Internet-Telefonie Silicon Valley setzt auf die Alpen-Skyper
Sequoia Capital, einer der wichtigsten IT-Investoren des Silicon Valley, finanziert erstmals ein europäisches Start-Up. Die Geldgeber von Google, Apple, Cisco und Yahoo steigen bei einem österreichischen Anbieter für Internet-Telefonie ein.
Skype kennt jeder, Jajah kennt eigentlich noch keiner. Das könnte sich nun ändern. Die österreichischen Gründer Roman Scharf, 35, und Daniel Mattes, 33, versuchen sich seit einem Jahr mit ihrem Jajah Webphone am Markt zu positionieren.
Im Juli letzten Jahres stellten sie ihren Skype-Konkurrenten ins Netz. Der fand angeblich zwar schon in der ersten Woche 100.000 Nutzer, doch die beiden Techniker beschäftigten sich zu sehr damit, ihren Telefon-Dienst für alle möglichen Rechner-Umgebungen und Telekom-Standards kompatibel zu machen. Sie kamen nicht so recht vom Fleck - außer in einschlägigen IT-Communitys kannte man Jajah kaum.
Im Herbst wurde die Strategie komplett umgekrempelt. Roman Scharf: "Uns wurde klar, dass wir nicht die drei Prozent der Internet-Nutzer ansprechen müssen, die bereits VoIP-Clients verwenden, sondern den großen Rest, der keine Software installieren kann oder will und auch kein Headset verwenden möchte. Telefonieren sollte so einfach sein wie 'Googeln' und mit den vorhandenen Apparaten, Handy oder Festnetz möglich sein."
Kinderleicht "voipen"
Seit zwei Wochen ist der neue Web-Telefonie-Service von Jajah online. Der zeichnet sich vor allem durch große Einfachheit aus: Auf der Jajah-Seite gibt es ein Eingabeformular für zwei Telefonnummern. Ins erste Feld trägt man die eigene, ins zweite die Nummer des Gesprächspartners ein. Per Mausklick fordert man das Gespräch an: Nach wenigen Sekunden klingelt das Telefon und die Verbindung wird aufgebaut. Der Gesprächspartner bekommt von all dem gar nichts mit, das Gespräch läuft zwischen herkömmlichen Apparaten oder Handys.
Ist der Anruf einmal initiiert, kann der PC auch abgestellt werden. Kostenlose Telefonate wie bei Skype gibt es nicht, aber die Preise liegen durchweg unter den Tarifen herkömmlicher Telekom-Anbieter, etwa 2 Cent pro Minute in die USA oder nach China. Abgerechnet wird derzeit mit Kreditkarten - "postpaid", das heißt nach erbrachter Leistung.
Letztlich basiert Jajah also auf einem "Vermakeln" zweier herkömmlicher Telefonapparate über eine vom Anbieter hergestellte VoIP-Verbindung.
Dieser pfiffige Ansatz, die Massen zu erreichen, war letztlich wohl der Grund für das Engagement der Sequoia. Die Initiative ging von Sequoia-Vorstand Michael Moritz aus, der einst den Google-Gründern den ersten Zwölf-Millionen-Dollar-Scheck an der Tischtennisplatte in die Hand drückte und ob seiner Glücksgriffe bei Yahoo und Paypal in der "Midas"-Liste ("Forbes") der wichtigsten IT-Venturer auf Platz 1 landete.
Aus "Ösi"-Startup wird Silicon-Valley-Firma
Moritz forderte seine Partner in Israel auf, mal mit den Jungs Kontakt aufzunehmen. Österreich läge ja eigentlich nur um die Ecke. Dann war es mit der Gemütlichkeit vorbei, wie man in Ösi-Land sagt. Zwischen dem ersten Gespräch im Sequoia-Hauptquartier bis zur Vertragsunterzeichnung vergingen gerade mal 20 Tage, inklusive der Firmengründung in den USA und der Übertragung der Software-Patente. Scharf: "Da schafft man mit einem österreichischen Investor gerade den nächsten Folgetermin."
Sieben Tage später hatten die beiden die ersten Millionen auf dem Konto und fast 40 Prozent an der Firma abgetreten. Wie viel genau sie bekommen haben, dürfen sie nicht verraten: "Aber es ist deutlich mehr, als Cisco seinerzeit bekommen hat." Die erste Sequoia-Finanzspritze für Cisco betrug zwei Millionen Dollar.
Die "Kohle" ist aber eigentlich sekundär, "denn Sequoia-Dollars sind mehr Wert als andere", findet Daniel Mattes. Sequoia ist der Türöffner zu den wirklich Großen der Branche. Haim Sadger von Sequoia wird das Vierer-Board ergänzen und macht klar, wo die Reise hingehen soll: "Die webaktivierte Telefonie von Jajah ist allein schon ein besonderes Produkt. Der Ansatz für den Massenmarkt ist auch der unsere und auch andere Internet-Plattformen werden von diesem Service profitieren."
Michael Moritz sitzt in den Aufsichtsräten von Google, Yahoo und anderen, was für die künftige Firmenentwicklung wohl kein Nachteil sein dürfte. Vor wenigen Wochen hat sich der 33-jährige Technik-Guru und ICQ-Erfinder Yair Goldfinger (ICQ wurde für 287 Millionen Dollar an AOL verkauft) als technischer Vorstand eingeklinkt, um die Österreicher bei der Produktentwicklung zu unterstützen: "Das Potential von Jajah für den Massenmarkt ist gewaltig, das reizt mich an dem Projekt."
Und Michael Moritz hat auch gleich beim ersten Meeting klar gemacht, was das Ziel der Übung ist, erinnert sich Scharf: "Im Besprechungszimmer der Sequoia hängen die Poster von den Börsegängen von Google, Cisco, Oracle & Co. Daneben ist noch Platz. Jungs, da will ich Euch sehen." Der Erfolgsdruck auf die Österreicher ist gewaltig, doch in ihrem neuen Büro im Silicon Valley spüren sie eine erfrischende Brise aus der Dotcom-Blütezeit. "Wo wir jetzt sind, haben die Google-Gründer zwei Jahre gesessen. Das muss einfach eine gute Aura haben. Das kann gar nicht anders sein."