiten doppelt so schnell anzeigen wie Microsofts Internet Explorer. "Viele hundert Millionen Windows-Anwender setzen bereits iTunes ein und wir freuen uns, sie auch vom überlegenen Browsererlebnis von Safari zu überzeugen", sagte Jobs.
Eine Vorab-Version des neuen Browsers ist ab sofort verfügbar und kann kostenlos heruntergeladen werden . Auch für Mac-Anwender lohnt sich der Download, da Apple die neue Version mit der Nummer 3 parallel für Mac und Windows entwickelt. Die finale Version der Software soll bis Oktober fertig gestellt werden.
Ansonsten jedoch war Jobs' Präsentation eher arm an echten Neuheiten. Kein einziges der vorab von den Mac-Nachrichten-Webseiten verbreiteten Gerüchte bewahrheitete sich. Allen voran: Es gab keine neue Hardware zu sehen. Weder neue iMacs, noch das sagenumwobene ultraleichte Mini-Notebook.
Web 2.0 auf dem Apple-Handy
Eine kleine Sensation gab es trotzdem. Denn Entwicklern, die Programme für das Apple-Handy iPhone schreiben wollen, macht es der Konzern besonders leicht. Da das Telefon die Funktionalität des Safari-Browsers integriert hat, kann man ganz einfach Programme dafür schreiben, indem man sich an die bewährten Web-Standards hält, wie etwa Ajax. Derart entwickelte Software soll sich in keiner Weise von anderen Programmen unterscheiden, genauso aussehen wie "echte" iPhone-Software und auch alle Funktionen des iPhone nutzen können.
Auf diese Weise könnte bereits kurz nach dem Verkaufstart eine große Zahl von Drittanbieter-Software für das Apple-Handy bereitstehen, da etliche Web 2.0-Programme lediglich ein wenig an das Mobiltelefon angepasst werden müssten.
Webseiten ausschneiden
Zum eigentlich Kernpunkt seiner Präsentation, dem neuen Mac-Betriebssystem Mac OS X 10.5 "Leopard" hingegen, hatte Jobs nur wenig wirklich Neues zu berichten. Wie schon bei der Macworld Expo im Januar beschränkte er sich darauf, die zehn neuen Funktionen zu zeigen - insgesamt soll das neue Mac OS 300 neue Funktionen enthalten.
Wirklich neu und ausgesprochen spannend ist beispielsweise die "Web Clip"-Funktion. Die soll es ermöglichen, oft besuchte Webseiten einfach zu markieren und aus ihnen ein sogenanntes "Widget" zu machen, das auf Knopfdruck verfügbar ist. Das derart erstellte Miniprogramm soll dann auch noch, ganz nach Geschmack, mit einem eigenen Design versehen werden können.
Ebenfalls neu sind einige Details zum Chat-Programm iChat, die Jobs verriet. So kann man die Software nun auch nutzen, um via Chat Präsentationen zu zeigen oder auch Videos vorzuführen. Weit weniger informativ, dafür umso amüsanter dürfte freilich die Integration des Schnappschuss-Programm "PhotoBooth" sein, mit dessen Hilfe man nun Video-Chats in Echtzeit grafisch verfremden kann.
Zurück in der Zeit
Als "lebende Zeitbomben" bezeichnet der Apple-Chef Computer-Anwender, die sich nicht regelmäßig um Sicherheitskopien ihrer Daten kümmern. Dieses Problem soll in Mac OS X 10.5 die sogenannte "Time Machine", also "die Zeitmaschine" beseitigen, indem sie automatisch Backups von einfach allem anfertigt. Dieses Speicherplatz fressende System war zwar bereits vorher bekannt, ist jedoch mittlerweile um einige Nettigkeiten erweitert worden. Dazu gehört, dass Backups jetzt auch über drahtlose Netzwerke hinweg angefertigt werden können. Passend dazu soll künftig eine an Apples W-Lan-Basisstation "Airport Extreme" angeschlossene Festplatte allen Macs im Netzwerk als Backup-Speicher zur Verfügung stehen.
Ebenfalls für den Einsatz im Netzwerk gedacht ist "Back to my Mac". Damit soll es möglich sein, von überall im Internet auf alle Dokumente auf dem eigenen Mac zuzugreifen - und sogar dessen Schreibtischoberfläche via Fernsteuerung zu benutzen. Allerdings hat diese Fernzugrifffunktion einen Haken: Sie setzt ein Abo bei Apples Online-Dienst .mac voraus - und das kostet 99 Euro pro Jahr.
Ein neuer 3D-Finder
Die weitaus deutlichsten Veränderungen in "Leopard" zeigen sich jedoch auf der Benutzeroberfläche, dem sogenannten "Finder". Dort hat der 3D-Look Einzug gehalten. Der soll das jeweils aktive Fenster stärker hervorheben als bisher. Damit streut Apple Salz in die Wunden vieler Vista-Anwender, die sich beklagen, man könne beim neuen Microsoft-Betriebssystem nur schwer erkennen, welches Fenster gerade aktiv ist.
Überhaupt wurde die Optik kräftig überarbeitet. Vom bisherigen metallischen Design hat sich Apple verabschiedet - auch auf seinen Webseiten. Stattdessen sind nun auch bei "Leopard" die Menüzeilen halbdurchsichtig, wie bei Vista. Allerdings nicht nur das, der 3D-Look wird so konsequent fortgeführt, dass sich unterschiedliche Elemente auch ineinander spiegeln.
Um dem üblichen Icon-Chaos auf dem Bildschirm Herr zu werden, kann man die kleinen Symbole künftig stapeln. Das jeweils neueste liegt oben. Das hört sich toll an und ist die konsequente Fortführung der Schreibtisch-Metapher, doch wer seinen Schreibtisch mit solchen Stapeln überfüllt, kann schnell den Überblick verlieren. Es bleibt also abzuwarten, inwieweit Apple hier der Sammelwut der Anwender entgegensteuert.
Sehr schick sieht die Integration des sogenannten "Cover Flow" aus. Das kennt man aus iTunes, wo die CD-Cover in hübscher 3D-Animation durchwühlbar sind. Ebenso wird man sich bei "Leopard" durch sämtliche Dateiverzeichnisse arbeiten können.
Wo bleibt die Hardware
Insgesamt muss man Jobs eine gelungene Werbeveranstaltung attestieren. Erneut hat er schöne neue "Leopard"-Features gezeigt, ohne zuviel über dessen wirkliches Leistungsvermögen zu verraten. So erwähnte er beispielsweise nur kurz, dass "Leopard" als erstes Mainstream-Betriebssystem vollständig 64-Bit-fähig sei. Man mag ihm diese Bescheidenheit nachsehen, denn das herausragende Merkmal von 64-Bit-Systemen ist, dass sie riesige Datenmengen verarbeiten können, mit denen normale Anwender heutzutage nicht konfrontiert werden.
Vor allem aber schafft es der Apple-Chef durch Zurückhaltung auf der Hardware-Seite, die volle Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf das in zwei Wochen auf den US-Markt kommende iPhone zu lenken - genau das dürfte seine Absicht gewesen sein. Steve Jobs weiß, wie man gutes Marketing macht. Was auch immer Apple noch in der Pipeline hat, es wird sicher erst nach der Einführung des Apple-Handys bekanntgegeben.