Daten-Marine Google plant Öko-Rechenzentren im Meer

Energie erzeugen, die Umwelt schonen - und auch noch das Web schneller machen? Das könnten Googles Rechenzentren in Zukunft leisten. Der Suchmaschinengigant hat einen Patentantrag für Serverfarmen auf See eingereicht, Experimente mit Wellengeneratoren laufen bereits.

Die Zukunft des Internets könnte auf hoher See liegen. Zumindest, wenn Google Pläne wahrmacht, die aus einem US-Patentantrag hervorgehen. In diesem Antrag mit der Patentnummer 20080209234  skizziert das Suchmaschinenunternehmen ein Szenario, in dem ganze Rechenzentren auf Pontons durchs Meer schippern, um stets dort eingesetzt zu werden, wo gerade Rechenleistung benötigt wird.

Zu Tausenden könnten Netzwerkserver auf den schwimmenden Plattformen untergebracht werden. Um das Be- und Entladen der maritimen Rechenzentren zu vereinfachen, würden die Computer zu Hunderten fertigvormontiert in sogenannten Racks in Container verpackt und per Kran auf Schiffe oder Pontons gehoben werden.

Als enormen Vorteil der marinen Unterbringung eines Rechenzentrums preist der Patentantrag die Verfügbarkeit unbegrenzter Kühlwasservorräte, mit denen die Rechnerfarmen vor dem Hitzetod bewahrt werden sollen. Über Wärmetauscher soll die Hitze des internen Kühlkreislaufs an das Meerwasser abgegeben werden.

Für Notfälle sind Dieselgeneratoren an Bord

Den zum Betrieb nötigen Strom sollen die schwimmenden Rechenzentrum selbst erzeugen. Dazu, so ist es dem Patentantrag zu entnehmen, wolle man die Energie der Wellen mit sogenannten Pelamis-Maschinen in Strom umwandeln. Hergestellt werden solche Maschinen von dem britischen Unternehmen Pelamis Wave Power  (PWP), das bereits mehrere Testinstallationen betreibt. Die aktuellen Stromerzeuger des Unternehmens bestehen aus 140 Meter langen zylindrischen Schwimmkörpern, die in mehrere Segmente unterteilt sind.

Wie den Zeichnungen des Patentantrags zu entnehmen ist, sollen derartige Schwimmkörper seitlich und im Heckbereich der schwimmenden Rechenzentren angebracht werden und für reichlichen und billigen Strom sorgen. Laut PWP verfügt eine einzelne Pelamis-Maschine über eine Maximalleistung von 750 Kilowattstunden, wovon sie im Jahresmittel etwa 25 bis 30 Prozent produziert. Google will mehrere solcher Maschinen zu einem Kraftwerksverbund zusammenschalten. Zusätzlich allerdings sieht das Google-Konzept Dieselgeneratoren vor, mit deren Hilfe eventuelle Wellenflauten ausgeglichen werden sollen. Vorstellbar sei auch eine Kombination aus einem stationären Rechenzentrum an Land und einem schwimmenden Wellenkraftwerk samt Kühlanlage auf See.

Einsatz in Krisen- und Katastrophengebieten

Für die schwimmenden Rechenzentren sieht Google eine Vielzahl potentieller Anwendungen. An erster Stelle wird eine Dezentralisierung der Rechenleistung der Internet-Infrastruktur genannt. Mit Hilfe mariner Rechenzentren, so der Patentantrag, könnte die Rechenleistung näher an die jeweiligen Nutzer gebracht, könnten Übertragungswege verkürzt und die Netzwerkaktivität somit besser über große Gebiete verteilt werden. Außer der Unterbringung auf See sei auch eine Verteilung seegestützter Serverfarmen auf Flüssen und Seen im Binnenland denkbar.

Vor allem aber könnten derartige Rechnerplattformen genutzt werden, um entlegene Regionen kurzfristig mit Internet-Verbindungen und Kommunikationsdienstleistungen zu versorgen. Denkbar sei so etwas dem Antrag zufolge als Übergangslösung bei Militäreinsätzen oder nach Naturkatastrophen, bis die örtliche Infrastruktur wiederhergestellt ist.

Und ganz nebenbei birgt die maritime Unterbringung eines Internet-Rechenzentrums natürlich auch politische Vorteile. Denn ein Rechenzentrum außerhalb von Hoheitsgewässern wäre von totalitären Staaten nicht kontrollierbar.

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