Browser-Hersteller Brave fordert die Google-Suche heraus

Der privatsphäreorientierte Browser wollte Google einst mit einem eigenen Werbesystem schlagen – und scheiterte. Nun versucht sich Brave an einer Suchmaschine, mit deutscher Hilfe.
Die Beta-Version der neuen Suchmaschine: Die Grundlagen stammen vom deutschen Verlag Burda

Die Beta-Version der neuen Suchmaschine: Die Grundlagen stammen vom deutschen Verlag Burda

Foto: Brave

Es gibt einen Neuzugang auf dem Suchmaschinenmarkt: Der Browserhersteller Brave hat am Dienstag seine Suchmaschine veröffentlicht. Damit fordert die auf Privatsphäre ausgerichtete US-Firma den Marktführer Google in dessen wichtigstem Geschäftsbereich heraus. Das Versprechen: Die Suchhistorie soll Internetnutzer nicht mehr quer durch das Internet verfolgen. Suchanfragen aller Art werden sonst in Werbeprofilen gespeichert: Wer beispielsweise bei Google nach Turnschuhen einer bestimmten Marke sucht, kann daraufhin auf zahlreichen anderen Websites Werbung für diese Schuhe angezeigt bekommen.

Im Gegensatz zu anderen alternativen Suchmaschinen wie Startpage leitet die neue Suchmaschine Brave Search die Suchanfragen nicht allein an Google weiter und anonymisiert sie dabei, sondern baut auf einem eigenen Index von circa neun Milliarden erfassten Websites auf. Dieser stammt ursprünglich aus Deutschland: Erst im März hatte Brave das Suchmaschinen-Start-up Tailcat vom deutschen Burda-Konzern übernommen. Um ganz sicherzugehen, mischt der Neuling den eigenen Suchergebnissen in einigen Fällen aber auch Resultate der Branchenschwergewichte Google und Bing bei. Diese werden allerdings anonymisiert abgerufen, sodass sie keinem konkreten Nutzer mehr zugeordnet werden können, versichert Brave.

Google als Vorbild

Die Suchmaschine ist einerseits eine Kampfansage an den Marktführer Google. Gleichzeitig hat sich Brave den Konkurrenten auch deutlich zum Vorbild genommen. Neben den reinen Suchergebnissen dominieren Faktenboxen das Bild. Wer nach einem Hotel in Lissabon sucht, bekommt ganz oben eine Kartenansicht der buchbaren Hotels gezeigt. Die Ergebnisse stammen von anderen Portalen wie HRS und Booking, werden von Brave aber in einer eigenen Kartenansicht vereint.

Auch sonst erinnert Brave Search an die Standards, die man von Google gewohnt ist. Ein Tippfehler wie »Fraz Beckenbauer« wird routiniert korrigiert. Neben aktuellen Nachrichten und sonstigen Suchergebnissen zu Beckenbauer findet sich eine Infobox, in der nicht nur ein Wikipedia-Eintrag über ihn zusammengefasst ist, sondern sogar seine Diskografie verlinkt ist. Auch die Suche nach lokalen Coronaregeln zeigt zuverlässig offizielle Infoseiten und aktuelle Meldungen aus der Lokalpresse auf den oberen Plätzen. Damit sieht Brave Search deutlich mehr nach Google aus, als die ebenfalls datensparsame Suchmaschine DuckDuckGo.

Völlig auf Nutzerdaten verzichtet Brave nicht: So versucht die Suchmaschine anhand der IP-Adresse den ungefähren Standort eines Nutzers zu bestimmen und liefert auf Wunsch lokale Suchergebnisse aus. Diese Informationen sollen aber nicht in ausgiebigen Werbeprofilen abgespeichert werden. »Es ist unmöglich für uns, Nutzerdaten zu teilen, zu verkaufen oder zu verlieren, weil wir sie überhaupt nicht erfassen«, verspricht Brave auf einer Hilfe-Seite .

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Der Start der Suchmaschine markiert einen Neustart für den Browser-Entwickler. Eigentlich hatte Brave eine Revolution der Onlinewerbung versprochen: Mit einem komplett neuen Werbesystem und einer darauf basierenden Kryptowährung wollte Gründer Brendan Eich eine Alternative zu dem heutigen System der personalisierten Werbung anbieten und zudem die Nutzer für das Anschauen von Werbung bezahlen.

Auf der einen Seite war das Geschäftsmodell ein klarer Misserfolg: Mit der datensparsamen Werbung stieß der Newcomer sowohl bei Verlegern wie auch bei den großen Werbetreibenden selbst auf Granit. Um die Werbung angezeigt zu bekommen, müssen Nutzer die Option gezielt aktivieren. Wer das tut, bekommt aber eher keine Werbung von Markenartiklern wie Coca-Cola oder Mercedes-Benz, sondern einen steten Strom von Werbungen für Kryptodienstleister aller Art. Dementsprechend niedrig sind die Erträge, die an Nutzer ausgezahlt werden: Ohne Sonderausschüttungen bewegen die sich im Centbereich.

Finanziell war die Strategie dennoch erfolgreich: Mit den Millionen der Kryptoinvestoren trieb das Unternehmen die Entwicklung des eigenen Browsers voran und steigerte die Zahl der Nutzer auf aktuell 32 Millionen. Diese versucht Brave nun auf andere Weise zu monetarisieren – etwa über einen zahlungspflichtigen VPN-Service .

Auch Brave Search soll zum Umsatzbringer werden. Die Suchmaschinenwerbung bietet einen interessanten Kompromiss aus Privatsphäre und Zielgerichtetheit. Ein Turnschuhhersteller kann immer noch neben den Suchergebnissen werben, aber nicht auf den Websites, die der Nutzer später aufsucht.

Google hat die eigene Suchmaschine im vergangenen Jahrzehnt zur Gelddruckmaschine entwickelt, von der auch zahlreiche andere Unternehmen profitierten. Zum Beispiel hat sich die Mozilla Foundation über mehr als ein Jahrzehnt vorwiegend von den Provisionen finanziert, die Google für die Einbindung der eigenen Suche in den Open-Source-Browser bezahlte. Doch seit Google mit seinem Browser Chrome immer mehr Marktanteile erobert, sanken auch die Auszahlungen.

Für den Fall, dass Brave die eigenen Suchmaschinenanzeigen nicht genug Firmen schmackhaft machen kann, hat Brendan Eich schon einen Reserveplan parat: Er kündigte bereits eine kostenpflichtige Version von Brave Search an, die auch komplett werbefrei sein soll. Neben der Werbung macht Brave damit auch die Werbefreiheit zum Geschäftsmodell.

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