WWWC Durchbruch auf der Toilette
Eigentlich ist das Problem ja schon lange gelöst: Seit Funktechnik auch PDAs und Tablet PCs mit dem Web verbindet, könnte man SPIEGEL ONLINE theoretisch auch dort lesen, wo man sonst die Zeitung hinschleppt. Doch Hand aufs Herz: Wer macht sowas schon?
Unhygienisch erschiene uns das, obwohl aufgeklärte PC-Nutzer natürlich wissen, dass ihre Tastatur bis zu 400 Mal stärker mit Bakterien und Schmutz belastet ist als jeder mittelprächtig gepflegte Toilettensitz. Trotzdem, die feine englische Art wäre das nicht, und vielleicht öffnet auch darum das erste transportable Toilettenhäuschen schon in diesem Sommer in England sein Türchen.
Entwickelt hat das komfortable "Sit & Surf"-Kabuff niemand anderes als MSN, die dort wohl hoffen, mit ihren Inhalten ganz neue Kundenkreise binden zu können.
"Das Internet ist so sehr ein Teil des täglichen Lebens, dass Surfen auf dem Klo der nächste natürliche Schritt war", ließ MSN eine Mitarbeiterin verlauten - dummerweise eine aus der Marketing-Abteilung, was die ganze Aktion letztlich entlarvt: Natürlich ist das "iLoo" vor allem ein Werbegag für den Microsoft-Dienst. Allerdings ein guter, für den MSN ganz tief in die Ideenschüssel gegriffen hat.
Schlangenverlängerung
iLoo soll auf britischen Rockfestivals zum Zuge kommen, was einerseits pfiffig ist (solang man sowas am Schreibtisch plant), andererseits völlig realitätsfern: Wer die durchschnittliche Schlangenlänge vor Toilettenhäuschen auf Rockfestivals kennt, ahnt, dass MSN-gewürzte Sitzungen leicht zu gewalttätigen Unruhen führen könnten.
Über diese Gefahr ist man sich auch bei MSN im klaren. MSN-Sprecher Matthew Whittingham: "Wenn die Leute zu lang drauf sitzen - sagen wir mal: mehrere Stunden -, dann werden wir wohl kräftig klopfen müssen oder so."
Schade wäre es ja schon, wenn etwa wütende Wartende das iLoo im Protest umkippen würden: Schließlich steckt Top-Technik in dem Klo. Die Toilette soll mit einer Tastatur ohne Kabel, einem Flachbildschirm und einem schnellen Internetzugang ausgestattet werden. Über die Schüsselausstattung (selbstreinigend oder nicht, Farbgestaltung, vorgeheizt?) ist dagegen bisher nichts bekannt.
Doch allein die PC-Hightech schreit nach Sicherheitsmaßnahmen, gerade auf einem Rockfestival: Jedem Häuschen will MSN darum einen Wächter zuteilen. Da sage noch einer, in der Werbung entstünden keine neuen Jobs mehr. Wittingham: "Wenn wir die Dinger nicht bewachen ließen, würde irgendjemand sie wohl einfach hochheben und mitnehmen".
Viel Schaden würde dadurch auch dann nicht entstehen, wenn das iLoo bereits einen mehrstündigen Festivaleinsatz hinter sich hätte: Natürlich sind sowohl Bildschirm als auch Tastatur unter anderem wasserdicht.
MSN Großbritannien hat außerdem Erfahrung mit schwer diebstahlgefährdeten Werbegags. Bereits 2001 hatte das Unternehmen eine Parkbank im Osten Großbritanniens mit einem Internetanschluss versehen.
Ziel der Aktionen ist natürlich immer die Kundenwerbung auf allen denkbaren Kanälen - MSN überall.
Surfklos sind da sicherlich eine Spitzenidee, die schwer zu toppen sein wird - außer, man greift auf eine zurück, die sich die Kult-Satirewebsite "The Onion" schon vor Jahren ausdachte: MSN ins Trinkwasser ?
Frank Patalong