Digital lesen Die besten Angebote für Comics auf dem Tablet

Digital-Comic: Das Tablet leuchtet im Dunkeln und die Sammlung wiegt nichts
Foto: Heise Zeitschriften VerlagTraditionalisten rümpfen die Nase beim Gedanken, Comics am Bildschirm zu lesen. Doch digitale Ausgaben aus Online-Shops sind oft günstiger als ihre gedruckten Pendants. Zudem entfällt das Platzproblem. Wer auf dem iPad liest, kann sogar sein ganzes Archiv mit in den Urlaub nehmen.
Einige Apps warten mit Komfortfunktionen auf: Anstatt durch die Seiten zu blättern, springt man von Bild zu Bild, das jeweils auf die volle Bildschirmgröße skaliert wird. Einige Apps erlauben das Umkehren der Leserichtung, was bei der Lektüre japanischer Comics (Mangas) hilfreich ist. Und beim Lesen im Dunkeln braucht man keine Leselampe mehr.
Zudem erleichtert der digitale Vertriebsweg den Zugang zu neuen Comics. Einige Verlage veröffentlichen die Digitalausgaben inzwischen vor Erscheinen der Printversion, vereinzelt gibt es sogar schon reine Digitalveröffentlichungen.
1. Ordnung im Formatchaos

Image Comics: Der Verlag bietet Digitalausgaben im CBR- und CBZ-Format
Foto: Heise Zeitschriften VerlagViele Comic-Publisher und -Autoren haben den digitalen Distributionskanal für sich entdeckt. Die schlechte Nachricht ist, dass sich die Verlage bislang auf kein einheitliches Dateiformat verständigt haben.
Apple setzt auch bei Comics auf das mit einem Kopierschutz (DRM) versehene E-Pub-Format, das nur auf Apple-Geräten lesbar ist. Der Distributor comiXology und seine Partner (darunter auch die Verlage Marvel und DC) nutzen eine erweiterte Version des Grafikformates CMX, iVerseMedia und Mad Dog Comics verwenden ebenfalls proprietäre Formate.
Einige Fans haben lange vor Erscheinen des iPad damit begonnen, ihre Hefte einzuscannen. Damals wie heute speichert man auf diesem Weg digitalisierte Hefte in den Comic-Book-Formaten CBZ und CBR, die sich als Quasi-Standard in Tauschbörsen etabliert haben. Auch einige Anbieter wie DriveThruComics oder Image Comics bieten kostenpflichtige Digitalausgaben in diesen DRM-freien Archivformaten an. Dabei handelt es sich um im ZIP- und RAR-Format komprimierte Ordner mit Bilddateien.
2. Comics-Apps der Verlage zum Kaufen und Lesen

Mad Dog Comics: Deutscher Digitalvertrieb mit mehr als 1000 Titeln
Foto: Heise Zeitschriften VerlagDie großen US-Verlage Marvel (unter anderem "Spider-Man", "Iron Man"), DC ("Batman", "Superman"), Image ("The Walking Dead") und Dark Horse ("Hellboy") bieten ihre Kollektionen über eigene Kiosk-Apps für iPhone, iPad und Android an, hier die Übersicht:
Sie sind darüber hinaus auch bei verschiedenen Comic-Distributoren vertreten:
Sowohl in den Verlags- auch in den Kiosk-Apps der Distributoren findet der Leser ein aktuelles Angebot, das aber auch beständig um ältere Titel ergänzt wird. Neue Titel erscheinen meistens mit der Print-Version, einige Digitalausgaben wie DC Comics "Legends of the Dark Knight" oder "Ultimate Spider-Man Infinite" von Marvel sogar schon vorher. Die Preise der fast ausschließlich englischsprachigen Ausgaben liegen meist deutlich unter denen der entsprechenden Printausgaben. Zahlreiche Gratishefte sollen Leser zu den Kaufangeboten führen.
Noch recht bescheiden ist das Angebot deutschsprachiger Comics:
- Der Verlag Egmont Ehapa (Lizenznehmer von Walt Disney) sammelt bereits erste Erfahrungen beim Verkauf digitaler Ausgaben über eigene Kiosk-Apps für das Lustige Taschenbuch (iOS ) und das Micky Maus Magazin (iOS ). Allerdings hinken die Veröffentlichungen der Print-Version jeweils einen Monat hinterher.
- Das deutsche Pendant zu comiXology heißt Mad Dog Comics (iOS , Android , Windows Phone ). Die Comics lassen sich nicht außerhalb der Mad-Dog-Cloud sichern oder weitergeben. Der Bestand umfasst mehr als 1000 Werke, stetig kommen neue hinzu.
3. Einkaufen und auf vielen Plattformen lesen
Bis auf Marvel setzen die großen US-Verlage auf den technischen Unterbau von comiXology. Deshalb unterscheiden sich die Apps in Aussehen und Bedienung kaum voneinander. Sie präsentieren ansprechend Neuerscheinungen, populäre Werke und redaktionell ausgewählte Titel.
Für Einkäufe ist ein kostenloses comiXology -Konto nötig, über das man die erworbenen Inhalte auch auf Android- oder Windows- Tablets herunterladen kann. Einkäufe aus den Apps von DC, Image und Vertigo tauchen automatisch in der App von comiXology auf. Nutzer der Marvel-App müssen die Konten von Verlag und Distributor erst miteinander verknüpfen.
Wie bei comiXology werden Einkäufe auch bei Comics Plus (ab iOS 4.3, kostenlos) und Mad Dog Comics (ab iOS 5.1, kostenlos) über ein Benutzerkonto registriert. Der in die App integrierte Betrachter von Comics Plus bietet bis auf stufenlosen Zoom keine bemerkenswerten Funktionen oder Einstellungsmöglichkeiten. Gewöhnungsbedürftig ist indes, dass sie an den Bildschirmrändern die vorherige und nachfolgende Seite eines Titels einblendet. Mad Dog Comics wartet immerhin mit einer einfachen Panel-zu-Panel-Darstellung auf.
Deutlich weniger komfortabel liest man mit der iBooks-App: Der fehlen sowohl eine Einzelseitendarstellung als auch ein automatischer Zoom auf einzelne Panels. Im Porträt-Modus geht deshalb viel Platz verloren. Immerhin synchronisieren sich Einkäufe und der Lesefortschritt zwischen iBooks am Mac (ab OS X 10.9) und iOS-Geräten über die iCloud.
4. Freie Apps für Comic

Bookman: Reader für Comics im CBR- und CBZ-Format
Foto: Heise Zeitschriften VerlagWer Comics bei Verlagen im CBR- oder CBZ-Format erwirbt oder seine Sammlung selbst digitalisiert, benötigt zum Lesen eine Reader-App.
Verglichen mit den Lese-Apps der Verlage und comiXology kommen Reader für CBR- oder CBZ-Dateien regelrecht spartanisch daher. Sie beschränken sich meist auf eine mehr oder weniger übersichtliche Sortierung der gespeicherten Titel und eine simple Darstellung der in den CBR- oder CBZ-Dateien enthaltenen JPEGs. Unter den vielen Comic-Readern für diese Formate stechen vier heraus:
- Bookman (iOS ), 2,69 Euro: Die App erinnert an das Holzregal älterer iBooks-Versionen. Die Comics kann man umbenennen oder in eigenen Kategorien sammeln
- ComicBookLover (iOS ), CloudReaders (iOS ): Diese Apps listen die gespeicherten Werke zweckmäßig, aber wenig ansprechend auf. Damit man die Übersicht bei großen Sammlungen nicht verliert, lassen sie sich bei CloudReaders mittels Tags organisieren. ComicBookLover sortiert sie wahlweise nach Serien, Publisher oder Genre, sofern das Archivformat auch eine XML-Datei mit diesen Informationen enthält, die man auch innerhalb der App ergänzen kann. CloudReaders lässt sich via W-Lan über den Browser mit neuen Inhalten bestücken, Bookman holt sich Comics auf Wunsch auch aus der Dropbox.
- Comic Zeal (iOS , 4,49 Euro): Dies ist der grafisch ausgereifteste Reader. Importierte Dateien gruppiert er nach Dateinamen in Sammelboxen, die sie mit Titelbildern versieht. Alternativ lassen sich Comics mit Wischgesten in virtuelle Boxen sortieren, für die man jeweils die Leserichtung und das Format festlegen kann. Es gibt eine kostenlose Sync-Anwendung für den Mac. Sie verkleinert die Dateien auf Wunsch während des Exports, um Speicherplatz zu sparen. Von den übrigen Readern hebt sich Comic Zeal aber durch eine andere Funktion ab: Bei Comics, deren Seiten den Bildschirm nicht vollständig nutzen, füllt Comic Zeal den freien Bereich mit einer zur Seite passenden Farbe
Hier einige Apps für die speziellen Formate CBR und CBZ:
- Comicrack (Windows)
- CDisplay (Windows)
- Simple Comic (OSX)
- A Comic Viewer (Android)
5. Fazit - am besten Englisch lesen
Marvel, DC und comiXology bringen klassische Comics nicht nur auf Tablets, sondern setzen dafür auch neue Darstellungsformen um. Derzeit profitieren davon allerdings nur Freunde englischsprachiger Titel. Wohl auch deshalb erlebt der digitale Comic-Markt in den USA derzeit einen Boom und erschließt neue Käuferschichten, während der Markt in Deutschland weiterhin schwächelt.
Wer deutschsprachige Inhalte bevorzugt, muss sich mit einem deutlich kleineren und weniger aktuellen Angebot zufriedengeben. Die einzige ernsthafte Anlaufstelle für deutsche Leser ist der Distributor Mad Dog Comics, dessen App immerhin Bild-zu-Bild-Navigation unterstützt.
Sammler, die sich die Mühe gemacht haben, ihre Schätze zu digitalisieren und im CBR- oder CBZ-Format zu archivieren, oder Comic-Fans, die Wert auf DRM-freie Dateien legen, finden etwa in Comic Zeal oder Bookman hübsche und ausgereifte Reader. Deren Funktionsumfang beschränkt sich im Wesentlichen auf das bildschirmfüllende Darstellen einzelner Seiten, was zum Lesen zwar genügt, das Potential der Tablets aber nicht ausschöpft.
Dieser Text stammt aus Mac & i Ausgabe 1/2014 .