Online-Überwachung Britische Firmen bespitzeln flächendeckend Angestellte

E-Mails, MySpace, eBay: Wer in England im Büro online geht, wird laut einer aktuellen Erhebung mit großer Wahrscheinlichkeit bespitzelt. Auch in Deutschland wäre eine derartige Überwachung möglich, mahnen Rechtsexperten.

London - Rund 85 Prozent aller britischen Unternehmen überwachen und protokollieren regelmäßig die Online-Aktivitäten ihrer Beschäftigten. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Untersuchung der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers. Demnach setzen zudem 81 Prozent der analysierten britischen Betriebe Programme ein, um den Zugriff ihrer Angestellten auf bestimmte Webseiten zu blockieren.

Ausschlaggebend für die strengen Kontrollmaßnahmen sei der Versuch, ein höheres Sicherheitsbewusstsein unter Mitarbeitern zu verbreiten. Einerseits werde versucht, vertrauliche firmeninterne Informationen besser zu schützen, andererseits gehe es um Imageschutz. Denn im Internet - besonders auf Community-Seiten wie Facebook oder MySpace - würden Mitarbeiter ihre Arbeitsstätte oft nicht in besonders gutem Licht erscheinen lassen, heißt es in dem Bericht.

"Eine derartige Überwachung wäre auch in Deutschland gesetzlich legitim", erklärt Verena Eckert, Rechtsexpertin der Münchner IT-Recht-Kanzlei im Gespräch mit dem Internetdienst pressetext. Entscheidendes Kriterium sei, ob das Unternehmen seinen Beschäftigten überhaupt eine private Nutzung des Internets am Arbeitsplatz gestatte. Wenn ein Internetzugang für dienstliche Zwecke nicht unbedingt notwendig sei, könne das Unternehmen private Nutzung generell verbieten. Sei diese dagegen erlaubt, habe der Arbeitgeber auch das Recht, die Online-Aktivitäten seiner Angestellten zu kontrollieren.

In der Praxis sind generelle Surf-Verbote laut Eckert "eher die Ausnahme als die Regel". Zum Schutz von Firmengeheimnissen und gegen Gefahren aus dem Internet wie Trojaner- oder Virenattacken sei ein solcher Schritt aber oft durchaus gerechtfertigt. "Gleichzeitig ist der Arbeitgeber aber auch dazu verpflichtet, die Geheimnisse seiner Mitarbeiter zu schützen."

Die Möglichkeiten und Grenzen von Online-Überwachung sind in Deutschland ein breit diskutiertes Thema. Zuletzt beschränkte das Bundesverfassungsgericht die Bespitzelung von Bürger-Computern durch den Staat und sperrte die Speicherung von Nutzerdaten auf Vorrat.

In Deutschland thematisiert aktuell der Chaos Computer Club (CCC) das Thema Online-Überwachung mit einer neuen provokanten Aktion: In ihrem Magazin "Datenschleuder" publizierten die Hacker einen Fingerabdruck von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) - mitsamt einer Folie, die als Attrappe ausreichen soll, um Fingerabdruck-Scanner zu täuschen.

Mit etwas Geschick könne man diesen Abdruck durchaus auf die eigene Fingerkuppe bringen und im Namen des Ministers allerlei Spuren hinterlassen, sagte CCC-Sprecher Frank Rosengart SPIEGEL ONLINE.

Der CCC will es nicht bei dieser einen Aktion belassen. Nach eigenen Angaben will man zügig die Fingerabdrücke anderer Politiker erfassen und veröffentlichen - darunter die von Schäubles Vorgänger Otto Schily, Kanzlerin Angela Merkel, Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein sowie Jörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamts.

ssu/AFP

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