Foto-Workshop So hübschen Sie Ihre Bilder auf
Nur selten gelingen auf Anhieb perfekte Fotos mit der Digitalkamera: Manche sind zu dunkel und kontrastarm, andere leicht unscharf und die roten Augen machen Tante Hilde auch nicht hübscher. Für punktgenaue Feinkorrekturen liegt das richtige Werkzeug jedoch schon nach der Ubuntu-Installation auf der Festplatte bereit: Die freie Bildbearbeitung Gimp, die es übrigens auch für Windows und Mac OS X gibt, bringt alle Werkzeuge mit, um Fotos albumreif aufzubereiten.
Einziges Hindernis: Wer bislang eine andere Bildbearbeitungs-Software verwendet hat, muss sich erst einmal einarbeiten. Automatische Korrekturfunktionen gibt es nur wenige, und für wirklich gute Ergebnisse muss man die meisten Werte von Hand einstellen.
Orientierung auf dem Desktop
Auch die Bedienoberfläche des Programms unterscheidet sich von anderen Anwendungen: Gimp öffnet beim ersten Programmstart drei separate Fenster, die frei verschiebbar auf dem Desktop liegen. Das erste Fenster, der Werkzeugkasten, bietet alle Hilfsmittel wie Pinsel, Radierer und Einstellungen etwa zur Vorder- und Hintergrundfarbe an.
In der Mitte des Desktops öffnet sich das Bildfenster, rechts daneben ein sogenanntes Dock. In ihm haben mehrere Tabs Platz. Standardmäßig enthält es sieben Reiter: Im oberen Bereich finden Sie die Tabs Ebenen, Kanäle, Pfade und das Protokoll der Rückgängig-Funktion, die unteren drei Reiter enthalten Dialoge zu Pinselformen, Mustern und Farbverläufen. Jeder der Reiter lässt sich per Drag & Drop auf den Desktop in ein eigenes Fenster auslagern. Gimp bietet damit einen vollständigen Werkzeugkasten, der vielfältige Bildmanipulationen erlaubt.

Drei Fenster auf dem Desktop: Beim Start öffnet Gimp den Werkzeugkasten (links), das Bildfenster (Mitte) und das Dock (rechts)
Foto: c'tSelbst die teuerste Kamera erzeugt nicht automatisch perfekte Bilder: Eine falsche Blende, widrige Wetterbedingungen oder ungünstige Lichtverhältnisse können die Bildqualität negativ beeinflussen. Mit ein wenig Feinschliff in Gimp lassen sich aber auch solche Aufnahmen aufpeppen.
So frischen Sie mittels Neuverteilung der Tonwerte, Erhöhung des Kontrasts und ein wenig Nachschärfen matte Aufnahmen auf und erhalten detailreiche, farbintensive Bilder - und das in nur drei sehr einfachen Schritten.
Bilder verbessern
Jedes digitale Bild besteht aus einer Vielzahl an Pixeln. Ein Pixel ist sichtbar, weil es einen bestimmten Helligkeitswert in jedem Farbkanal hat. Die Helligkeitswerte bewegen sich zwischen 0 und 255. Die Verteilung dieser Helligkeitswerte bildet das Histogramm ab, das Sie unter "Farben/Werte" finden. Es spiegelt die hellen, mittleren und dunklen Bereiche einer Aufnahme wider. Dabei ist es kein statisches Abbild, sondern Sie können hier essenzielle Korrekturen vornehmen: zum Beispiel organisieren sich durch Bewegen der Pfeile unterhalb des Histogramms die Helligkeitswerte über das gesamte Bild neu.

Nachbessern bei den Farben: Die äußeren Pfeile unter dem Histogramm sollten sich dort befinden, wo die ersten Höhen sind
Foto: c'tSchritt eins in dem Drei-Punkte-Programm für frischere Bilder besteht darin, die Tonwerte neu auszurichten: Öffnen Sie Ihre Aufnahme in Gimp und duplizieren Sie im Ebenen-Reiter die Hintergrundebene. So wirken die folgenden Änderungen nur auf die oben im Ebenenstapel liegende Kopie des Hintergrunds und Sie haben immer einen Vergleich zum Original.
Rufen Sie nun die Tonwerteinstellungen auf und betrachten Sie das Histogramm. Hat es links und/oder rechts keine Erhebungen oder stark abgeflachte Werte, tun Sie Folgendes: Ziehen Sie den jeweils äußeren kleinen Pfeil, der sich unterhalb des Histogramms befindet, vorsichtig so weit hinein, bis die ersten Werte ansteigen. Betrachten Sie stets das Ergebnis im Hintergrund. Sie sehen, dass sich die Farben intensivieren. Ist das Bild nun insgesamt etwas zu dunkel, verschieben Sie den mittleren Pfeil für die Gammawerte etwas nach links; dadurch hellen Sie die Mittelwerte auf.
Öffnen Sie erneut den Dialog "Werte", erkennen Sie, dass das Histogramm Streifen hat - es ist zerrissen. Da Gimp mit acht Bit pro Kanal arbeitet, mussten sich die verbleibenden Tonwerte auf die gesamte ursprüngliche Strecke neu verteilen und die Bereiche dazwischen können nicht automatisch aufgefüllt werden. In der Praxis heißt das, dass Sie die beschriebene Art der Wertekorrektur bei ein und demselben Foto nicht zu oft durchführen sollten. Wenn Sie mit dem Ergebnis nicht zufrieden sind, machen Sie also besser die vorherige Korrektur mit Strg-Z rückgängig, um anschließend bei zurückgesetzten Tonwerten von vorne zu beginnen.
Kontraste mit Kurven
Als Nächstes gilt es, die Kontraste zu erhöhen. Automatisch geht das über "Farben/Helligkeit/Kontrast". Bessere Ergebnisse erzielen Sie jedoch, wenn Sie sich manuell an den optimalen Kontrast herantasten. Stärkere Kontraste erhalten Sie, indem Sie den Unterschied zwischen dem Weiß- und den Schwarzpunkt erhöhen.

Nächster Korrekturschritt: Eine S-Kurve im Farbkurven-Dialog erhöht den Kontrast
Um das zu erreichen, verwenden Sie das Kurvenwerkzeug, das sich im Menü "Farben" unter dem Eintrag "Kurven" befindet. Neben den "Werten" gehört dieses Werkzeug zu den wichtigsten in der Bildbearbeitung. Im Hintergrund des Kurven-Dialogs sehen Sie zur besseren Orientierung das Histogramm abgebildet. Indem Sie mit der Maus auf die diagonal verlaufende Linie klicken, setzen Sie Ankerpunkte, mit deren Hilfe Sie die Linie biegen und damit die Tonwerte zueinander verändern können.
Im rechten oberen Bereich bearbeiten Sie die hellen, in der Mitte die grauen Teile des Bildes und links unten die Schatten. Ziehen Sie die Linie hinauf, erhöhen Sie die Helligkeit, hinunter verstärken Sie die Schatten. Verformen Sie die Linie zu einer leichten S-Kurve, erhöhen Sie den Kontrast. Dabei ist es wichtig, die automatische Vorschau im Bildfenster im Blick zu behalten, um kein übertriebenes Ergebnis zu erhalten.
Das Kurven-Werkzeug ist hocheffizient und komplex gleichermaßen. Gehen Sie damit sehr vorsichtig um! Schon kleinste Bewegungen wirken sich recht deutlich aus. Ist das Bild nach der Erhöhung des Kontrasts zu dunkel, setzen Sie in der Mitte der Kurve einen Anker und ziehen sie ein wenig nach oben - damit hellen Sie die Mitten auf.

Nach dem Aufhübschen: Durch die Tonwertkorrektur wirken die Farben im Bild frischer und lebendiger
Foto: c't
Vor dem Aufhübschen: Das Originalbild wirkt gegenüber der korrigierten Variante blass
Foto: c'tScharfmacher
Nun kommt der letzte Schritt, das Nachschärfen. Bitte führen Sie das Schärfen grundsätzlich immer erst am Schluss durch. Stellen Sie sicher, dass Sie das Bild im Bildfenster bei einer 1:1-Ansicht sehen. Werfen Sie dazu einen Blick auf die Statusleiste und stellen Sie dort gegebenenfalls über das Drop-down-Menü den Zoom-Faktor 100 Prozent ein.

Schärfen: Das Bild sollte in einer 1:1-Ansicht zu sehen sein, in der Statusleiste steht dann der Zoom-Faktor 100 Prozent.
Foto: c'tDas Schärfen ist immer ein diffiziles Unterfangen: Schärft man zu schwach, bleibt das Ergebnis unscharf. Schärft man zu stark, besteht die Gefahr, dass sich unschöne Halos - also helle Lichtkränzchen an den Kanten - bilden. Es gibt zwei Tricks, mit denen Sie Ihre Aufnahmen genau richtig schärfen.
Duplizieren Sie zunächst die oberste Ebene, um ein Original der ungeschärften Version zu behalten. Öffnen Sie anschließend über das Menü "Filter/Verbessern" den Dialog zum "Unscharf Maskieren". Dieser Filter schärft entlang von Kanten. Was als Kante gilt, legen Sie mit dem Regler "Schwellwert" fest. Je kleiner der Schwellwert, desto eher werden benachbarte Pixel als Kante gewertet und geschärft und umso stärker wirkt der Filter. Der Radius bestimmt den Umfang der Kontrasterhöhung entlang der Kanten. Je höher der Wert, desto stärker der Filter. Mit "Menge" bestimmten Sie die Stärke des gesamten Filters.
Sein verwirrender Name hat übrigens, wie auch viele andere Funktionen der digitalen Bildbearbeitung, seinen Ursprung in der analogen Fotografie: Damals hat man ein unscharfes Negativ über das Original gelegt und anhand der Unterschiede in der Helligkeit die Kanten festgelegt. Entlang der Kanten wurden die Schatten und Lichter verstärkt und dadurch der Kontrast erhöht. Stellen Sie im "Unscharf Maskieren"-Dialog eine etwas zu starke Schärfung ein, etwa mit einem Radius von 14, einer Menge von 0,84 und dem Schwellwert 0 und kontrollieren Sie das Ergebnis im Vorschaubereich. Hier dürfen ruhig dort und da Halos auftreten.

Die richtige Schärfe: In der Vorschau des Fensters "Unscharf Maskieren" lässt sich die Wirkung der eingestellten Werte prüfen
Foto: c'tNun stellen Sie im Reiter "Ebenen" den Modus der oberen, geschärften Ebene auf "Wert" und reduzieren ihre Deckkraft über den Schieberegler. Damit justieren Sie die Schärfe ganz exakt und bringen so die Halos zum Verschwinden. Im letzten Schritt vereinen Sie das Original und die geschärfte Ebene über das Kontextmenü der obersten Ebene. Wählen Sie dort "Nach unten vereinen".
Noch ein scharfer Trick
Diese Technik zum Schärfen lässt sich durch einen weiteren Trick noch verfeinern. Dabei schärft man nur in einem Kanal des Bildes, dem Helligkeitskanal. Sie packen damit das Übel sozusagen an der Wurzel, weil Sie genau dort schärfen, wo die Helligkeitsunterschiede am deutlichsten vorhanden sind.

Es geht noch feiner: Während man im Helligkeitskanal schärft, sollte man Farbton und Sättigung über das Augen-Icon ausblenden
Foto: c'tÜblicherweise liegt ein Bild in RGB-Farben vor - die Farben setzen sich also aus den Kanälen Rot, Grün und Blau zusammen. Die Kanäle sehen Sie in Gimp, indem Sie im rechten Dock - dort wo sich der Ebenen-Dialog befindet - auf die zweite Lasche klicken, um den Kanäle-Dialog in den Vordergrund zu rücken. Gimp bietet die Umwandlung in zahlreiche weitere Farbräume, darunter auch HSV an. Dabei steht H für Hue (Farbton), S für Saturation (Sättigung) und V für Value (Helligkeitswert).
Bevor Sie beginnen, duplizieren Sie zunächst die Hintergrundebene, dadurch haben Sie später einen Vergleich mit dem Original. Die Profifotografen schärfen nur im Helligkeitskanal. Um das Bild in seine farbigen Bestandteile zu teilen, wählen Sie im Menü "Farben/Komponenten/Zerlegen" und aktivieren im folgenden Dialog die Auswahl "HSV".
Gimp teilt das Bild dann in die drei Kanäle und legt automatisch eine neue Datei mit einer Graustufen-Darstellung des neuen Farbraums an. Im Ebenen-Fenster sehen Sie die einzelnen Kanäle des HSV-Models. Blenden Sie nun durch Klick auf das Auge im Ebenen-Dialog alle bis auf die Ebene "Wert" aus und stellen Sie sicher, dass sie markiert ist. Zum Schärfen dieser Ebene rufen Sie - wie oben beschrieben - den Filter "Unscharf Maskieren" auf. Wenn Sie nur im Helligkeitskanal arbeiten, können Sie es ruhig ein wenig mit dem Schärfen übertreiben; es dürfen sogar leichte Farbkränze hervortreten. Bestätigen Sie den Filter mit einem Klick auf Ok. Zum Überführen der Ebenen in die ursprüngliche Datei wählen Sie "Farben/Komponenten/Wieder zusammenfügen".


Vorher - nachher: Durch die Schärfung (unten) tritt die Musterung des Stockentenweibchens viel stärker hervor
Foto: c'tIst die Schärfung zu stark, kehren Sie zurück in die noch geöffnete HSV-Datei, machen hier den letzten Schritt mit Strg-Z rückgängig und öffnen erneut den Filter "Unscharf Maskieren". Experimentieren Sie mit dem Filter weiter und fügen Sie dann das Bild wieder zusammen. Bitte betrachten Sie das Schärfen-Ergebnis stets bei einem Zoom-Faktor von 100 bis maximal 150 Prozent, denn andere Stufen zeigen das Resultat falsch an, vor allem krumme Zoom-Stufen, wie zum Beispiel 75,95 Prozent.
Lust auf Gimp? Wie mit der Software aus Farbbildern künstlerische Schwarzweiß-Aufnahmen werden, wie Fotografien Prägeeffekte bekommen und wie Schwarzweiß-Bilder Farbe bekommen, erklärt die nächste Folge des Foto-Workshops. Lesen Sie hier weiter.