
Donald Trump und soziale Medien Der perfekte Zeitpunkt für das Ende der Extrawurst


Donald Trump auf großer Leinwand
Foto: Shannon Stapleton / REUTERSDonald Trump arbeitet hart daran, seine Social-Media-Konten noch vor Amtszeitende endgültig loszuwerden. Twitter hat es als Erstes gewagt und dem Nochpräsidenten seine Lieblingsplattform entzogen. Würden Facebook, YouTube, Twitch, Snapchat und TikTok folgen und sich dazu durchringen, Trump endgültig und für alle Zeit zu sperren, wäre das eine vertretbare, manche sagen : überfällige Entscheidung. Ohne weitergehende, grundlegende Veränderungen wäre es aber auch eine ziemlich sinnlose.
Weder rückblickend, noch für die Zukunft wäre diese Markierung einer roten Linie für sich genommen hilfreich, im Gegenteil. Trumps Benehmen in dieser Woche unterscheidet sich kein bisschen von dem der vergangenen vier Jahre (plus Wahlkampf). Seine elektronischen Lautsprecher jetzt auszuschalten, macht nicht wett, was die Social-Media-Unternehmen ihm alles haben durchgehen lassen.
Als generelle Messlatte für den nächsten Hetzer-in-chief würde eine endgültige Sperre zu diesem Zeitpunkt auch nicht taugen. Die Unschärfe wäre einfach absurd: Es ist einem Staatsoberhaupt oder Politiker erlaubt, mehr oder weniger unverhohlen zum Aufstand aufzurufen, außer er findet dann tatsächlich statt? Muss es außerdem das Kapitol in Washington, D.C. sein, das gestürmt wird, also ein Super-WAU, der westlichste anzunehmende Unfall? Dürfen Mitglieder von Indiens Regierungspartei BJP hingegen auf Facebook zum Mord an Einwanderern aufrufen und die rote Linie in dem für Facebook wichtigen Wachstumsmarkt ist erst erreicht, wenn US-Zeitungen darüber berichten?
Die Sonderrechte für Politiker sind ein Irrweg
Die dauerhafte Aussperrung Trumps brächte nur dann etwas, wenn sie mit dem Eingeständnis einherginge, dass die Ausnahmerechte für führende Politiker, verliehen durch Twitter, Facebook und Co., ein Irrweg waren und in Zukunft unterbleiben.
Die Begründung für das lasche Vorgehen gegen Trump und andere lautete stets: Was ein Staatsoberhaupt oder führender Politiker sagt, ist zunächst immer von öffentlichem Interesse und hilft bei der politischen Meinungsbildung. Dass insbesondere persönliche Accounts wie Trumps Twitterkonto einzigartige Einblicke in die Denkweise und Haltung des mächtigsten Mannes der Welt bieten, ist auch nicht von der Hand zu weisen.
Allerdings sollte mittlerweile jedem klar sein, dass mit diesem Argument ausnahmslos schädliche oder potenziell schädliche Äußerungen mit Freibriefen versehen werden. Die Sonderregeln werden naturgemäß niemals angewandt, damit ein Politiker etwas verbreiten kann, das so intelligent oder warmherzig ist, dass es bei anderen Nutzerinnen und Nutzern gelöscht würde.
Symbolischer als der von Trump herbeigeredete und später gelobte Sturm aufs Kapitol wird es nicht mehr. Deshalb wäre jetzt der perfekte Zeitpunkt für die Betreiber aller sozialen Netzwerke, das Ende der Extrawurst auszurufen. Dann dürften auch Staatschefs keine Inhalte mehr verbreiten, die gegen die Nutzungsbestimmungen der Plattformen verstoßen. Das stringent durchzusetzen, wäre die nächste große Herausforderung für die Anbieter.