"Bedrohung" BND entdeckt den Krieg im Web

Künftige Kriege könnten auf dem Internet-Schlachtfeld stattfinden, warnt der Bundesnachrichtendienst. Zu den verwundbarsten Stellen eines Staates gehören Bereiche, die vernetzt oder computerisiert sind - also nahezu alle.

Bonn - Der Bundesnachrichtendienst (BND) weist auf die zunehmende Gefahr der Kriegsführung im Netz hin. Die so genannte "Information Warfare" sei die "neue Bedrohung" für die Staaten weltweit.

Am 2. November veranstaltet der BND mit internationalen Fachleuten, Vertretern der Bundeswehr, der Industrie und Informationstechnik eine Diskussionsrunde darüber, inwieweit Deutschland künftig durch die elektronische Kriegsführung bedroht sein wird.

Die Verwundbarkeit eines Landes nehme mit der zunehmenden Abhängigkeit von computerisierten Informationen und der wachsenden Vernetzung der Computersysteme zu. Bereits letztes Jahr hat sich eine von US-Präsident Bill Clinton eingesetzte Kommission mit der Sicherheit der elektronischen Infrastruktur befasst und im vergangenen Herbst vor den Gefahren der elektronischen Kriegsführung gewarnt. Als Zielscheiben gelten zum Beispiel militärische Einrichtungen, Banken, die Polizei und das Verkehrswesen.

Nach Erkenntnissen des BND werde bereits die Ausbildung von Soldaten mit Hackerfähigkeiten in einigen Ländern "systematisch vorangetrieben". Es gehe bei der Cyber-Kriegsführung auch nicht nur um die Zerstörung der gegnerischen Elektronik, sondern auch um die Manipulation von Daten und Nachrichten des Gegners, stellten BND-Experten fest.

Konflikte zwischen Staaten könnten künftig im Internet ausgetragen werden. Computer, Hacker, Viren und Trojanische Pferde werden, so der BND, in Zukunft zu einem "integralen Bestandteil zwischen- und innerstaatlicher Auseinandersetzungen". Das Fachblatt "Soldat und Technik" spitzt die Bedeutung des Cyber-Terrorismus für Staaten zu: "Die Gefahren sind nicht mehr wie bisher auf Verluste im Kampf begrenzt sind, sondern können innerhalb kurzer Zeit ein modernes Staatsgebilde destabilisieren oder im Extremfall sogar zerstören." Terrorismus-Experte Walter Laqueur sieht das ähnlich: "Warum einen Krieg der herkömmlichen Weise gegen Menschen entfachen, wenn ein Angriff auf die elektronischen Schaltstellen eines Staates viel dramatischere und länger spürbare Ergebnisse bringt?"

Durch "Denial of Service"-Angriffe werden zum Beispiel Zielcomputer mit sinnlosen Anfragen überschwemmt und blockiert. Erwischt hat es Anfang Februar die Computer amerikanischer Internet-Service-Anbieter. Im Gedächtnis ist sicher auch noch der "I love you"-Virus, der sich innerhalb kurzer Zeit um die Computer-Welt gefressen hat.

Einen Schritt weiter sehen die Möglichkeiten folgendermaßen aus: Dem US-Militär gelang es im Kosovo-Krieg, fiktive Flugzeuge in den Zielcomputern der serbischen Flugabwehr unterzubringen. Mit Hilfe von Viren und geheimen Zugangscodes lasse sich die digital gesteuerte Infrastruktur des Gegners attackieren. Die serbischen Raketen trafen ein Ziel, aber durch den elektronischen Trick der Amerikaner war es nur ein Phantom.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren