E-Garten Würstchen, Weißbier, WWW
Zugegeben, nach ein paar Bier wissen viele Menschen ihre E-Mail-Adresse nicht mehr. Manche haben gar keine. Alle anderen jedoch sollten künftig einen tragbaren Computer einpacken, wenn sie in München durch den Englischen Garten spazieren. So stellt es sich zumindest der Förderkreis der Informations- und Medien-Wirtschaft München e.V. (FIMW) vor. Wenn sie dann im "Seehaus" oder am "Chinesischen Turm" eine Pause einlegen, sollen sie ihren Laptop oder Palm-Computer auf den Tisch stellen und im Internet surfen.
Und das geht wirklich. Nach dem Vorbild internationaler Flughäfen und großer Business-Hotels haben die Münchner Wirtschaftslobbyisten zwischen den Bierbänken ein Wireless Lan installiert - ein Netzwerk ohne Kabel, das im Mikrowellenbereich funkt. Wer eine entsprechende Karte im Computer stecken hat, kann sich ohne größere Probleme bei E-Garten.Net ("Mein Anschluss im Grünen") einklinken.
Wer drin ist, darf sofort Teil einer Gemeinschaft sein. Die "Internet-Biergarten-Community" kostet keinen Cent, dafür gibt es Infos über München, Online-Spiele und einen Chatraum, in dem man sich mit seinem Tischnachbarn per Computer unterhalten kann, ohne die Brezen aus dem Mund zu nehmen. Natürlich lassen sich auch die Preise für Grill-Hähnchen, Obatzda und Kartoffelsalat online checken. Dann weiß man wenigstens, ob sich die hundert Meter bis zur Grillbude lohnen.
Reinhard Wieczorek, Münchens Referent für Arbeit und Wirtschaft, ist zumindest richtig begeistert. Er weiß nämlich: "Der Großraum München wird auch als deutsches Silicon Valley bezeichnet." Mit den vernetzten Biergärten, jubelt er, kann man dort endlich "datentechnisch ständig erreichbar sein". Die Zukunft der mobilen Kommunikation, sie beginnt also zwischen Maßkrügen und Brezenresten.
Rubbel dich ins W-Lan
In den Kassen der Biergärten gibt es außerdem Rubbelkarten mit Zugangscodes für das Internet. Wer im Biertisch-Chat keinen Anschluss findet, kann sich mit der nächsten Maß noch schnell eine Stunde Online-Zugang kaufen und wenigstens E-Mails checken, illegale Musikkopien herunterladen oder Web-Cams in anderen Ländern beobachten. Früher musste man dafür zu Hause bleiben.
Und genau das ist der Punkt, denn die Initiatoren des vernetzten Biergartens haben große Pläne. Sie sind sich sicher: Die mobile Generation lebt. Touristen, Studenten und Manager warten offensichtlich darauf, sich endlich im Biergarten Stadtpläne auf den Palm holen zu können, Hausarbeiten im Netz zu suchen oder Meetings per Videokonferenz abhalten zu können. Genau: Laptop und Lederhose.
Letztendlich geht es um die Vernetzung von öffentlichen Räumen in München, etwa Museen, Touristenattraktionen oder Schwimmbädern. Wer diese Netze kontrolliert, kann über Werbung und kostenpflichtige Dienste eine Menge Geld verdienen. Vorausgesetzt, jemand nutzt solche Angebote.
Denn noch funkt der Internet-Garten als Pilotprojekt, die vernetzten Biertrinker dienen als Testpersonen. Im Oktober, wenn es zu kalt sein wird, um draußen online zu gehen, sollen die protokollierten Nutzerdaten ausgewertet werden. Dann wollen die Betreiber entscheiden, ob sie weitermachen.
Genau darauf hoffen werden sicherlich die Vorreiter der mobilen Generation. Je mehr offen zugängliche Funknetze es gibt, desto einfacher wird es für Hacker, sich in fremde Computer einzuklinken. Zwar betonen die Biergartenvernetzer, dass sie alle möglichen Sicherheitsmaßnahmen getroffen hätten. Das Problem könnten aber die surfbegeisterten Gäste selbst sein. Denn wer sich mit seinem Computer in ein Netzwerk einklinkt, öffnet ihn je nach Konfiguration für alle anderen Netzbenutzer. Und mal ehrlich: Hat es sie nicht immer schon interessiert, was der Typ vom Nachbartisch eigentlich auf der Festplatte hat?