Intelligente Waffen
Chip-Implantat gibt Abzug frei
In den Arm implantierte Funkchips sollen künftig den Missbrauch von Waffen verhindern. Der Abzug wird nur freigegeben, wenn der rechtmäßige Besitzer die Pistole in der Hand hält. Schon bald sollen die "Smart Guns" in Serie gehen. Erste Abnehmer könnten Polizisten sein.
Ein neuer Computerchip soll verhindern, dass Polizeiwaffen abgefeuert werden können, wenn sie in falsche Hände geraten. Der in die Hand eines Polizisten implantierte Funkchip soll den Missbrauch ausschließen. Ein in die Pistole eingebauter Scanner erkennt den Chip in der Polizistenhand und gibt den Abzug frei. Falls ein Kind oder ein Krimineller die Waffe in die Hand nimmt, kann damit nicht geschossen werden.
Die intelligente Pistole wurde gemeinsam von dem Chiphersteller Verichip und dem Waffenproduzenten FN Manufacturing entwickelt. Bislang existiert nur ein Prototyp. Doch binnen eines Jahres könnte die "Smart Gun" in Serie gehen und an Behörden vermarktet werden, teilten die Hersteller mit.
Verichip-Chef Keith Bolten erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur AP, die Technik könne auch die Sicherheit bei Militärs und privaten Waffenbesitzern erhöhen. "Wenn man an die möglichen Anwendungen denkt, dann kann man sich ausmalen, wie viele Menschenleben gerettet werden könnten."
Schusswaffen stellen in den USA ein permanentes Sicherheitsproblem dar. Fast 200 Millionen Gewehre, Revolver und Pistolen befinden sich im Besitz von US-Bürgern - etwa 40 Prozent aller Haushalte sind bewaffnet. Hunderttausende Waffen werden jährlich gestohlen. Nach Angaben des FBI wurden zwei Drittel aller 16.000 Morde im Jahr 2002 mit Schusswaffen begangen.
Der US-Bundesstaat New Jersey hat die Verwendung von "Smart Guns" bereits zum Gesetz gemacht. Drei Jahre nachdem entsprechende Techniken vom obersten Staatsanwalt als marktfähig anerkannt werden und auch verfügbar sind, müssen alle neu verkauften Waffen damit ausgerüstet sein. Neben dem neuen Funkchip-Ansatz arbeiten Forscher unter anderem auch an Waffen, die ihren Besitzer am Finger- oder Handabdruck erkennen.
Der Sender von Verichip ist etwa so groß wie ein Reiskorn und wird mit einer Injektionsspritze implantiert. Firmenchef Bolton sagte, es seien keine medizinischen Komplikationen zu erwarten. Seine Firma bietet schon seit mehreren Jahren Chips an, die wichtige persönliche Daten wie Blutgruppe und Vorerkrankungen speichern und unter die Haut eingesetzt werden. Nach seinen Angaben haben sich bisher 900 Personen weltweit einen solchen Chip implantieren lassen, um in Notfällen schnell und mit den richtigen Medikamenten versorgt zu werden.
Der Waffenchip arbeitet wie ein RFID-Label - auch Smart-Tag genannt, mit dem Handelsketten schon bald sämtliche Waren in den Supermärkten ausrüsten wollen. Er benötigt keine eigene Stromversorgung und sendet seine Kennung, sobald er in die Nähe eines Scanners kommt. Datenschützer kritisieren RFID-Chips als Instrument der totalen Überwachung, weil damit praktisch jeder Jogurtbecher eine individuelle Kennzeichnung bekommt und sein Weg genau verfolgt werden kann.
Amerikanische Polizisten reagierten skeptisch auf die neue Sicherheitstechnik für Pistolen. William Sandmann, ein Polizeiausbilder aus West Palm Beach, warnte vor Fehlfunktionen des Scanners. Genauso gut könne der Chip bei einem Handgemenge kaputt gehen oder ein Beamter die Waffe seines Kollegen benötigen. "Wir haben Stromausfälle und Computerabstürze. Würden Sie ihr Leben riskieren, wenn sie wissen, was alles schief gehen kann?", fragte Sandmann.
Verichip hält derartige Schwierigkeiten jedoch für beherrschbar. Eine Waffe ließe sich auch für mehrere Polizisten gleichzeitig freigeben, erklärte Bolton. Und die Pistolen könnten bei jedem Schichtwechsel auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft werden.