Mail-Chaos bei 1&1 Postsack mit Verstopfung

Es begann am Montag: Durch den Ausfall einiger Mailspeicher geriet beim Internet-Großprovider 1&1 die Auslieferung ins Stocken. In einem Schneeball-Effekt fielen die Systeme aus, Millionen von Mails lagerten im Daten-Nirvana. Frustrierte Kunden dürfen aber Hoffnung schöpfen: Die Mail-Halde schmilzt.

Eigentlich geht man davon aus, dass elektronische Post deutlich schneller ist als die gute alte Schneckenpost. Eine Garantie dafür gibt es aber nicht: Bei 1&1, dem deutschlandweit vertretenen Internet-Dienstleister aus dem westerwäldischen Montabaur, harrten seit Montag Millionen von E-Mails teils Stunden und Tage ihrer Auslieferung an die Adressaten. Was für Privatanwender ärgerlich ist, bedeutet für Business-Kunden Risiken und im Extremfall sogar Umsatzeinbußen, weil wichtige Nachrichten nicht zugestellt werden. Was war geschehen?

Gegen 15 Uhr am Montag war es im Rechenzentrum von 1&1 zum zeitgleichen Ausfall von sechs Mail-Speicherrechnern gekommen. Ein bis dahin einmaliger Vorgang: Dass bei so komplexen Systemen - 1&1 betrieb bis Montag immerhin 230 solche Speicherrechner - mitunter einmal etwas wackelt, ist nicht ungewöhnlich. Der parallele Ausfall mehrerer Systeme jedoch hatte ungeahnte Konsequenzen: "Es gab da einen Bug, einen Fehler in der Software, der bis dahin nie aufgefallen war", erklärt 1&1-Sprecher Andreas Maurer. "Die Software stürzte ab."

Was folgte, war eine Art Domino-Effekt: Während die Techniker an einer Lösung arbeiteten, häuften sich die ein- und ausgehenden Mails in einem Zwischencache (der so genannten Mailqueue). Weil die Post offenkundig nicht funktionierte, häuften sich die Versuche der Kunden, sich ins Mailsystem einzuloggen. Beides schaukelte sich zu einem permanenten Overload hoch.

Bereits am späten Montagabend, sagt Maurer, habe es einen ersten Patch gegeben und Teile des Mailsystems hätten ihre Arbeit wieder aufgenommen. Der Provider begann, peu à peu den Millionen von Mails zählenden Überhang aus acht Millionen Kunden-Postfächern abzuarbeiten. Doch das System wackelte weiter.

Hoffnungsschimmer

Mehrere Male versuchte der Provider im Laufe der Woche, die Software weiter auszubessern. Gleichzeitig stockte die Firma die Hardware auf. "Zehn zusätzliche Mail-Speichersysteme arbeiten inzwischen", sagt Maurer, "im Laufe der nächsten Tage sollen noch etwa 50 weitere folgen."

Inzwischen sei er "guter Dinge", dass sich die Situation auch für die Kunden merklich bessere. Die Verzögerung im Mailverkehr läge nun noch bei "Durchschnittlich 2-3 Stunden". Seit Freitagmorgen sei wieder Grund im System, das nun rund 300 Mails pro Sekunde mehr verschicke, als neue hereinkämen. Der Überhang, der sich auf noch immer 1,4 Millionen verzögerte Mailauslieferungen belaufe, schrumpfe nun also schnell.

Maurer: "Eine völlige Entwarnung können wir aber leider immer noch nicht geben. Die Hardware wird in den nächsten Tagen weiter aufgestockt werden, an der Software wird weiter nachgebessert, was zu weiteren Verzögerungen führen könnte." Mit einem Vollausfall, wie er am Montag für einige Stunden bestanden hatte, rechne man aber nicht mehr.

Den auch in zahlreichen E-Mails von SPIEGEL-ONLINE-Lesern geäußerten Vorwurf, das alles sei unzureichend kommuniziert worden, will Maurer so nicht stehen lassen. Immerhin habe es auf den Hilfeseiten des Providers bereits am Montag eine entsprechende Benachrichtigung gegeben.

Was stimmt - auch, wenn die alles andere als erschöpfende Auskünfte enthielt. Etliche Kunden hegen derweil einen ganz erheblichen Frust. "Wer", fragt da einer stellvertretend für Viele in einer Mail an SPIEGEL ONLINE, "bezahlt mir meinen Schaden?"

Darauf weiß auch Andreas Maurer keine pauschale Antwort. Wer sich geschädigt fühle, sagt er auf Anfrage, solle sich an das Unternehmen wenden. "Wir werden dann jeden einzelnen Fall prüfen."

pat

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