

Corona-App Ein Neuland-Trauerspiel mit vorläufigem Happy End

Liebe Leserin, lieber Leser,
nach einem Expertenstreit über die Entwicklung einer Corona-App ist die Regierung auf ein dezentrales Modell umgeschwenkt. Ein Erfolg für Datenschützer - und für Apple. Der Konzern stritt wohl hinter den Kulissen mit der Regierung.
In der IT-Sicherheitsforschung ist es ein wenig wie in der Virologie: Sie werden nie einen Experten finden, der Ihnen sagt, mit welcher App Sie unter allen Umständen 100 Prozent sicher sind. Genauso werden Sie nie einen seriösen Virologen treffen, der Ihnen im Angesicht einer grassierenden Pandemie garantiert, wie sie in allen Lebenslagen mit absoluter Sicherheit gesund bleiben.
Die Gemengelage für die Entwicklung einer Anti-Corona-App ist also durchaus kompliziert. Doch wie die Bundesregierung und Gesundheitsminister Spahn bei dem Thema in den letzten Wochen agiert haben, war trotzdem unglücklich. Als Beweis dafür, dass Deutschland die Zeiten, in denen das Internet Neuland ist, schon verlassen hat, taugt die Debatte über die App jedenfalls nicht.
Lange schien es so, als würde die Regierung auf eine Lösung mit zentralem Server setzen. Selbst dann noch, als Datenschützer und IT-Sicherheitsexperten Bedenken anmeldeten, dass eine dezentrale Alternative sicherer und besser wäre. Am Wochenende kam die Kehrtwende: Die Regierung unterstützt nun ein dezentrales System. (Mehr zum Unterschied der beiden Systeme und der Debatte in der Wissenschaft lesen Sie hier.)
Dass sich Jens Spahn nun für die dezentrale Variante ausspricht, spricht für ihn. Es passt zu seinem Eingeständnis, dass der Politik in der sich so schnell wandelnden Coronakrise auch Fehler passieren . Und es könnte auch zu der Situation passen, dass Politik gerade zunehmend auf Wissenschaftler und Experten angewiesen ist.
Es ist aber unklar, ob die inhaltliche Kritik der Datenschützer wirklich für den Kursschwenk der Bundesregierung verantwortlich ist. In den Tagesthemen sagte Spahn mit Verweis auf die Debatte unter Forschern und Datenschützern: "Der Streit hatte die Gefahr, dass Akzeptanz verloren geht." Ging es also nur darum, Vertrauen zu gewinnen - oder waren Datenschutz und IT-Sicherheit selbst der Grund?
Noch wenige Tage zuvor sprach Spahn jedenfalls im Gesundheitsausschuss davon, dass es müßig sei, über die Frage zentral oder dezentral zu diskutieren. Das berichten Teilnehmer der Sitzung. So bleibt die Vermutung, dass für den Sinneswandel der Regierung ein ganz anderer Grund maßgeblich war: Ein seit einigen Wochen hinter den Kulissen tobender Streit zwischen Apple und Bundesregierung. Ob diese Auseinandersetzung ausschlaggebend war, ließ der Regierungssprecher am heutigen Montag auf der Bundespressekonferenz trotz mehrerer Nachfragen offen.
Bisher funktionierte das zentrale Tracingsystem auf iPhones App-System überhaupt nicht, da das iPhone-Betriebssystem Bluetooth-Verbindungen im Hintergrund nicht dauerhaft erlaubt. Auf Nachfrage von Journalisten betonten Vertreter von Apple und Google zwar, mit Regierungen und Gesundheitsbehörden bei der Entwicklung von passenden App-Lösungen für die jeweiligen Länder "zusammenzuarbeiten und im Gespräch zu sein". Für ein zentrales System allerdings hat Apple schlicht sein Betriebssystem bisher nicht geöffnet. Die erfolgreiche Entwicklung von digitalen Werkzeuge gegen die Pandemie wollen Apple und Google (langjähriges Firmenmotto: "Don't be evil") dann offenbar doch lieber selbst übernehmen und nicht den Regierungen allein überlassen.
Wann eine deutsche Tracing-App zur Kontaktnachverfolgung in den App-Stores stehen wird, ist indes weiterhin unklar. Zuletzt war von einer Veröffentlichung im Mai die Rede. In einem Interview mit der "ARD" betonte Spahn nun in Hinblick auf einen Veröffentlichungstermin, dass eine App-Entwicklung oft ja auch ein, zwei Wochen länger dauern könne. Bleibt also genug Zeit, um eine Tracing-App zum Erfolg zu bringen und Vertrauen in Sachen Datenschutz zu gewinnen.
Seltsame Digitalwelt: "Der Herr der Ringe" rettet Altcomputer
Eine Anekdote von Matthias Kremp

Apple-Manager Phil Schiller bei der Präsentation des optischen Vorgängers meines iMacs, im August 2004
Foto: MICHEL EULER/ ASSOCIATED PRESSVor ein paar Jahren habe ich einen alten iMac, Baujahr 2007, vor dem Schrottplatz gerettet. Freunde wollten ihn entsorgen, weil er unerträglich langsam geworden war und sie sowieso auf ein Notebook umsteigen wollten. Im Bastelkeller zeigte sich, dass es dem alten Rechner eigentlich gut ging, nur die Festplatte war defekt. So kam ich in den zweifelhaften Genuss, den auf Platzersparnis optimierten Computer zerlegen und eine neue Platte einbauen zu dürfen. Danach war alles gut, zumindest für ein paar Jahre. Doch Updates gibt es für den alten Mac schon lange nicht mehr, bei Mac OS X 10.6.8 v1.1 war für ihn Schluss - das war vor neun Jahren.
Weil mir das dann doch irgendwann zu alt erschien, löschte ich die Festplatte und stellte den iMac bereit, um ihn auf die nächste Tour zum Recyclinghof mitzunehmen. Dort wäre er auch gelandet, hätte meine Tochter nicht plötzlich den Film "Der Herr der Ringe" sehen wollen, der seit Langem auf DVD im Keller schlummert. Bloß haben unsere Notebooks längst keine DVD-Laufwerke mehr und, auch der Blu-ray-Player hat längst das Zeitliche gesegnet. Da fiel mit der alte iMac ein, der noch so ein Laufwerk hatte. Und so kann der technisch vollkommen veraltete Apple-Computer nun immerhin noch als Behelfsfernseher für DVDs dienen und - zumindest fürs Erste - wieder einmal der Schrottpresse entkommen.
App der Woche: "Rebel Cops"
getestet von Tobias Kirchner

Für Fans rundenbasierter Strategiespiele gibt es ein neues Highlight. "Rebel Cops" ist ein taktisches Spiel, das in einer realistischen Umgebung spielt. Vom Gameplay her erinnert es aber an die Abwehr übernatürlichen Lebens in den X-Com-Spielen. Hinter dem Spiel stecken die Macher von "This is the Police", die damit bereits bewiesen haben, dass sie ein Händchen für stimmungsvolle Polizeiabenteuer und erwachsene Geschichten haben.
Interessante Charaktere und eine spannende Geschichte gibt es auch bei "Rebel Cops". Im Vordergrund stehen allerdings die taktischen Überlegungen. Wie beim Schach müssen die Figuren klug und geplant über das Spielfeld bewegt werden. Dabei bietet es Tiefgang und ist nicht unbedingt etwas für eine schnelle Runde zwischendurch. Mit "Rebel Cops" bekommt man eher ein anspruchsvolles Taktikspiel, das viele Stunden begeistert.
Für 7,99 Euro, von HandyGames: iOS , Android
Fremdlinks: Drei Tipps aus anderen Medien
"USGS Releases First-Ever Comprehensive Geologic Map of the Moon ", (Englisch, beliebig viele Beschäftigungsminuten): Aus Reisen, insbesondere Fernreisen, wird ja vorläufig nichts. Warum also nicht mal einen Bildungstrip zu einem ganz, ganz, ganz fernen Ziel planen? Das Kartenmaterial dafür gibt es jetzt beim USGS, dem United States Geological Survey. Dessen Wissenschaftler haben die bisher umfangreichste und detaillierteste geologische Karte des Mondes erstellt. Anschauen kann man sich die im Video oder als PDF. Aber Vorsicht: Der Download ist über 700 Megabyte groß.
"One of the Apple Watch’s original designers tweeted a behind-the-scenes look at its development " (Englisch, drei Minuten Lesezeit): Vor fünf Jahren kam Apples Smartwatch auf den Markt. Einer der Designer von damals hat nun auf Twitter Bilder und Anekdoten aus dem Entwicklungsprozess geteilt, darunter frühe Konzeptzeichnungen und ein Prototyp auf Basis eines iPod nano.
"How Space Tries to Kill You and Make You Ugly " (Englisch, 20 Minuten Lesezeit): Nach der Lektüre dieses Buchauszugs dürfte den meisten Lesern die Lust an Weltraumabenteuern vergangen sein. Ausführlich wird erklärt, wie sehr Nebenerscheinungen der Raumfahrt - wie kosmische Strahlung, Schwerelosigkeit und andere Dinge - solchen Projekten und den daran Beteiligten zusetzen.
Eine schöne Woche und gute Gesundheit
Ihr Max Hoppenstedt

Verlagsangebot: SPIEGEL AKADEMIE
Hochschulkurs mit Zertifikat - Cyber Security
Sichern Sie das Internet der Dinge vor Cyberattacken! Erfahren Sie hier mehr.