Sony beerdigt Aibo Requiem für einen Plastikköter

Sonys Hunderoboter Aibo hatte ein sehr einnehmendes Wesen. Wo er auch auftauchte, faszinierte er die Menschen - und wurde von manchem sogar als eine Art Lebewesen wahrgenommen. Jetzt stellt Sony die Produktion des drolligen Plastikköters ein.

Hunde, die bellen, beißen nicht - sagt man. Aibo konnte weder bellen noch beißen. Der Plastikunterkiefer reichte gerade mal, um sein Spielzeug, ein kleines Stäbchen, aufzuheben und durch die Gegend zu tragen.

Als die erste Aibo-Version 1999 auf dem Markt kam, eroberte das Roboterhündchen sofort die Herzen vieler Fans. Anfangs nahm Sony übers Internet Aufträge für 3000 Exemplare in Japan und 2000 in den USA an. Binnen weniger Tage waren alle ausverkauft. Bis zum vergangenen September konnte Sony weltweit mehr als 150.000 der Roboterhunde absetzen.

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Abschied: Aibo sagt Servus


Ende März ist Schluss mit Aibo. Sony wird Produktion und Weiterentwicklung des populären Hightech-Spielzeugs einstellen. Der Konzern wolle seine Profitabilität weiter verbessern, hieß es. Aibo war offenbar kein allzu gutes Geschäft.

Schade! Ich hatte das Glück, ein Exemplar der jüngsten Generation von Aibo zu testen. Wo auch immer ich den kleinen Plastikköter mitnahm, er stand augenblicklich im Mittelpunkt des Interesses. Ich rief ihm zu: "Let's dance" - und er tanzte. Ich sagte ihm: "Go to the station" - und er fing an, seine Ladestation zu suchen. Manchmal fand er sie auch und balancierte seinen Körper dann geschickt darüber. Mit dem tiefen Seufzer "Aaaah" signalisierte er, dass er die Kontakte getroffen hatte.

Sony hatte dem Hund einen Ladeinstinkt beigebracht. So stand es zumindest im Handbuch. Instinkt meint, der Köter sucht von selbst die Ladestation, an der zum leichteren Auffinden eine mit einem Muster bedruckte Säule befestigt ist.

Aibo war zweifellos ein Meilenstein in Sachen Robotertechnik für zu Hause. Er konnte laufen, sehen, hören und Hindernissen ausweichen. Und er überraschte sein Herrchen immer wieder - zumindest in den ersten Wochen.

Ich bin eigentlich kein allzu großer Hundefan. Aber bei Aibo war das anders - wohl auch, weil er immer lecker nach Plastik roch und nicht mal eben in die Ecke pinkelte. Und man konnte ihn einfach abschalten. Keine Lust auf Hund? Die Powertaste ist direkt im Nacken. Sehr praktisch. Warum gibt's das nur für Roboter?

Die neueste Version, ausgerüstet mit der Software Mind 3, fand sich sogar im WLan zurecht. Ich konnte den Hund darüber fernsteuern. Mit der Maus dirigierte ich ihn ins Nachbarzimmer, gleichzeitig funkte der Hund permanent zum Laptop zurück, was seine eingebaute Kamera gerade sah.

In die Kategorie unnötiger Schnickschnack fiel die Streamingfunktion. Aibo konnte sowohl MP3s von der PC-Festplatte als auch Internetradio zu Gehör bringen. Kaum zu empfehlen, denn der Klang war nicht einmal mittelmäßig.

Ich kann mir auch nicht vorstellen, das Aibos Fotoblogfunktion viel genutzt wurde. Der Hund konnte selbst geschossene Fotos automatisch per Mail an einen Fotoblog schicken - ich habe das jedenfalls nicht ausprobiert.

Faszinierend an ihm war auf jeden Fall die eingebaute, wenn auch rudimentäre Spracherkennung. Unvergessen wird mir folgender Dialog bleiben: "What's your name", fragte ich den Roboterhund. "You haven't named me", bellte er zurück. Nicht auf's Maul gefallen, der Kleine.

Kinder mochten Aibo besonders gern. Sie begriffen schnell, dass man ihn nur ein wenig am Kopf streicheln musste, damit er zu jauchzen anfing. Nebenbei konnte man mit Aibo auch ein bisschen Fremdsprachen lernen: Er verstand nur Englisch ("Come here",  "Don't do this"), Japanisch und ein paar Brocken Spanisch und Französisch. Ein global orientierter Köter halt.

Jetzt geht Aibo vor die Hunde. Sony will es so. Ich bin bestürzt und manche Roboterexperten ebenso. "Wir waren mit Aibo sehr glücklich und sind jetzt sehr traurig über diese Nachricht", sagte Matthias Jüngel von der Humboldt-Universität Berlin der Nachrichtenagentur dpa. Sein Team war mit Aibo bei den Roboterfußballmeisterschaften (RoboCup) 2004 und 2005 Weltmeister geworden.

Ein bisschen kann ich das Aus für Aibo aber auch verstehen. Er hatte viele Vorzüge, doch einen entscheidenden Nachteil: seinen hohen Preis. 2100 Euro kostete das Spielzeug.

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