Aldi Talk für Flüchtlinge Aldi wehrt sich gegen Kritik von Verbraucherschützern
Die Verbraucherzentrale Niedersachen berichtet, dass einige Flüchtlinge Probleme haben, Handykarten von Aldi Talk zu aktivieren. Die Firma verweist auf eindeutige Regeln für Anbieter und spricht von "Einzelfällen".
Prepaid-Karten fürs Handy oder Smartphone sind günstig, haben meist keine Vertragslaufzeit und lassen sich bequem mit Guthabenkarten aufladen. Deshalb nutzen auch viele Flüchtlinge in Deutschland solche Prepaid-Angebote.
Seit kurzem jedoch ist es durch eine Maßnahme der Bundesregierung aufwendiger geworden, neue Karten einsatzbereit zu bekommen. Das gilt prinzipiell für alle Menschen in Deutschland, da man die Karten seit Juli nicht mehr anonym kaufen kann. Für Flüchtlinge ist es aber offenbar besonders schwierig, die neuen Aktivierungsprozeduren erfolgreich zu meistern.
Die Verbraucherzentrale Niedersachen hat sich nun den Anbieter Aldi Talk herausgegriffen, um dessen Vorgehen zu kritisieren. "Flüchtlingshelfer haben sich bei uns gemeldet, da Geflüchtete die bei Aldi gekauften Sim-Karten nicht aktivieren konnten", wird in einer Pressemitteilung Marvin Momberg zitiert, der Koordinator des Projekts "Verbraucherschutz für Flüchtlinge".
Der Verbraucherzentrale zufolge besteht das Problem darin, dass die bei Aldi Talk eingesetzten Verfahren zur Identifizierung keine Dokumente wie eine Aufenthaltsgestattung verarbeiten können. Die Aktivierung der Sim-Karte sei so für viele Flüchtlinge nicht möglich, "das gekaufte Prepaid-Paket nutzlos".
"Keine Personengruppen ausschließen"
Aber ist tatsächlich so? Auf eine SPIEGEL-Anfrage heißt es von einem Vertreter von Aldi Nord und Süd zunächst, "dass wir keine Personengruppen von unseren angebotenen Aldi-Talk-Diensten ausschließen". Seit dem 1. Juli sei man aber - wie andere Händler auch - zur Identitätsprüfung verpflichtet. Eines von mehreren angebotenen Verfahren zur Identifizierung ist das beliebte Video-Ident-Verfahren, bei dem Kunden per Video-Chat von daheim aus ihre Ausweisdokumente präsentieren.
Laut Aldi Talk seien hierbei diverse Ausweisdokumente zur Prüfung zugelassen: "Personalausweis, Reisepass, Aufenthaltstitel, Ankunftsnachweise, Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung, Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung."
Entscheidend sei aber, "dass das jeweilige Dokument die vollständigen Personendaten wie Name, Geburtsdatum, Anschrift, Nationalität etc. enthält", heißt es weiter. Eine weitere Anforderung: Angaben müssen über den Video-Chat "eindeutig erfasst werden können". So müssten zum Beispiel bestimmte Merkmale wie Echtheits-Hologramme eindeutig erkennbar sein. Bei Aufenthaltstiteln sei Aldi darüber hinaus verpflichtet, "die vollständigen Personendaten zur Nachprüfung an den zuständigen Netzanbieter weiterzuleiten".
Das gehe aber nur, wenn alle Angaben des Ausweisdokuments im Zuge des Video-Ident-Verfahrens "vollständig und gut lesbar erfasst werden konnten". "In wenigen Einzelfällen" könne es daher passieren, dass die Identifizierung nicht abgeschlossen werden kann. Zum Beispiel, wenn die Schrift auf den Dokumenten sehr klein ist oder wenn die Kamera, mit der der Käufer dem Aldi-Mitarbeiter die Dokumente von daheim aus präsentiert, eine zu schlechte Bildqualität liefert.
Sollte ein Kunde solche Probleme erleben und seine Karte nicht aktivieren können, rät die Verbraucherzentrale Niedersachsen Betroffenen, die gekauften Pakete bei Aldi zurückzugeben. Alternativ könnten Kunden noch versuchen, ihre Identität nicht über das Video-Ident-Verfahren prüfen zu lassen, sondern auf einem anderen Weg.
mbö