Fotostrecke

Yestertech: Die Mutter aller Joysticks

Atari CX40 Die Mutter aller Joysticks

Er gilt als Prototyp des Game-Controllers: Der Joystick der Spielkonsole Atari 2600 war ein ergonomischer Alptraum - dafür war der schwarze Klotz praktisch unverwüstlich. Thomas Hillenbrand erinnert sich an brachiale Ballerorgien und blutige Handflächen.

Mein Freund Tobias hatte sich einen dieser Hightech-Joysticks gekauft. Das Gerät sah aus wie der Steuerknüppel eines Apache-Helikopters und hatte zehn Knöpfe, mindestens. Man musste ihn vor dem Gebrauch mit einer speziellen Software kalibrieren. "Nur ganz leicht antippen", erklärte mein Kumpel, "und bloß nicht so feste, der war voll teuer."

Schon bevor ich das Raumschiff durch das erste Level bugsiert hatte, machte es "rack" und der Supercontroller war hinüber.

Mein brutales Gerüttel und Gezerre hatte ihn zerstört. Aber ich kann einfach nicht anders. Den Großteil meines Gamer-Lebens habe ich mit dem CX40 von Atari gespielt, einem klobigen schwarzen Joystick aus Plastik. Der wurde mit der 2600er-Konsole mitgeliefert und war so unverwüstlich wie ein sowjetischer Schützenpanzer.

Bei diesem mit vier Kontaktplatinen (oben, unten, links, rechts) ausgestatteten Urjoystick war leichtes Antippen zwecklos. Man musste den Steuerknüppel vielmehr brutal herumreißen, damit sich "Pac-Man" oder "Frogger" in die gewünschte Richtung bewegten.

Blutige Striemen nach dem Feindflug

Computerspielen war in den frühen Achtzigern ein Hobby mit körperlicher Komponente. Während man die Linke um den klobigen Joystick-Kubus krallte, rüttelte man mit der Rechten am Steuerhebel. Kraft ging vor Finesse, und viele Spiele waren entsprechend konzipiert. Bei "Decathlon" etwa musste man den Stick in einer rabiaten Links-Rechts-Bewegung hin- und herruckeln. Wer am schnellsten ruckelte, dessen Läufer kam als erster ins Ziel. Schwächere Joysticks hätten das nicht ausgehalten.

Weil der CX40 so anti-ergonomisch war, gaben jedoch mitunter meine Hände auf. Dafür sorgte vor allem der Griff, dessen Gummiüberzug ein sadistischer Industriedesigner mit sechs Längsrillen versehen hatte. Wenn ich fünf, sechs Stunden lang mein Lieblingsspiel "River Raid" gespielt hatte, bildeten sich blutige Striemen an meiner Handinnenseite. Nur mit Hilfe von um den Joystick und die Hand gewickelten Kleenex-Tüchern und viel Paketband konnte ich weiterspielen. Unter Schmerzen zwar, aber es galt ja, die Welt zu retten.

Als die Computerspiele ausgefeilter wurden, waren filigranere Joysticks gefragt. Die waren allerdings technisch oft sehr anfällig. Ich erinnere mich an eine Computerzeitschrift, die Anfang der Neunziger zehn Joysticks auf Herz und Nieren testete. Zu der eingehenden Prüfung gehörten diverse Stürze aus bis zu drei Metern Höhe sowie ein halbstündiges Bad in warmer Cola. Fast alle Geräte gaben danach den Geist auf. Dem CX40 hätte so etwas nichts ausgemacht.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten