
natürlich war die Hoffnung eine trügerische. Mit einem Netflix- und einem Amazon-Prime-Abo, dachte ich noch vor ein paar Jahren, hätte ich zumindest den größten Batzen meiner Streaming-Bedürfnisse abgedeckt. Ein paar Serien hier, ein paar Comedy Specials da - und der Rest würde eh beizeiten durchs Free-TV flimmern. Rückblickend stelle ich fest: Es war die Ruhe vor dem Sturm.
Wenn am Freitag Apple TV+ startet, genauso wie in wenigen Monaten Disney+, geht der als "Streaming Wars " bekannte Konflikt in die heiße Phase. Wer etwas auf sich hält, verlangt 4,99 Euro pro Monat - mindestens. Der umkämpfte Markt dürfte sich noch weiter zerfransen, die "Avengers" in die eine Ecke des Internets treiben, "Friends" in die andere und die Konsumenten vor eine schwere Entscheidung stellen: Wie viele Abos verträgt der eigene Geldbeutel eigentlich? Zwei? Drei? Keins?

Teuer wird die zunehmende Fragmentierung des Videoangebots aber auch für die Anbieter: Um dem ausgabefreudigen Marktführer Netflix gefährlich zu werden, investieren auch Apple und Disney Unsummen. Eine der kommenden Marvel-Serien soll bis zu 25 Millionen Dollar pro Folge kosten, die Apple-Serie "See" mit Jason Mamoa knapp 15 bis 17 Millionen pro Folge. Ob die Ausgaben nachhaltig sind, kommt darauf an, wer am Ende der Materialschlacht als Sieger dasteht.
Netflix, so viel lässt sich jetzt schon sagen, dürfte ein Platzen der Blase überleben - vorausgesetzt, seine Abonnenten nehmen die Konkurrenz als Ergänzung wahr und nicht als Ersatz. Disney+ könnte eine Art emotionale Komfortzone unter den Streaming-Diensten werden und Apple TV+ der starbesetzte Premiumservice für besondere Abende. So gäbe es einen Dienst für jede Stimmung - allerdings nur für diejenigen, die es sich leisten können.
Seltsame Digitalwelt: Vom User zum Vermittler
Auf meinem Smartphone gibt es einen Ordner, den ich "Mobility" getauft habe. Darin befinden sich zwölf verschiedene Apps von Diensten, die mich theoretisch von A nach B bringen: Unter anderem habe ich dort drei De-facto-Taxiservices (Uber, Moia, FreeNow) gespeichert. Und fünf Apps für abenteuerliche E-Scooter-Fahrten.
Jeden Dienst habe ich mindestens einmal ausprobiert, aber meistens fahre ich mit dem Fahrrad. Deshalb kommen die Apps längst nicht mehr mir selbst zugute, sondern immer mehr meinen Freunden und Freundinnen, die mich um digitale Unterstützung bitten: "Anton, bestellst du mir für den Umzug einen Lieferwagen?" Na klar, per Miles oder GetAround, vorinstalliert für solche Notfälle. Darf's für den Weg zum Transporter ein CleverShuttle sein? Auch kein Problem. Ich bestätige dem Fahrer per Kopfnicken meine Identität und kurve meinen Freunden mit dem Fahrrad hinterher.
Der Effekt: Innerhalb kürzester Zeit wurde ich vom Nutzer meiner "Mobility"-Apps zum schlechtbezahlten Vermittler degradiert. Und vor dem Bewerten der Fahrt muss ich auch noch meine Freunde um Hilfe bitten - schließlich war ich nicht dabei.
App der Woche: "Postbox"
getestet von Tobias Kirchner

Wer nicht ständig von Benachrichtigungen genervt oder einen besseren Überblick bekommen möchte, könnte in Postbox eine hilfreiche App finden. Sie sammelt sämtliche Benachrichtigungen und bereitet sie auf. Dabei kann man festlegen, wie häufig man diese Updates geschickt bekommen möchte.
Schade ist dabei, dass die Benachrichtigungen nicht direkt zum jeweiligen Inhalt führen, sondern nur die App geöffnet wird. Davon abgesehen, ist Postbox eine simple und sinnvolle App, die Nachrichten übersichtlich darstellt und vermeidet, dass man im Laufe des Tages den Überblick verliert. Stattdessen kann man gezielt steuern, wann man Benachrichtigungen empfangen möchte.
Gratis, von Google Creative Lab: Android
Fremdlinks: Drei Tipps aus anderen Medien
- "So manipulieren Pädophile auf YouTube Kinder " (Video, ca. 23 Minuten): Als herauskam, wie YouTube von Pädokriminellen missbraucht wird, kündigte das Unternehmen Anfang des Jahres Veränderungen an. Das "funk"-Format "follow me.reports" zeigt, welche Gefahren für Kinder allerdings immer noch herrschen - auch in Deutschland. Zum Nachlesen auch hier bei "Zeit Online" .
- "Computer-Poesie - 'und kein engel ist schön' " (ca. sieben Leseminuten): Geradezu gewagt nerdy ist ein Text auf "Süddeutsche.de" über die ersten deutschen Gedichte aus dem Computer vor 60 Jahren. Das Urteil über die maschinell erzeugte Kunst: "Der Rhythmus wirkt stakkatoartig, die Diktion affirmativ. Grammatisch sind die Sätze richtig."
- "Facebook alters video to make people invisible to facial recognition " (ca. sieben Leseminuten): Ausgerechnet Facebook will Menschen ihre Privatsphäre zurückgeben - indem das Unternehmen Porträtaufnahmen per künstlicher Intelligenz "de-identifiziert". Sind das die ersten moralisch integren Deepfakes?
Ich wünsche Ihnen eine schöne Woche
Anton Rainer
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