Mögliche Verstöße gegen EU-Wettbewerbsregeln Sechs Spielefirmen im Fokus der EU-Kommission

Valve-Plattform Steam
Foto: SPIEGEL ONLINEHaben bekannte Spielefirmen wie Valve, Bandai Namco und ZeniMax gegen Wettbewerbsregeln der EU verstoßen? Schon seit einigen Jahren beschäftigt sich die EU-Kommission mit der Frage, welche Einschränkungen beim Digitalverkauf von PC-Spielen zulässig sind. Die Untersuchung dreht sich ums sogenannte Geoblocking, das mitunter verhindert, dass EU-Bürger Spiele in einem beliebigen Mitgliedsstaat kaufen und dann tatsächlich auch nutzen können. Angesichts unterschiedlicher Preise je nach Land kann ein Kauf im EU-Ausland für Verbraucher durchaus attraktiv sein.
Am Freitag nun hat die EU-Kommission per Pressemitteilung bekannt gegeben , dass ihre Untersuchung einen Schritt voran macht: Die insgesamt sechs betroffenen Spielefirmen sind demnach schriftlich über die gegen sie vorgebrachten Beschwerden informiert worden.
In der Mitteilung der Kommission heißt es, sie habe Valve, Bandai Namco, Capcom, Focus Home, Koch Media und ZeniMax über ihre "vorläufige Auffassung" unterrichtet, dass "bilaterale Absprachen" getroffen wurden, "um Verbraucher daran zu hindern, PC-Videospiele, die nicht in ihrem Wohnsitzland erworben wurden, zu nutzen". Das verstoße gegen die kartellrechtlichen Vorschriften der EU.
Steam ist Markführer beim Digitalverkauf von PC-Spielen
Valve, eine US-Firma, betreibt die für PC-Spiele wichtigste Vertriebsplattform namens Steam. Die fünf anderen Firmen bringen Videospiele in den Handel, sie sind sogenannte Publisher.

Spieleplattform von Valve: Was ist eigentlich Steam?
Die Unternehmen hätten ihre "nationalen Märkte abgeschottet", heißt es in der Mitteilung der EU-Kommission: "Durch diese Geschäftspraktiken wurde den europäischen Verbrauchern letztlich ein Vorzug des digitalen Binnenmarkts der EU, nämlich die Möglichkeit, grenzüberschreitend das attraktivste Angebot zu wählen, verwehrt."
EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sagt, "in einem echten digitalen Binnenmarkt" sollten Verbraucher das Recht haben, "Videospiele ihrer Wahl unabhängig davon, wo in der EU sie wohnen, zu kaufen und zu spielen". Valve und die anderen Firmen hätten nun Gelegenheit, auf die Bedenken der EU-Kommission zu antworten.
Sonderfall digitale Spieleverkäufe
Zu den Geschäftspraktiken der Firmen heißt es in der Pressemitteilung, dass die Unternehmen versucht haben könnten, grenzüberschreitende Verkäufe durch den Einsatz von "Produktschlüsseln" mit geografischen Sperren zu verhindern. Mit den "Produktschlüsseln" sind sogenannte Keys gemeint - Codes, mit denen mitunter auch auf Datenträgern gekaufte Spiele zur Nutzung auf Steam aktiviert werden müssen .
Bandai Namco, Focus Home, Koch Media und ZeniMax müssen sich zudem dem Vorwurf stellen, sie hätten es Vertriebsunternehmen nicht gestattet, PC-Spiele "außerhalb der zugewiesenen Gebiete, die einen oder mehrere Mitgliedstaaten umfassen konnten, zu verkaufen. Verbraucher seien durch diese Praktiken möglicherweise daran gehindert worden, "Videospiele, die von diesen Vertriebsunternehmen entweder auf physischen Medien wie DVDs oder als Downloads angeboten wurden, zu kaufen und zu spielen".
Mit der Übermittlung der Beschwerdepunkte werde dem Ausgang der Untersuchung nicht vorgegriffen, betont die Kommission. Kommt sie nach einem Austausch mit den Spielefirmen allerdings zum Schluss, dass diese tatsächlich gegen Wettbewerbsregeln verstoßen haben, kann es teuer werden: Das Verhalten der Firmen kann dann untersagt werden und außerdem sind Geldbußen in Höhe von bis zu zehn Prozent ihres jeweiligen weltweiten Jahresumsatzes möglich.
Das Thema Geoblocking umtreibt die EU schon lange. Ende 2018 kam in der EU bereits die sogenannte Geoblocking-Verordnung zur Anwendung, die es Onlinehändlern verbietet, Kunden aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit oder aufgrund ihres Wohn- oder Firmensitzes zu diskriminieren. Die Verordnung gilt zwar auch für PC-Videospiele, allerdings nur für solche, die auf Datenträgern vertrieben werden und nicht als Download.
Update, 20.30 Uhr: Valve hat eine aktuelle Stellungnahme zum Thema abgegeben. Darin schreibt Valve, dass sich die Vorwürfe der Kommission nicht auf den Verkauf von PC-Spielen auf Steam beziehen. Stattdessen beschuldige die Kommission Valve, Geoblocking möglich gemacht zu haben, indem das Unternehmen Steam-Produktschlüssel zur Verfügung stellte und diese Schlüssel - auf Wunsch des Publishers - an bestimmte Territorien innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums knüpfte ("Region locks"). Valve verdiene am Zur-Verfügung-Stellen der Schlüssel nichts, betont das Unternehmen. Die "Region locks" haben Valves Darstellung zufolge auch nur eine kleine Zahl von Spielen betroffen.
Weiter schreibt Valve: "Valve ist der Ansicht, dass die Ausweitung der Haftung auf einen Plattformanbieter durch die Europäische Kommission unter diesen Umständen nicht durch geltendes Recht gedeckt ist." Aufgrund der Bedenken der EU-Kommission habe man die "Region locks" im Europäischen Wirtschaftsraum ab 2015 abgeschaltet - außer in Fällen, in denen lokale gesetzliche Vorschriften oder Vertriebsvorgaben sie notwendig machten.