
Google Books: So funktioniert Googles Digital-Buchhandlung
Digital-Buchhandlung Google kopiert das Kindle-Prinzip
Die Idee ist großartig: Man kauft sich ein E-Book, liest am Computer im Büro die Einleitung, steigt in die U-Bahn und liest dort auf dem Mobiltelefon gleich im nächsten Kapitel weiter und dann zu Hause mit einem anderen Lesegerät an der Stelle, bei der man eben aus der U-Bahn steigen musste. So funktioniert Amazons Digitalbuch-Angebot seit langem - abgesehen vom Kindle-Lesegerät ermöglichen die Amazon-Anwendungen es, ein Kindle-Digitalbuch mit jedem PC, Mac, Android- und iOS-Telefon oder -Tablet zu lesen.
Nun eifert Google diesem Vorbild nach. Der bisher vornehmlich für US-Kunden (und nur mit Einschränkungen auch für deutsche Nutzer) geöffnete Google-Digitalbuchladen lässt sich dank spezieller Anwendungen auf iPhones und iPads und natürlich auch allen Geräten mit dem Android-Betriebssystem nutzen. Und eines hat Google Amazon voraus: Jedes Werk aus Googles Digitalbuch-Angebot lässt sich im Webbrowser online lesen.
So ähnlich die Angebote von Amazon und Google klingen, so unterschiedlich sind sie im Detail: Bei Amazon funktioniert die Synchronisation der unterschiedlichen Lesegeräte perfekt, die von Amazon vertriebenen Kindle-Lesegeräte eingeschlossen. Beim Google-Buchladen lassen sich viele Titel auch als PDF oder ePub für Lesegeräte anderer Hersteller herunterladen, manche nur für bestimmte Lesegeräte, die den Adobe-Kopierschutz unterstützen (darüber entscheiden die Verlage). Bei solchen aus dem Google-Buchladen gezogenen Kopien wird die Seitensynchronisierung nicht funktionieren - da ist Amazons Kindle als geschlossenes Komplettangebot aus Hard- und Software komfortabler.
Google-Leser können Textpassagen nicht markieren
Google hat das Leseerlebnis im Browser beeindruckend umgesetzt: Die schlichte, weiße Oberfläche lenkt nicht vom Text ab, die wesentlichen Informationen und Bedienelemente (Seitenzahl, Inhaltsverzeichnis, Volltextsuche) sind aber im Blick. Man kann auch im Browser mit den Pfeiltasten blättern. Ärgerlich ist, dass eine Notizfunktion fehlt. Man kann Textpassagen weder markieren noch Anmerkungen hinzufügen. Die Notiz- und Markierfunktion ist bei Amazons Kindle mangels Touchscreen und Online-Datenabgleich zwar recht mühsam, aber immerhin kann man überhaupt Passagen hervorhoben oder Gedanken zu bestimmten Textstellen niederschrieben.
Google verzichtet darauf komplett, obwohl man mit einer gut gestalteten Notizfunktion wunderbar die Kernthesen eines Buchs in einem Dokument zusammenfassen könnte. Solche Notizen ließen sich mit digitalen Notizbuchdiensten synchronisieren oder irgendwo über eine Web-Oberfläche (und sei es auch nur bei Googles Onlinedienst Texte & Tabellen) abrufen - im Jahr 2010 eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
Google unterbietet Amazons Bestseller-Preise
Vielleicht ist die fehlende Funktionsvielfalt des Google-Leseangebots aber den Verlagen anzulasten, die bei Markier- und Kopiermöglichkeiten einzelner Passagen gleich ein Einfallstor für Urhebrechtsverletzungen sehen. Als Nutzer in Deutschland spürt man die Schranken des Urheberrechts sehr schnell in Googles Leseecke: Das Angebot von Bestsellern aus der aktuellen "New York Times"-Liste sieht man gar nicht auf deutschen Rechnern, ruft man das Angebot über einen Proxy-Server in den Vereinigten Staaten auf (ein Proxy ist ein zwischengeschalteter Rechner, der Google den Eindruck vermittelt, die Anfrage komme von einem US-Rechner) zeigt sich, wie vielfältig das Google-Angebot wirklich ist.
Google spricht von 200.000 aktuellen Titeln und 2,8 Millionen Werken, bei denen das Urheberrecht abgelaufen ist (diese Titel kann man auch in Deutschland sehen, lesen und herunterladen). Bei den US-Preisen für aktuelle Bestseller unterbietet Google den Konkurrenten Amazon bei einigen der derzeit meistverkauften Titel deutlich:
- James Pattersons Thriller "Cross Fire" kostet als Google-Digitalbuch 12,99 US-Dollar, als Kindle-Download 18,60 US-Dollar
- George W. Bushs Erinnerungen "Decision Points" verkauft Google für 9,99 US-Dollar, Amazon will für die Kindle-Ausgabe 24,30 US-Dollar haben
- Jonathan Franzens Bestseller "Freedom" kostet bei Google 12,99 und bei Amazon als Kindle-Download 13,79 US-Dollar
Repräsentativ sind die Preisunterschiede wahrscheinlich nicht, laut "Wired" legen die meisten Verlage beim Google-Angebot die Preise selbst fest - es ist nicht zu erwarten, dass sie einen massiven Preiskampf anzetteln.
In Deutschland ist Googles Bezahl-Leseecke unbrauchbar
Für deutsche Nutzer ist das Google-Kaufangebot selbst mit einem US-Proxy unbenutzbar: Bei der Zahlungsabwicklung weigert sich Google, Geld von deutschen Kreditkarten abzubuchen und selbst die Probe-Kapitel von US-Verkaufstiteln, die man einmal seinem Google-Konto hinzugefügt hat, sind dann zum Beispiel in der Google-Leseecke fürs iPhone nicht abrufbar.
Eine Fehlermeldung weist beim Versuch, so einen Probe-Download zu lesen auf Urheberrechtsprobleme hin. Da ist Amazon erheblich weiter, der US-Konzern verkauft den Großteil seiner etwa 750.000 englischsprachigen Digital-Titel auch an deutsche Kunden. Google will sein Digitalbuch-Angebot erst 2011 auch auf andere Märkte erweitern. Vielleicht kann man bis dahin in Googles Digitalbüchern auch Textpassagen markieren.
Die Funktion gibt es in Papierausgaben seit einigen Jahrhunderten.