Falschinformationen über Impfstoffe 14 US-Generalstaatsanwälte erhöhen Druck auf Facebook

Lässt Facebook die Verbreiter von Lügen über den Coronaimpfstoff gewähren, um für Traffic zu sorgen? Diese Frage will eine Gruppe von Staatsanwälten in den USA von dem Unternehmen beantwortet haben.
Facebook-Zentrale in Kalifornien (Archivbild)

Facebook-Zentrale in Kalifornien (Archivbild)

Foto: JOSH EDELSON / AFP

Seit der Aussage einer Whistleblowerin wächst der Druck auf Facebook, in der Coronakrise den Informationsfluss auf seiner Plattform in den Griff zu bekommen. In den USA haben die Generalstaatsanwälte von 14 Bundesstaaten mit der Befragung von Facebook wegen des Umgangs mit Verbreitern von Falschinformationen über Impfstoffe gegen das Coronavirus begonnen.

Sie seien »äußerst besorgt« über die jüngsten Berichte, wonach das weltgrößte soziale Netzwerk Listen von Mitgliedern führe, die eine Sonderbehandlung erhalten hätten, hieß es in einem Brief an Konzernchef Mark Zuckerberg am Mittwoch.

Die Frage sei, ob die größten zwölf Hauptverbreiter von Desinformationen im Zusammenhang mit der Pandemie auf dieser Liste stehen. Facebook reagierte nicht sofort auf eine Bitte um Stellungnahme.

Neue Algorithmen sorgen laut den Enthüllungen der ehemaligen Facebook-Mitarbeiterin Frances Haugen aus reiner Gewinnsucht verstärkt für eine Polarisierung politischer Lager: Die Nutzer würden durch ihre Wut dazu verleitet, immer weiter zu scrollen, was die Reichweite der Werbetreibenden erhöhe. Facebook habe dafür ein System aufgebaut, das hochkarätige Nutzer von den Regeln gegen gezielte falsche Behauptungen über Covid-19 und Impfstoffe ausnehme.

Schwere Vorwürfe der Ex-Managerin

Falschinformationen über das Virus, Behandlungsmethoden und Impfstoffe haben sich während der Coronapandemie schnell auf Social-Media-Plattformen wie Facebook, Twitter und YouTube verbreitet. Forscher und Gesetzgeber werfen Facebook seit Langem vor, schädliche Inhalte auf seinen Plattformen nicht zu kontrollieren.

Die Whistleblowerin Haugen hatte in der vergangenen Woche rund drei Stunden lang vor einem Ausschuss des US-Kongresses ausgesagt – es war eine Abrechnung der ehemaligen Produktmanagerin. »Ich glaube, dass die Produkte von Facebook Kindern schaden, Spaltung anheizen und unsere Demokratie schwächen«, sagte die 37-Jährige: »Der Kongress muss handeln.« Die Facebook-Verantwortlichen würden diese Krise nicht ohne Hilfe der Politik lösen.

Parallelen zur Zigarettenindustrie

Haugen warf Facebook bei der Kongressanhörung vor, die Öffentlichkeit wiederholt in die Irre geführt zu haben. »Ich habe eine erschreckende Wahrheit erkannt: Fast niemand außerhalb von Facebook weiß, was innerhalb von Facebook passiert«, sagte die Datenspezialistin. »Das Unternehmen verheimlicht wichtige Informationen bewusst vor der Öffentlichkeit, vor der US-Regierung und vor Regierungen in aller Welt.« Wichtig sei deswegen »volle Transparenz«.

Sie zog dabei Parallelen zur Zigarettenindustrie: »Als wir herausgefunden haben, dass die Tabakindustrie den Schaden verschleierte, den sie verursachte, hat die Regierung gehandelt.«

Facebook hat die Vorwürfe entschieden zurückgewiesen, ist durch die Enthüllungen aber massiv unter Druck geraten. Schon seit Jahren gibt es Forderungen nach einer strengeren Regulierung von Onlineplattformen. Das Einschreiten der Generalstaatsanwälte zielt nun ebenfalls in diese Richtung.

jok/Reuters
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten