"Emoji - Der Film" im Kino Wessen Ernst war das?

Eine Schnellanleitung für "Candy Crush" und ein Lob dem Dropbox-Virenschutz: In "Emoji - Der Film" treffen billige Gags auf App-Werbung. Das macht ihn zum überflüssigsten Animationsfilm des Sommers.
"Emoji - Der Film" im Kino: Wessen Ernst war das?

"Emoji - Der Film" im Kino: Wessen Ernst war das?

Foto: Sony Pictures

1. Wie bitte, ein Kinofilm über Emojis? Wer macht so etwas?

Als Kreativschaffende getarnte Geschäftemacher glauben offenbar, dass sich der Emoji-Hype noch steigern lässt - als wären Herzaugen-Smileys und lächelnde Kackhaufen nicht jetzt schon omnipräsent, von der Kirmes-Losbude bis zum Ein-Euro-Laden.

In jedem Fall gibt es nun einen Film über Emojis. Mit der Prämisse, dass man sich als Smartphone-Nutzer bestimmt schon gefragt hat, was die Emojis im Handy treiben, wenn sie mal unbeobachtet sind.

Fragen nach diesem Muster beantworten Animationsfilme gern, in den letzten Jahren hat die Menschheit daher schon erfahren, was Spielzeuge ("Toy Story"), Haustiere ("Pets"), Computerspielfiguren ("Ralph reichts"), Lebensmittel ("Sausage Party") und sogar Emotionen ("Alles steht Kopf") hinter den Kulissen treiben. Das war meistens amüsant, aber so langsam reicht es auch mit der Formel.

2. Ich habe gerade den "Minions"-Film gesehen. Warum noch ein Film mit gelben Viechern?

Das weiß niemand so recht. Tatsächlich hätte es diesem Sommer nicht geschadet, wäre "Ich - Einfach unverbesserlich 3" der einzige Animations-Blockbuster geblieben. Lustiger als die "Minions" sind die Emojis jedenfalls nicht.

3. Wie spannend ist die Geschichte?

Der Film spielt im Smartphone eines Jugendlichen, vermutlich würde auch er einfach die offizielle Filmbeschreibung kopieren: "In dieser Welt hat jedes Emoji nur einen Gesichtsausdruck - jedes außer Gene", heißt es darin: "Fest entschlossen, so 'normal' wie all die anderen Emojis zu werden, holt sich Gene Hilfe von seinem besten Freund Hi-5 und dem berühmt-berüchtigten Codebrecher-Emoji Jailbreak. Gemeinsam brechen sie auf zu einem Abenteuer quer durch alle Apps auf dem Telefon (...). Jede App birgt dabei eine ganz eigene, wilde Welt voller Spaß."

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Sony-Blockbuster: Das ist "Emoji - Der Film"

Foto: Sony Pictures

Die "Welten voller Spaß" entpuppen sich als bekannte Apps, die nur theoretisch aufregende Schauplätze sind (Spoiler: Im Film selbst ist sogar die Wörterbuch-App spannender.). Mehrminütige Gastauftritte haben etwa das Puzzlespiel "Candy Crush" und die Tanz-App "Just Dance", deren Regeln dem Zuschauer bei der Gelegenheit erklärt werden. Auf der Flucht vor Feinden retten sich die Figuren später in die Dropbox-App, wobei sich die Filmmacher nicht zu doof waren, den Satz "Das ist ein Virus, der kann nicht rein, die App ist gesichert" fallen zu lassen.


"Emoji - Der Film"
Originaltitel: "The Emoji Movie"
USA 2017
Regie:
Tony Leondis
Drehbuch: Tony Leondis, Mike White, Eric Siegel
Mit den Stimmen von Christoph Maria Herbst, Joyce Ilg, Tim Oliver Schultz
Produktion: Columbia Pictures, LStar Capital, Sony Pictures Animation
Verleih: Sony Pictures
Länge: 91 Minuten
FSK: ab 0 Jahren
Start: 3. August 2017


4. Hat der Film eine Botschaft?

Vom Anpreisen diverser Apps abgesehen? Ja, aber schlüssig ist sie nicht. Ein Emoji ist - anders als ihm fast alle sagen - kein "Systemfehler", wenn es mehr als eine Emotion draufhat, könnte man aus dem Film herauslesen. Akzeptiert wird Gene allerdings erst, nachdem er mit seiner Fähigkeit die ganze Welt in Gefahr bringt und dann rettet. Aufs Leben übertragen: Anderssein ist möglich, aber stressig - oder so.

Unterm Strich ist es wohl sinnvoller, seine Zeit dafür zu investieren, seinem Kollegen ein Kackhaufen-Emoji zu schicken, als über die Botschaft des Films nachzudenken.

5. Kann man sich den Film mit Kindern anschauen?

Im Prinzip schon, wobei man auch als Erwachsener nicht so recht weiß, was es bedeuten soll, wenn die weibliche Hauptfigur - angeblich eine Hackerin - lieber "in der Cloud leben" will.

Eine Altersbeschränkung hat der Film nicht, im Grund ergibt sie sich von selbst: Wer nicht weiß, was ein Smartphone mit Emoji-Auswahlsmenü ist, rafft nichts. Zumal von Darknet über Bitcoin bis Troll ungefähr jedes Netzwelt-Buzzword zumindest einmal fällt - schlicht, damit es erwähnt wurde.

Humormäßig bleibt alles über der Gürtellinie. Die Aubergine etwa - in der echten Welt angeblich gern Ersatz fürs fehlende Penis-Symbol   - sitzt im Film in der "Loser-Lounge", wo uninteressante Emojis abhängen.

6. Ist das Ganze wenigstens witzig?

Die meisten Gags sind voraussehbar. Ein Weihnachtsbaum-Emoji etwa spielt einen Weihnachtsbaum. Dass die Hauptfigur Gene wie ihre Eltern ein "Mir egal"-Gesicht sein soll, macht alles nicht aufregender.

Zum Schmunzeln lädt der Film nur in wenigen Momenten ein, etwa, wenn Gene auf den Straßen von "Textopolis" gebrechlichen Senioren begegnet: Es sind Buchstaben, die längst von Emojis abgelöst worden sind.

Was dem Film komplett fehlt, ist eine ironische Ebene. Hätte man aber einen originellen, frechen Film machen wollen, hätte man wohl keine Deals mit "Candy Crush", "Just Dance", Instagram, Spotify, Dropbox und Co. machen können.

7. Was bleibt von "Emoji - Der Film"?

Nicht viel. Der Film, der auch in 3D läuft, ist vor allem belanglos und dürfte daher schnell wieder vergessen sein. Seine Charaktere sind weder sympathisch, noch nerven sie, die Animation ist okay, das Erzähltempo trotz der Quasi-Werbepausen akzeptabel. Am Ende ist es vor allem bemerkenswert, wie schnell 91 Minuten dann doch vorbeigehen, wenn man die ganze Zeit gespannt auf den ersten wirklich guten Gag wartet.

Statt sich oder seine Kinder einer lieblos gemachten Lizenzorgie auszusetzen, lohnt es eher, sich "Alles steht Kopf" oder "Ralph reichts" anzusehen, zur Not auch zum zweiten Mal. Oder irgendeinen anderen Film, der auf dem gleichen Erzählmuster beruht, aber besser geschrieben ist.

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