Umweltsünder-Computer Intel präsentiert 1000-Watt-PC
Beim Spaß hört der Umweltschutz auf. In den vergangenen Jahren hat Intel meist durch stromsparende Maßnahmen von sich Reden gemacht. Damit ist jetzt Schluss, zumindest für Gamer. Denen dient sich der Chiphersteller künftig mit Skulltrail an, einer PC-Plattform, die mehr Leistung bieten soll als jeder andere Spiele-PC auf Erden - und dabei mehr Strom verbraucht als jedes Konkurrenzprodukt.
Und das können schon mal locker 1000 Watt und mehr werden. Zum Vergleich: Ein normaler Desktop-PC genehmigt sich etwa 80 Watt, unter hohem Leistungsdruck auch mal 200 Watt. Nur Spiele-PCs, die mit Hochleistungsgrafikkarten und vielen Festplatten ausgestattet sind, genehmigen sich einen tieferen Schluck aus der Pulle, ziehen 400, im Extremfall auch mal 600 Watt aus der Steckdose.
Dabei ist der aktuelle Trend eigentlich ein anderer. Angeregt durch die Umweltdiskussion unterbieten sich etliche Hersteller derzeit mit den Daten für den Stromverbrauch ihrer auf Sparsamkeit optimierten Öko-PCs. Fujitsu Siemens Computers etwa preist aktuell den Scaleo Green PC an, der 27 Prozent weniger Energie verbrauchen soll als vergleichbare Geräte. Die niedersächsische Firma Christmann Informationstechnik will auf der Cebit gar einen nur 300 Euro teuren Stromspar-PC, den Teo-X einführen, der selbst unter Volllast nicht mehr als 40 Watt benötigt.
Ein PC für die Suche nach Außerirdischen
Aber mit solchen Kinkerlitzchen muss man Hardcore-Gamern gar nicht erst belästigen. Sie bekommen für die 300 Euro, die ein solcher Mini-Rechner kostet, nicht einmal eine für ihre Ansprüche adäquate Grafikkarte, für einen kompletten PC geben sie gerne ein paar tausend Euro aus. Genau dieser Klientel dient sich Intel auch mit Skulltrail an.
Aber nicht nur Gamer, auch Numbercruncher, die Zahlenfresser, hat das Unternehmen im Visier. Das berichtet Skulltrail-Entwickler Francois Piednoel in einem Interview mit der Technik-Seite TG Daily. Man ziele auch auf die Web-Gemeinschaften ab, die es sich zum Ziel gemacht haben, gemeinsam riesige Datenmengen zu verarbeiten. So wie das Seti-Projekt, in dem Messdaten von Radioteleskopen von drei Millionen über den Globus verteilten Rechnern auf mögliche Hinweise auf außerirdische Intelligenzen abgesucht werden. Oder das Folding-at-home-Projekt, dessen Ziel es ist, im Dienste der Wissenschaft die räumliche Struktur von Proteinen zu entschlüsseln.
"Wir werden die Macs bald einholen"
In solchen Gemeinschaften werden Statistiken darüber geführt, wer wie viele Datenblöcke verarbeitet hat - und da möchte man natürlich möglichst weit vorne stehen. Das ist ein bisschen wie PS-Protzen: "Schau mal, wie schnell meine Maschine ist". Genau für solche Leute ist Skulltrail das höchste Glück, glaubt Piednoel. "Im Moment stehen wir bei Seti im Wettbewerb mit den Mac-Leuten. Das Wettrennen zwischen Macs und PCs ist ziemlich lustig und ich bin sicher, dass wir die Macs bald einholen werden", sagt der Intel-Mitarbeiter. Eigentlich aber ist das ein interner Wettkampf, denn in Apples Mac-Pro-Computern laufen Intel-Prozessoren von ganz ähnlicher Bauweise wie in Skulltrail.
Um dieses Ziel zu erreichen steckt in Skulltrail geballte Hochtechnologie, ohne Rücksicht auf Kosten oder Wärmeverluste. Das Kernstück ist eine neue Hauptplatine die Platz für ein Hardware-Orchester der besonderen Art bereitstellt. Zwei Quadcore-Prozessoren sollen darauf Platz finden, von bis zu vier Grafikkarten begleitet werden.
Server inside
Die Prozessoren sind modifizierte Server-Chips, die unter dem Namen Intel Core 2 Extreme Prozessor QX9775 angeboten werden. Ausgestattet mit 3,2 Gigahertz Taktfrequenz, 12 Megabyte Zwischenspeicher und vier Rechenkernen pro Stück laufen sie allem davon, was es derzeit an CPUs für Desktop-PCs gibt. Das gilt auch für den Preis, den Intel seinen Händlern mit 1499 Dollar anzusetzen empfiehlt. Dafür lässt der Hersteller bei diesem speziellen Modell auch alle Schranken fallen, gibt den Anwendern die Möglichkeit, die Taktfrequenz selbst zu verändern - nach oben natürlich und auf eigene Gefahr.
Damit einer derart angetriebene Maschine die Spiele-Grafik auch adäquat auf angeschlossene Bildschirme bringen kann, sind vier Steckplätze für Grafikkarten vorgesehen. Nutzen kann man davon bislang freilich nur zwei, die Grafikspezialisten von AMD und nVidia erlauben einfach nicht mehr. Allerdings reicht für aktuelle Spiele auch ein solches Grafikkartendoppel meist dicke aus. Wer sich für Highend-Modelle wie die Geforce 8800 Ultra entscheidet muss schon dafür gut 1000 Euro und 400 Watt einplanen.
Der Lohn ist nicht nur ein extrem schneller Spiele-PC, sondern auch eine enorm laute Geräuschkulisse. Sie wird von etlichen Lüftern erzeugt, die redlich bemüht sind die offenbar in großer Menge anfallende Abwärme aus dem Gehäuse zu befördern. Ein Youtube-Video, das einige Intel-Entwickler mit einem derartigen PC zeigt, gibt einen lebhaften Eindruck davon, wie deutlich sich ein solches Gerät bemerkbar macht.
Kaum eine Software wird der Leistung Herr
Noch allerdings mangelt es an Spielen, welche die Macht der acht Kerne tatsächlich ausnutzen können. Microsofts Flightsimulator X gehört dazu, wird für Vorführungen gerne herangezogen. Aber auch der kommende Egoshooter Farcry 2 soll die vielen Kern-Kraftwerke ausnutzen können. Mittelfristig, verspricht Piednoel, werde es aber viele weitere Spiele geben, die Skulltrail an seine Leistungsgrenzen bringen können.
Noch gelingt das bestenfalls Anwendungen wie der 3D-Grafiksoftware Cinema 4D. Logisch, dass Intel deren Benchmark-Software Cinebench benutzt, um die Leistung der neuen Plattform zu visualisieren. Manch andere Software scheitert hingegen an dem Versuch, das Übermaß an Leistung, dass Intel da zusammengestellt hat, auszunutzen. So hat die Computerzeitschrift "c't" festgestellt, dass beispielsweise ein Video-Enkodierungsprogramm maximal 75 Prozent der Prozessorleistung in Anspruch nimmt. Trotzdem dürfte sich die Anschaffung eines solchen Systems für Profis nutzen, für die Zeit auch Geld ist.
Fast 10.000 Dollar für einen PC
Doch billig wird der Highend-Spaß nicht. Ein Komplettsystem wird vom US-PC-Hersteller Falcon Northwest in einer Standardkonfiguration für satte 9974,67 Dollar (6740 Euro) angeboten. Deutlich billiger kommt man weg, wenn man selber Hand anlegt und sich einen Kilowatt-Rechner in Eigenarbeit zusammenstellt. In unserem Beispiel (siehe Tabelle) müsste man aber selbst dann noch rund 4500 Euro anlegen.
Das kostet ein Skulltrail-PC
Mainboard | 440 Euro |
Zwei Prozessoren | je 1000 Euro |
Zwei Grafikkarten | je 500 Euro |
Vier GB Arbeitsspeicher | 400 Euro |
Zwei Festplatten | 140 Euro |
1300-Watt-Netzteil | 300 Euro |
DVD-Brenner | 40 Euro |
Gehäuse | 100 Euro |
Kleinkram | 80 Euro |
Gesamtkosten | 4500 Euro |
Löst man sich aber von Intels Maximalvorgaben, geht es auch billiger. Rob Williams von der Technik-Webseite Techgage hat ausgerechnet, wie viel man für ein Lowcost-Skulltrail-PC anlegen müsste. Sein Vorschlag kostet "nur" rund 2500 Dollar (1700 Euro) und dürfte auch recht flott sein.
Hinzu kommen aber in jedem Fall die Stromkosten - und die sind bei einem solchen PC nicht unerheblich. Mit etwa 151 Euro pro Jahr rechnet das Öko-Institut für einen 500 Watt Gaming-PC der vier Stunden pro Tag genutzt wird. Bei einem Skulltrail-Rechner kann dieser Wert freilich bis zu doppelt so hoch, also etwa bei 300 Euro, liegen. Genau so viel, wie der Spar-PC Teo-X komplett kostet.