Ausgetauscht Grokster macht dicht

Der P2P-Entwickler Grokster erreichte eine teure Einigung mit der Musikindustrie: Grokster stellt sein Geschäft ein und zahlt 50 Millionen Dollar. Dafür kann die Firma - unter neuer Leitung - bald wieder an den Start: als legaler Musikshop.

Die Firma Grokster hat nach einem verlorenen Urheberrechtsprozess vom Juni ihre Online-Tauschbörse geschlossen und einer Entschädigungszahlung von 50 Millionen Dollar an die US-Unterhaltungsindustrie zugestimmt. Die Einigung dürfte teil symbolischen Charakter haben, denn Grokster gilt mittlerweile als weitgehend mittellos. Sie markiert Groksters endgültigen Abschied aus dem P2P-Lager.

Die überraschende Einigung vom Montag schließt Grokster von jedem kostenlosen Tausch von Musik- oder Videodateien über das Internet aus, auch die Verbreitung der Grokster-Software muss eingestellt werden. Die Firma will noch vor Jahresende einen gebührenbasierten Download-Service anbieten.

Die neue Muttergesellschaft Mashboxx, die seit Wochen mit Grokster über eine Übernahme verhandelte, hat dafür schon einen Lizenzvertrag mit Sony BMG abgeschlossen.

Chef von Mashboxx, das sich auf legalen P2P-Vertrieb spezialisiert hat, ist ausgerechnet Wayne Rosso, der Gründer von Grokster und Ex-CEO von Optisoft ("Blubster"). Mit Mashboxx will Rosso echtes P2P kommerzialisieren: Die Software des Unternehmens, die von Shawn Fannings neuer Firma Snocap entwickelt und an Mashboxx lizenziert wurde, soll es unter anderem ermöglichen, DRM-geschützte Musikdateien über echte P2P-Netze zu verschicken und diese für eine limitierte Anzahl von "Probe-Abspielungen" freizugeben. Erst dann wird der Hörer vor die Kaufentscheidung gestellt. Ziel ist es, die P2P-Plattform als werbliches Mittel einzusetzen und ihre geringen Vertriebskosten zu nutzen.

Das versucht seit rund zwei Wochen auch die ehemalige P2P-Börse iMesh. Als erste echte P2P-Börse stellte sie auf ein auf legalen Musikverkauf zielendes Geschäftsmodell um. Der Schritt wurde von der Branche demonstrativ begrüßt und wird seitdem aufmerksam beobachtet. Bei iMesh dauerte es keine Woche, bis sich die Löchrigkeit der eingesetzten DRM-Filter erwies: Entgegen aller Ankündigungen lassen sich bei iMesh nach wie vor urheberrechtlich geschützte Stücke kostenlos "wegfinden". Das Unternehmen arbeitet fieberhaft an einer Lösung.

Trotz der holprigen und wenig freiwilligen Anfänge gilt das neue Geschäftsmodell, in Lizenz Musikstücke gegen Zahlung zu verbreiten, vielen P2P-Entwicklern als letzte Möglichkeit, auf legalem Web Geld mit ihren Entwicklungen zu verdienen. "Es ist Zeit für einen Neuanfang", hieß es auch in einer Mitteilung von Grokster. Auf der Homepage erklärte das Unternehmen, das bisherige Datentauschprogramm sei illegal und werde nicht mehr angeboten. "Es gibt legale Dienste für das Herunterladen von Musik und Filmen. Grokster ist keiner von ihnen."

Hintergrund der Einigung ist ein Urteil vom Juni. Damals ließ der Oberste Gerichtshof der USA Schadensersatzklagen der Unterhaltungsindustrie gegen Technologie-Anbieter zu. Diese hatten bislang beteuert, dass die Verletzung von Urheberrechten nicht von ihrer Seite initiiert werde, sondern einen Missbrauch ihrer Software durch die Nutzer der P2P-Börsen darstelle. Die P2P-Software selbst habe viele denkbare legale Anwendungsmöglichkeiten.

Zuletzt wollte das Gericht dieser Argumentation nicht mehr folgen und sprach den P2P-Börsen-Entwicklern generell eine Mitschuld an der Verletzung von Urheberrechten und Copyrights durch die P2P-Nutzer zu. Das Urteil betrifft neben Grokster auch die Tauschbörsen Morpheus und KaZaA, die ursprünglich im sogenannten Fasttrack-Netzwerk miteinander verbunden waren.

Mehr lesen über

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten