Google versus Microsoft Wettlauf um die beste Kopie der Welt

Google Earth und Microsofts Pendant Virtual Earth sollen ein perfektes Abbild der realen Welt liefern. Was dazu noch fehlt, sind aufwendige 3D-Modelle aller großen Städte. Microsoft will diese komplett auf eigene Kosten erstellen - finanziert durch Werbung in der virtuellen Welt.

Die Parallelwelt "Second Life" ist in aller Munde, aber im Hintergrund werkeln Programmierer bei Microsoft bereits an einer möglichst perfekten Kopie unseres Planeten, die Surfer allein mit ihrem Browser erkunden sollen. Virtual Earth  heißt die Software, mit der der Softwaregigant Google Paroli bieten will. Der Suchmaschinenbetreiber hat mit Google Earth einen riesigen Erfolg gelandet, Surfer weltweit begeistern sich für virtuelle Überflüge und erstaunlich scharfe Satellitenfotos.

Doch mit immer höher aufgelösten Luftbildern - Microsoft bietet seit kurzem für eine Reihe deutsche Städte sogar Schrägaufnahmen aus der Vogelperspektive an - ist es nicht getan. Gebäude in Städten sollen als 3D-Modelle auftauchen, und nicht als plattes Foto, das auf dem virtuellen Globus klebt.

Google setzt dabei bislang vor allem auf die Community: Mit der Gratissoftware Sketchup  kann jeder Surfer sein eigenes Haus als 3D-Modell bauen und als Link für Google Earth auf seiner Webseite platzieren. Städte wie Hamburg und Berlin haben sogar auf eigene Kosten ihr Zentrum für die Google-Software nachgebaut - sehr kostengünstig für den Suchmaschinenbetreiber, der nur einige Landmarks wie den Eiffelturm in Paris oder die Golden Gate Bridge in San Francisco selbst eingebaut hat. In US-Metropolen wie New York bekommt man in Google Earth zwar 3D-Modelle großer Gebäude zu sehen, allerdings nur als weiße Blöcke - die Texturen der Fassaden fehlen.

Ein Hauptproblem bei Googles Vorgehen ist der Wildwuchs an Gebäuden: Weil jedermann 3D-Modelle erstellen kann, tauchen in Google Earth mitunter zwei Reichstage oder Fernsehtürme auf, wenn man mehrere 3D-Modelle parallel eingeschaltet oder sogenannte kmz-Links geöffnet hat.

Microsoft geht hier einen ganz anderen Weg und will die 3D-Modelle von Städten komplett in Eigenregie erstellen. Man habe durchaus erwogen, auch die Community am Programmieren von Gebäudemodellen zu beteiligen, sagte Michael Amrehn, Manager für Virtual Earth bei Microsoft Deutschland. Letztlich habe man sich aber dagegen entschieden. Amrehn: "Die Frage ist: Möchte ich die Qualitätskontrolle im Haus behalten oder freigeben?"

Um nicht jedes Gebäude einzeln per Hand nachbauen zu müssen, nutzt Microsoft eine Software, die aus mehreren, sich stark überlappenden Luftfotos ein 3D-Modell berechnet. Die Software nutzt den Umstand, dass sich die Perspektive verändert, wenn man den Blickpunkt verschiebt. Ganz ähnlich funktioniert die sogenannte Nahbereichsphotogrammetrie. Dabei wird mit zwei Kameras ein Stereofoto aufgenommen, aus denen am Computer ein 3D-Modell des abgelichteten Objekts entsteht.

Werbebanner, die in der Luft schweben

"Wir können mit dem Verfahren Gebäude ab vier Stockwerken erfassen", sagte Amrehn im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Aus den Luftfotos würden auch die Texturen für die Fassaden extrahiert. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass es sich um Schrägaufnahmen handelt. "Für eine Stadt wie San Francisco brauchen wir etwa einen Monat, um aus den Bilddaten ein 3D-Modell zu erstellen." Städte aus Deutschland seien bislang nicht in Arbeit. Aber auch hier sollten Surfer bald 3D-Modelle zu sehen bekommen wie bereits in Los Angeles, San Francisco oder Las Vegas.

Um den gigantischen Aufwand zu finanzieren, hofft Microsoft zum einen, dass Firmen sich die 3D-Anwendung kaufen, um zum Beispiel auf ihrer Webseite die Anfahrt zu ihrem Büro zu zeigen. Private Surfer sollen Virtual Earth zwar weiterhin kostenlos nutzen können. Zum anderen soll es in den Stadtmodellen vermehrt Werbebanner geben, die in der Luft schweben.

Rechte an virtueller Immobilie?

Derzeit bekommt man beispielsweise in Los Angeles eine Autowerbung zu Gesicht, wenn man sich den Hochhäusern von Downtown nähert. Am Rande der Metropole in dem Bergen prangt Eigenwerbung für Windows Mobile. Wenn man das Plakat anklickt, öffnet sich ein neues Browserfenster mit Informationen über die Handy-Software.

Juristische Probleme mit der neuen Werbeform erwartet man bei Microsoft nicht, auch wenn der Besitzer eines Gebäudes sich womöglich darüber beklagen könnte, wenn über seinem Haus ein Werbebanner schwebt, für das er keinen Cent bekommt. "Die Banner sind nicht mit dem Haus verbunden", betont Amrehn.

Findige Juristen könnten das anders sehen, etwa wenn über einem großen Hotel auf einem Plakat für eine Herberge der Konkurrenz geworben wird. Es stellt sich ohnehin die Frage, ob Besitzer einer realen Immobilie vielleicht unter Umständen Rechte an der Nutzung ihrer virtuellen Immobilie haben. Auf jeden Fall sollte Microsoft nicht dazu übergehen, 3D-Städte flächendeckend mit Plakaten zuzupflastern. Denn dann werden sich die Surfer womöglich schnell abwenden und doch lieber mit Google Earth die Welt überfliegen.

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