EU-Kommissar Erkki Liikanen warnt vor Hackern und Spionen und mahnt Europas Unternehmen zu Sicherheitsmaßnahmen. Und damit ihn auch niemand missversteht, wen er hier im Auge hat, nennt er das Kind beim Namen: "Echelon", das amerikanische Schnüffelsystem.
Brüssel - Die EU-Kommission mag mit ihrem Vorfühlen in Sachen "Echelon" in den USA abgeprallt sein, doch ihre Bemühungen, gegen die Observierung durch Verbündete vorzugehen, gibt sie nicht auf. Erneut warnte EU-Kommissar Erkki Liikanen vor Hacker-Angriffen und Spionage aus dem Internet und schlug Maßnahmen zur Gegenwehr vor. In europäischen Firmen sei das Bewusstsein für
Industrie-Spionage im weltweiten Datennetz noch unterentwickelt,
meinte der für Unternehmen und Informationsgesellschaft zuständige
Kommissar in Brüssel am Mittwoch.
Das ist keine diffuse Warnung vor einer nicht näher bekannten Bedrohung, denn längst nennt die EU-Kommission das Kind beim Namen: Wirtschaftsspionage droht auch und gerade aus Kreisen der befreundeten Nationen. Denn der Freund hört mit: Echelon, das offiziell nicht bestätigte Datennetz-Spionagesystem der Vereinigten Staaten, sorgt seit längerem für Missstimmung hinter den Kulissen - und seit kurzem auch in aller Öffentlichkeit.
Liikanen legte eine Mitteilung an
den EU-Gipfel von Göteborg in der kommenden Woche vor, die in einem
Sicherheitsprogramm für die Datenströme münden soll.
Vier von fünf Internetnutzern in der EU verwendeten zwar
Programme zum Schutz gegen Computer-Viren, sagte Liikanen. Doch nur
jeder Fünfte verfüge für seine persönlichen oder geschäftlichen
Internet-Kontakte auch über eine Verschlüsselungssoftware. Für
elektronische Unterschriften seien nur rund zehn Prozent der
europäischen Nutzer gerüstet.
Hacker verwendeten ihr Wissen auch für Spionage oder die
Veränderung von Daten, warnte der EU-Kommissar. "Passwörter kann man
herausfinden!" Auch Störattacken, Viren, Fehler bei der
Echtheitsprüfung, äußere Einwirkungen wie Überschwemmungen, Erdbeben
oder das schlichte Durchschneiden der Leitung gefährdeten die
Funktionsfähigkeit des Netzes.
Liikanen bezog sich bei seiner Warnung auf die jüngste Diskussion
um das internationale Abhörsystem Echelon, bei dem nach
Erkenntnissen des Europa-Parlaments die Auslandsgeheimdienste der
USA, Kanadas, Australiens, Neuseelands und Großbritanniens
zusammenarbeiten. Wie der zuständige Parlamentsausschuss empfahl auch
Liikanen den Unternehmen in der EU, bei wichtigen
Geschäftsverhandlungen über Internet, Telefon und Telefax
Verschlüsselungstechniken anzuwenden.
Auf Platz eins seiner Empfehlungen für Gegenmaßnahmen setzte
Liikanen die Schärfung des Bewusstseins für diese Gefahren: "Das sind
Bereiche, wo Unternehmen wissen müssen, wie sie sich schützen
können." Der Schutz der Privatsphäre müsse vom Datenschutz
sichergestellt werden. Auch die - von Fachleuten immer wieder
angezweifelte - Wahrung der Anonymität sei wichtig, damit Angebote
wie Internet-Gesprächsrunden angenommen würden.