Urteil in Frankfurt am Main Twitter muss Kopien falscher Pädophilie-Vorwürfe entfernen

Antisemitismusbeauftragter Michael Blume: Erfolgreich gegen Twitter
Foto: Hannes P Albert / dpaDer Umgang von Twitter mit Falschinformationen auf der Plattform ist nach Einschätzung des Landgerichts Frankfurt zu lax. Der Kurznachrichtendienst muss demnach nicht nur einmal beanstandete Tweets mit bestimmten Persönlichkeitsrechtsverletzungen dauerhaft entfernen, sondern auch solche mit »kerngleichen« Inhalten, wie das Gericht in einer Pressemitteilung am Mittwoch erklärte . Voraussetzung ist allerdings, dass Twitter von der Persönlichkeitsrechtsverletzung Kenntnis erlangt hat.
Geklagt hatte der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte Michael Blume, der eine Einstweilige Verfügung beantragt hatte. Konkret ging es in dem Verfahren um Tweets, in denen behauptet worden war, Blume gehe fremd und habe eine »Nähe zur Pädophilie«. Außerdem wurde dem Gericht zufolge verbreitet, er sei in »antisemitische Skandale« verstrickt und »Teil eines antisemitischen Packs«.
Das Gericht bewertete die Behauptungen am Mittwoch als »ehrenrührig« und stellte fest, dass sie unwahr seien. Die Bezeichnung Blumes als Antisemit sei zwar zunächst eine Meinungsäußerung, hieß es. In dem gewählten Kontext aber sei sie rechtswidrig, denn sie trage nicht zur öffentlichen Meinungsbildung bei und ziele erkennbar darauf ab, Stimmung gegen Blume zu machen.
Keine allgemeine Monitoring-Pflicht gefordert
Das Landgericht Frankfurt hatte bereits im April entschieden, dass Facebook ebenfalls bestimmte Kopien von verletzenden Kommentaren löschen müsse. Im aktuellen Verfahren zu Twitter teilte die Kammer mit, dass nur solche Kommentare betroffen seien, »die als gleichwertig anzusehen sind und die trotz gewisser Abweichungen einen identischen Äußerungskern aufweisen.« Twitter werde aber keine allgemeine Monitoring-Pflicht im Hinblick auf seine rund 237 Millionen Nutzer auferlegt, hieß es weiter von der Kammer.
Das Urteil (Az. 2-03 O 325/22) ist nicht rechtskräftig. Es kann mit der Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main angefochten werden. Blumes Anwalt Chan-jo Jun hatte zuvor erläutert, dass es sich bei dem Verfahren um eine Musterklage handelt. Finanziert wird das Verfahren von HateAid, einer gemeinnützigen Organisation, die Opfer digitaler Gewalt im Netz unterstützt.