Erfolgskonzepte Google, Microsofts Wecker
Ray Ozzie, Chief Software Architect und damit designierter Nachfolger von Bill Gates bei Microsoft, ist ein schweigsamer Mann. Obwohl fast ein Jahr im Amt, war bisher kaum ein Wort von ihm zu vernehmen. Seinen letzten öffentlichen Auftritt hatte er im Juli 2006 auf einer Analysten-Konferenz, der letzte Eintrag in seinem Blog stammt vom vergangenen Dezember. Darin entschuldigte er sich für die lang anhaltende Untätigkeit in seinem Weblog und kündigte Besserung an.
Das eben dieser Ray Ozzie sich nun im Rahmen des Goldman Sachs Technology Investment Forum zu Wort meldet, ist schon eine kleine Sensation. Und wenngleich Ozzie mit konkreten Aussagen ausgesprochen sparsam umging, lassen seine Äußerungen doch einiges über die künftige Ausrichtung des größten Software-Konzerns der Welt erahnen.
Die Vision von einer gemeinsamen Plattform
"Eine der Sachen an denen ich gearbeitet habe ist, eine Service-orientierte Vision in der Firma zu etablieren," sagte Ozzie. Das Haupt-Augenmerk lege er dabei darauf, die bisher getrennt voneinander operierenden Abteilungen der Firma zur Arbeit an einer gemeinsamen Service-Plattform zu bewegen. Wenn er nur diese eine Aufgabe erfolgreich erledige, könne er schon zufrieden sein, sagte der Manager. Dass sei dringend nötig, da die verschiedenen Abteilungen bisher zu sehr nebeneinander her gearbeitet und unterschiedliche Technologien entwickelt hätten.
Genau Angaben darüber, was man sich unter dieser vereinten Plattform vorzustellen habe, blieb Ozzie allerdings schuldig.
Ein Weckruf für Microsoft
Konkreter ging er dagegen auf die Frage ein, wie Microsoft auf aktuelle Entwicklungen bei webbasierter Software und Suchmaschinen reagieren wolle. Googles kommerzieller Erfolg sei ein "Weckruf für Microsoft" gewesen, sagte der oberste Microsoft-Techniker.
Imitieren wolle man den Suchmaschinen-Giganten aber nicht. So verneinte Ozzie Gerüchte, Microsoft arbeite an einer Web-basierten Version seiner Büro-Software.
Dem aktuellen Trend, alles und jedes innerhalb eines Browserfensters ablaufen zu lassen, erteilte er eine klare Absage. "Das ist eine tolle Möglichkeit, um ein möglichst großes Publikum anzusprechen," sagte Ozzie. Allerdings wolle Microsoft nicht auf diesen Zug aufspringen. Als einen der Nachteile webbasierter Anwendungen gab er an, dass diese offline nicht funktionieren können.
Google: Die Kommandozeile des Internet
Stattdessen werde Microsoft weiterhin Software entwickeln, die man direkt auf dem PC installiert. Die soll jedoch von Internet-gestützten Diensten ergänzt werden, die auch auf mobilen Geräten funktionieren. "Das Ergebnis", so Ozzie, "ist ein ganz anderes". Künftig werde man Software in Kombination mit Dienstleistungen anbieten, ließ der Microsoft-Mann durchblicken. Als Beispiel, wie so etwas aussehen könne, nannte er die Verknüpfung der Spielkonsole Xbox mit dem Xbox Live-Internet-Service.
Direkt auf Googles Erfolg angesprochen zweifelte Ozzie an der Nachhaltigkeit dieses Erfolges und bezeichnete die Suchmaschine als "Kommandozeile des Internet." Wenn das Spott gewesen sein sollte, wäre er reichlich deplatziert: Schließlich hat die Windows-Company hier ganz eindeutig einen Trend verschlafen und produziert mit seiner Internet-Sparte nichts als Verluste, während Google im vergangenen Jahr einen Umsatz von 10,6 Milliarden US-Dollar vorweisen konnte.
mak