Gebrauchtcomputer-Netzwerk Rechner werden wiedergeboren
Seit 1992 ist der internationale Handel mit Elektronikschrott illegal. 159 Staaten haben die sogenannte Basel Konvention ratifizert. Die legt fest, dass im eigenen Land produzierter Elektromüll auch da entsorgt werden muss, Export verboten, außer unter strengen Auflagen. Einige Länder, die mit Computermüll besondere Sorgen haben, sind der Konvention allerdings nicht beigetreten, etwa die USA.
Auch in den Staaten, die sich mit der Regelung einverstanden erklärt haben, wird fleißig gemogelt, mit internationaler Unterstützung. Ein Team des BBC World Service machte kürzlich den Test: Mit der Behauptung man sei ein kleiner Elektronikladen in Irland und habe "teilweise defekte" Geräte loszuwerden, wandten sich die Journalisten an verschiedene Unternehmen. Vier reagierten, zwei ließen sich auf weitergehende Verhandlungen ein. Beides waren US-Unternehmen, die den Schrott nach Hongkong weiterverschoben hätten. Der Zoll sei kein Problem, beschied man den Briten auf Nachfrage, im Zweifelsfall könne man mit gewissen Anreizen für die betroffenen Beamten in Asien nachhelfen.
Der illegal verschickte Schrott landet meist in Indien oder China. Dort werden Monitore und Platinen zerlegt, zerpflückt, eingeschmolzen. Das kann für die Gesundheit derer, die davon Leben, fatale Folgen haben, denn Elektroschrott ist hochgiftig. Selen, Kadmium, Kobalt, Arsen, Quecksilber - die Liste der gemeinen Giftstoffe in alten PCs ist lang, und viele der Substanzen werden nicht wieder ausgeschieden sondern reichern sich im Körper an.
Selen, Kadmium, Kobalt und Quecksilber
Für Unternehmen und Behörden in Deutschland stellt sich das Problem anders dar: Die korrekte Entsorgung alter Computer kostet Geld. So muss man zweimal zahlen - einmal fürs An- und dann noch einmal fürs Wegschaffen der Geräte. In Deutschland allein fallen jedes Jahr 250.000 Tonnen E-Schrott an.
Auch an der Technischen Universität Berlin ärgerte man sich darüber - und rief ein Projekt ins Leben, um anders mit den alten Rechnern umzugehen. Mit Wiederaufbereitern, Beratern und Händlern hat man ein Netzwerk gegründet, das sich auf das Aufspüren und Wiederverwerten noch brauchbarer Elektronikausrüstung spezialisiert hat. Ganz hinten in Halle 11 auf der Cebit haben die Spezialisten für Wiedergeburt sich versteckt, im Public Sector Parc, zwischen Bildungsministerium und Bundesland Hessen. Nicht ganz zu Unrecht vielleicht: Gut organisierte Computer-Reinkarnation könnte den einen oder anderen der "Großen" auf der Computermesse einiges an Kundschaft kosten.
Gebrauchte Computer kann man natürlich auch jetzt schon kaufen, eine Suchanfrage auf Ebay ergibt spontan ein Angebot von über 2500 Rechnern. Solche Maschinen sind aber mit Vorsicht zu genießen - Garantien werden auf Gebrauchtgeräte nicht erteilt, mit der Unterstützung bei Problemen ist es naturgemäß nicht weit her.
Das Netzwerk "ReUse Computer" geht deshalb professionell ans Recycling heran: Mit Vorliebe in größeren Kontingenten werden die Altrechner aufgekauft, etwa wenn ein Unternehmen seine Hardware austauscht. Dann werden die Computer gründlich gereinigt, technisch überprüft, die Festplatten werden nach internationalen Standards gelöscht und auf Wunsch neue Software aufgespielt - gern auch Linux. "Wir geben nichts aus der Hand, was dem Anwender Schwierigkeiten macht", so IT-Berater Armin Hepe am Cebit-Stand der TU Berlin. Jeder Käufer bekommt deshalb eine einjährige Gewährleistung zugesichert, kann das Gerät bei Problemen in den Laden zurückbringen und kostenlos reparieren oder austauschen lassen.
Volks-PC für sozial Schwache
Weil die Frequenz, mit der gerade Unternehmen ihre Hardware austauschen, relativ hoch ist, kann "ReUse Computer" durchaus hochwertige Hardware anbieten, etwa ein großes Kontingent zwei Jahre alter Dell-Rechner. "Sie bekommen bei uns einen Rechner mit Pentium 3 Prozessor und 700 Megahertz Taktfrequenz für unter 250 Euro", so Hepe. Und nicht nur Desktop PCs hat man im Angebot, vom Laptop bis zum kompletten Firmennetzwerk inklusive Server kann das Netzwerk alles zur Verfügung stellen. Für einen kleinen Betrieb, der ein neues System für wenig Geld will, durchaus eine attraktive Alternative.
Ganz nebenbei erschließt der gebrauchte Rechner für wenig Geld ganz neue Märkte: "Studenten sind unsere idealen Notebookkunden", meint Hepe beispielsweise. Auch Behörden könnten in Zeiten knapper Kassen Kunden werden - schließlich braucht man für Textverarbeitung und Tabellenkalkulation keinen Zwei-Gigahertz-Rechner mit 3D-Grafikkarte. Außerdem eine Perspektive: Der Volks-PC für sozial Schwache. "Wir können für 50 Euro einen Rechner in jedes Obdachlosenheim stellen", erklärt Hepe.
Noch befindet sich das Projekt aber in der Anfangsphase, viel mehr als 500 gebrauchte PCs hat man im vergangenen Jahr nicht abgesetzt. Nur einige Händler in Berlin und Umgebung beteiligen sich bisher am Netzwerk und machen das auch mit dem eingetragenen "ReUse Computer"-Logo kenntlich. "Das Ziel ist in jedem Fall, bundesweit zu agieren", so Armin Hepe. Dazu sollen mehr Händler gewonnen werden, und auch den Online-Verkauf will man ausbauen. Auf der Webseite des Netzwerks kann man auch heute schon günstige Rechner von verschiedenen Anbietern ordern.