Diebstähle in Bundesbehörden Rund 500 Computer verschwunden
Geht der Staat sorgsam mit den Daten seiner Bürger um? Das Bundesverfassungsgericht hat da so seine Zweifel, wie die Eilentscheidung zur Vorratsdatenspeicherung am Mittwoch gezeigt hat. Die Richter erlauben zwar das Sammeln der Verbindungsdaten von Handys, E-Mails und Telefonaten, nicht aber den von der Regierung beabsichtigten verdachtsunabhängigen Vollzugriff darauf. Eine eindeutige Absage an einen Schnüffelstaat.
Neue Zweifel am sorgsamen Umgang der Verwaltung mit gespeicherten Informationen weckt eine kurze Mitteilung des Bundesinnenministeriums an Carl-Ludwig Thiele, der als Abgeordneter der FDP im Bundestag sitzt. Seit 2005 seien in Bundesbehörden rund 500 Notebooks und Computer "gestohlen worden, verloren gegangen oder unauffindbar", heißt es in dem Schreiben, dass SPIEGEL ONLINE vorliegt. Die "meisten Bundesbehörden" seien betroffen, erklärt das Innenministerium in der Antwort auf eine Anfrage Thieles an die Bundesregierung.
"Die Anzahl der PC-Verluste zeigt, dass in Bundesbehörden unverantwortlich mit Datenträgern umgegangen wird", sagte der FDP-Politiker. Die Regierung müsse sicherstellen, dass keine vertraulichen Daten in die Öffentlichkeit gelangten. Es sei weitere Aufklärung darüber nötig, welche Daten sich auf den abhandengekommenen PCs befanden. Danach hatte Thiele in seiner Anfrage an die Bundesregierung übrigens nicht gefragt, er wollte nur wissen, wie viele Rechner verschwundenen, und welche Behörden betroffen sind.
Anlass der Anfrage sei der kürzlich in England vorgekommene Verlust der Daten Versicherter gewesen, sagte David Issmer, persönlicher Referent des Abgeordneten. "Wir haben uns gefragt: Wie ist es um die Sicherheit der Daten in Deutschland bestellt?" Es sei schon frappierend, wie hoch die Zahl der abhanden gekommenen Rechner sei, sagte Issmer im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. "Das hatten wir nicht erwartet."
Dass es in Bundesbehörden Probleme mit der Datensicherheit gibt, ist schon länger bekannt. Im August 2007 hatte der SPIEGEL enthüllt, dass PCs im Kanzleramt, dem Wirtschaftsministerium und dem Auswärtigen Amt mit Trojanern infiziert waren. Trojanerprogramme ermöglichen das unbemerkte Ausspähen von Computern - also auch das Kopieren von Daten. Die Schadsoftware kam vermutlich aus Fernost. Sicherheitsexperten glauben, dass China hinter den Ausspähungen steckt.
Selbst Minister der Bundesregierung sind vor Diebstählen nicht sicher: Im Januar entwendeten Einbrecher zwei Laptops aus der Wohnung von Justizministerin Brigitte Zypries. Ein Ermittler sprach von einer "chirurgischen Tat". Auf den Rechnern sollen sich angeblich keine brisanten Daten befunden haben.
hda/AFP