Falschmeldungen zum Coronavirus So machen Sie einen Faktencheck

Falschmeldungen werden gezielt über soziale Netzwerke und Messenger verbreitet
Foto: Chandan Khanna / AFPEine der frühen gesicherten Erkenntnisse über Sars-CoV-2 lautet: Gezielt verbreitete Falschmeldungen über das Virus selbst oder über die Versorgungslage der Bevölkerung können problematische bis gefährliche Konsequenzen haben. Solche Falschmeldungen werden zum Beispiel auf WhatsApp geteilt oder Nutzern auf Facebook zugeschickt. Deshalb veröffentlicht der SPIEGEL an dieser Stelle eine Liste mit Tipps zur Überprüfung von Quellen und Nachrichten. Sie funktioniert bei Gerüchten rund um das Coronavirus genauso wie bei anderen Themen.
Wichtig ist: Diese Tipps sind eine Art Checkliste mit vielen Fragen. Nicht immer werden Sie auf alles eindeutige Antworten finden. Aber am Ende können Sie bilanzieren: Bleiben Zweifel am Wahrheitsgehalt von dem, was sie eben gelesen haben? Dann verzichten Sie darauf, die Nachricht oder den Link weiterzuverbreiten - und weisen Sie den Absender auf Ihre Zweifel hin.
Woher kommt die Nachricht? Haben Sie ein YouTube-Video gesehen, das Sie nicht einschätzen können? Schauen Sie zunächst, wem der YouTube-Kanal gehört: Demjenigen, der im Video zu sehen ist? Oder jemandem, der mit dieser Person gar nichts zu tun hat? Was für Videos verbreitet der Kanal noch so? Wenn es da um "die satanische Blutslinie" oder um Computerchips geht, die uns das US-Militär angeblich einsetzen will, um uns vor dem Coronavirus zu schützen, spricht das nicht für eine seriöse Quelle.
Oder haben Sie eine WhatsApp-Nachricht bekommen, in Textform oder als Sprachnachricht? Dann fragen Sie, woher der Absender sie bekommen hat. WhatsApp-Falschmeldungen haben häufig einen Kettenbrief-Charakter. Wenn Sie niemanden kennen, der beispielsweise "Elisabeth, die Mama von Poldi" persönlich kennt, werden Sie den Ursprung der Nachricht nicht finden können.
Oder geht es um einen Link auf Facebook oder Twitter? Schauen Sie sich das Profil an: Wer hat den Link verbreitet, was verbreitet er oder sie oder sie sonst so, welche Qualifikation hat er oder sie auf dem jeweiligen Gebiet? Auch die Zahl der Follower, die Nennung oder eben Nichtnennung des vollen Namens oder das Profilbild können Aufschluss über die Vertrauenswürdigkeit geben.
Was ist der Kern der Botschaft? Insbesondere erfundene oder verfälschte Sprachnachrichten, die über WhatsApp oder Telegram verbreitet werden, machen sich häufig mehrere Mechanismen zunutze, die natürliche Bestandteile des Mediums sind: Da reden oder schreiben vermeintlich ganz normale Menschen, die Ansprache ist locker bis emotional und sprachliche Unschärfen ("irgendwie", "ein bisschen", "so ungefähr") fallen kaum auf. Versuchen Sie, solche Nachrichten auf den harten Kern zu reduzieren: Wer berichtet von wo, wann ist etwas angeblich passiert und was genau war das? Bei den meisten Falschnachrichten erfahren Sie das nicht oder allenfalls zum Teil – gerade so, dass es sich nicht oder nur mit großem Aufwand überprüfen lässt.
Das gilt auch für Textnachrichten. Wenn dort etwa steht "Ein italienischer Arzt, der am Krankenhaus von Shenzhen in China arbeitete", dann haben Sie keine Informationen bekommen, um den Mann zu identifizieren. Shenzen hat 12,5 Millionen Einwohner und dementsprechend viele Krankenhäuser. Solche Angaben hören sich im ersten Moment an, als würde der Absender auf Genauigkeit achten. Aber das ist mitunter eine falsche Fährte.
Finden Sie die Information auch bei einer zweiten vertrauenswürdigen Quelle? Kopieren Sie einen prägnanten Satz aus der Nachricht in eine Suchmaschine. Manchmal stoßen Sie so direkt auf einen kompletten Faktencheck zu dem speziellen Fall, sei es beim SPIEGEL, bei Correctiv.org , dem Faktenfinder der Tagesschau oder auf mimikama.at . Finden Sie hingegen keine (für Sie vertrauenswürdige) Seite, die das Thema so aufgreift wie in der Nachricht beschrieben, könnten erste Zweifel angebracht sein.
Was könnte die Absicht hinter einer Botschaft sein? Falschnachrichten sollen häufig negative Emotionen und Stimmungen verstärken, zum Beispiel Angst oder Panik. Überlegen Sie, bevor Sie eine Nachricht weiterleiten oder -empfehlen, was das dem Empfänger bringen würde: Erfährt er gesicherte Fakten oder transportieren Sie nur Emotionen weiter?
Und wie wahrscheinlich ist es, dass ein Arzt oder Forscher die aktuelle Daten- und Studienlage als einziger korrekt interpretiert und das Gegenteil von dem behauptet, was die etablierten Institute öffentlich mitteilen? Stellt sich so jemand möglicherweise gegen den aktuellen wissenschaftlichen Konsens, weil er Aufmerksamkeit will?
Am 31. Dezember 2019 wandte sich China erstmals an die Weltgesundheitsorganisation (WHO). In der Millionenstadt Wuhan häuften sich Fälle einer rätselhaften Lungenentzündung. Mittlerweile sind mehr als 180 Millionen Menschen weltweit nachweislich erkrankt, die Situation ändert sich von Tag zu Tag. Auf dieser Seite finden Sie einen Überblick über alle SPIEGEL-Artikel zum Thema.
Diese Liste ist keineswegs abschließend. Es gibt Falschnachrichten, die man vergleichsweise mühevoll untersuchen muss, um sie als solche zu erkennen. Dafür braucht man mehr als den obigen Fragenkatalog. Aber die vier Grundfragen helfen, kurz darüber nachzudenken, ob es wirklich sinnvoll ist, eine Nachricht unkommentiert weiterzuverbreiten. Und damit wäre schon viel gewonnen.