Das US-Techblog "TechCrunch" liegt häufig richtig, wenn es Gerüchte aus der Silicon-Valley-Szene zu Prognosen verdichtet. Nun prophezeien die Fachblogger eine Ankündigung, die das Netz verändern könnte: Angeblich plant Facebook einen eigenen E-Mail-Dienst. Das wäre ein direkter Angriff auf Google.
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg: Kündigt er am Montag eine E-Mail-Dienst an?
Foto: KIMBERLEY WHITE/ AFP
Die Gerüchte über die Facebook-Mail sind nicht ganz neu - bislang aber erwiesen sie sich ein ums andere Mal als Luftblasen. Diesmal aber gibt es Indizien: Facebook-Gründer Mark Zuckerberg persönlich hat für Montag zu einer Präsentationsveranstaltung geladen. Dort, so will "TechCrunch" von nicht genannten Quellen erfahren haben, werde Zuckerberg "Projekt Titan" enthüllen, das bei Facebook intern unter dem Namen "Google-Mail-Killer" geführt werde.
Facebook-Nutzer können schon jetzt aus dem Dienst heraus E-Mails verschicken - allerdings kommen die dann nur in Form einer Aufforderung, sich bei dem Dienst anzumelden, beim Empfänger an. Wenn der Empfänger bereits Mitglied bei Facebook ist und dort die entsprechende E-Mail-Adresse angegeben hat, wird aus der E-Mail automatisch wieder eine Facebook-interne Nachricht.
Ein echter Webmail-Dienst von Facebook müsste deutlich mehr leisten. Er könnte jedoch zu einem sehr ernsten Konkurrenten für Freemail-Dienste wie Google Mail, Yahoo Mail oder Hotmail werden. Denn die weit über 500 Millionen Facebook-Nutzer weltweit haben dem Dienst ohnehin schon sehr viel über ihr soziales Umfeld verraten - zumindest über jene ihrer Freunde und Bekannten, die sich auch online tummeln. Googles Maildienst versucht seit einigen Wochen, mit einem "sortierten Eingang" die permanente Überforderung durch übervolle Posteingangsordner zu reduzieren. Einen ähnlichen Service - sortiere meine Mails nach Wichtigkeit, in Abhängigkeit von der stärke der Verbindung zum Absender - könnte Facebook spielend leicht anbieten.
Zudem verbringen gerade Intensivnutzer ohnehin schon sehr viel Zeit innerhalb der Plattform. Ein funktionierender E-Mail-Dienst, der die Verbindung nach draußen gewährleistet, wäre ein weiterer Grund, Facebook gleich gar nicht mehr zu verlassen. Videos, Fotos, Spiele und anderes findet man dort ohnehin schon - mit "Projekt Titan" könnte Facebook zu einem fast vollwertigen Internet im Internet werden. Nur, dass dort alles dem Willen und den kommerziellen Interessen der Betreiber untergeordnet wäre.
Zu den Gerüchten über den Facebook-Mail-Dienst passt ein Streit, der erst vor wenigen Tagen zwischen Google und den Betreibern des weltgrößten Sozialen Netzwerks entbrannt ist: Es geht um die Frage, ob Nutzer ihre Daten (beispielsweise ihre E-Mail-Adressbücher) aus einem Dienst ex- und in einen anderen importieren dürfen oder nicht. Facebook unterbindet den Datenexport bislang - Google warnt Nutzer davor, ihre Daten aus Google Mail in Richtung Facebook zu exportieren. Google werde anderen Websites grundsätzlich keinen automatischen Zugang mehr zu Kontaktdaten erlauben, bis sie eine ähnliche Funktion anbieten, sagte ein Google-Sprecher am Freitag vergangener Woche. Der Suchmaschinenriese passte seine Nutzungsbedingungen entsprechend an. Angesichts der "Titan"-Gerüchte erscheint dieser Schachzug in einem anderen Licht: Der automatische Import eines Google-Mail-Adressbuches würde den neuen Facebook-E-Mail-Dienst, wenn er denn kommt, für sehr viele Nutzer ungleich attraktiver machen.