Kopierschutz auf Musik-CDs Texas verklagt Sony BMG wegen Spyware
Der Kopierschutz, mit dem Sony BMG Millionen von Audio-CDs in den USA versehen hat, entwickelt sich zu einem immer größeren Desaster für den Musikgiganten. In IT-lastigen Blogs gibt es kaum ein anderes Thema. Auf Cnet.com wurde eigens eine Rubrik unter dem Namen "Sonys Rootkit Fiasco" eingerichtet, um die vielen Meldungen zu sammeln. Amerikas Verbraucher sind empört über Audio-CDs, die nach dem Abspielen auf PCs heimlich Spyware installieren und sogar Sicherheitslücken im System verursachen.
Gestern hat der Bundesstaat Texas Klage gegen Sony BMG eingereicht. Die Staatsanwaltschaft in ihrer Klage geltend, dass mehrere CDs von Sony zwingend ein spezielles Programm von Sony BMG benötigen, um auf Computern abgespielt zu werden. Die Software bleibe anschließend "versteckt und aktiv" und verursache Sicherheitsrisiken, was gegen die Gesetze von Texas verstoße.
"Konsumenten, die eine Sony-CD gekauft haben, dachten, sie hätten Musik gekauft", kritisierte der texanische Justizminister Greg Abbott. "Stattdessen haben sie Spionagesoftware bekommen, die den Computer beschädigen kann, ihn für Viren anfällig macht und den Benutzer möglichen Verbrechen aussetzt."
Zudem hätten Vertreter der Staatsanwaltschaft trotz eines angekündigten Rückrufprogramms noch am Sonntag CDs mit der Software kaufen können. Als Strafe würden 100.000 Dollar pro Verstoß gegen das texanische Verbraucherschutzgesetz beantragt.
Ein Sprecher von Sony BMG teilte am Montag mit, der Konzern werde vollständig mit der Staatsanwaltschaft kooperieren. Das Unternehmen hatte in der vergangenen Woche angekündigt, alle CDs mit dem Kopierschutz XCP aus dem Handel zu nehmen und ein Umtauschprogramm eingeleitet.
Das XCP-Verfahren sollte das Kopieren von Musik-CDs erschweren. Es wurde auf Alben von 52 Künstlern eingesetzt, darunter von Ray Charles, Frank Sinatra, Louis Armstrong und Celine Dion. Etwa 4,7 Millionen CDs sind damit hergestellt worden, 2,1 Millionen davon wurden verkauft. Die Software installiert sich von selbst, wenn eine mit XCP ausgestattete Musik-CD auf einem Windows-PC abgespielt wird. XCP verursacht jedoch eine Sicherheitslücke, die Hacker zum Einschleusen von Computer-Viren benutzt haben. Der Softwarehersteller Microsoft stuft XCP als Sicherheitsrisiko ein. Normale CD- oder DVD-Spieler und Systeme mit Mac OS oder Linux sind von XCP nicht betroffen.
- Cnet:Sonys Rootkit Fiasco
- EFF-Informationen zum Kopierschutz von Sony BMG
- Electronic Frontier Foundation
Die Electronic Frontier Foundation (EFF) hat parallel zur Aktion des Bundesstaates Texas Sammelklagen von betroffenen Verbrauchern gegen Sony BMG eingereicht. Das Unternehmen müsse für die verursachten Schäden aufkommen, teilte die EFF mit. Es reiche nicht aus, sämtliche betroffene CDs zurückzunehmen.
Sollte die Klage Erfolg haben, könnte es für Sony BMG teuer werden. Die EFF hat nämlich nicht nur die 2,1 Millionen XCP-geschützten CDs im Visier, sondern auch noch rund 20 Millionen Sony-Scheiben, die die Software MediaMax von SunComm enthalten. Diese installiert sich nach Angaben der EFF, selbst wenn der Nutzer dies ausdrücklich ablehnt, und schickt heimlich Daten über das Musikhörverhalten der Nutzer an SunComm. Die SunComm-Software greift auch in Mac-Systeme ein.
"Musikfans sollten keine potentiell gefährliche, die Privatsphäre gefährdende Software installieren müssen, nur um Musik auf ihrem Computer zu hören, die sie legal erworben haben", sagte EFF-Direktorin Cindy Cohn. Sie verlangte, dass Sony einen Rückruf startet - und zwar mit dem gleichen Marketing-Aufwand, der beim Verkauf der CDs betrieben wurde. "Das bisschen, was auf der Website gemacht wurde, reicht in meinen Augen nicht aus."