Alte Chats loswerden Liebe Leserin, lieber Leser,

Foto: SPIEGEL ONLINE

ich habe endlich mal aufgeräumt, digital. Nachdem ich im Januar ständig über größere Leaks privater Daten berichten durfte, habe ich ein Wochenende lang meine wichtigsten Privat-Accounts ausgemistet und alles gelöscht, was ich dort nicht mehr gespeichert wissen wollte, von Ausweisdaten bis hin zu alten Rechnungen.

Ich halte meine Konten bei Facebook, Twitter und Gmail/Google zwar für einigermaßen geschützt. Trotzdem ist es gut möglich, dass jemand Drittes einmal Zugriff bekommt, etwa durch eine erfolgreiche Phishing-Attacke. Vor allem auf Facebook hätte er bisher über die Chat-Nachrichten viel über meine letzten zehn Jahre erfahren, von Date-Anbahnungen bis zur Nacherzählung des letzten Arztbesuchs.

Beim Loswerden der Facebook-Chats fragte ich mich tatsächlich ein paar Mal: Warum habe ich alles überhaupt so lange online gelassen? Und gibt es mehr als eine Handvoll Nachrichten, die ich vermisst hätte?

Foto: Getty Images

Während ich bei Gmail bequem Hunderte Nachrichten auf einmal löschen konnte, war das Facebook-Ausmisten eine Qual. Rund 700 Chats sollten weg - und jeder musste einzeln und händisch entfernt werden, so sieht Facebook das vor. Irgendwelchen Browser-Plug-ins, die im Netz als Löschhilfen beworben werden, wollte ich meine Daten jetzt, wo sie endlich weg sollten, auch nicht mehr anvertrauen.

Also löschte und löschte ich, wobei ich am Desktop-Rechner immer wieder versehentlich auf "Archivieren" statt "Löschen" klickte, das direkt daneben steht. Und am Rechner wie auch mobil musste ich auch beim 100. Mal meinen Löschbefehl nach Antippen des Icons noch einmal bestätigen: Am Ende kam ich so auf mehr als 1400-mal Klicken und Tippen - und etwas Schmerz im Arm.

Lösch-Bestätigung in der Mobil-App

Lösch-Bestätigung in der Mobil-App

Foto: SPIEGEL ONLINE

Trotzdem fühlte ich mich gut: Wer sich jetzt in mein Facebook-Konto einloggt, das ich trotz mancher Datenskandale auch weiterhin zur Kontaktpflege behalten möchte, sieht nur noch wenige aktuelle Nachrichten. Und für den (wohl eher unwahrscheinlichen) Fall, dass ich irgendeinen Dialog doch noch einmal brauche, habe ich mir die alten Nachrichten als Datenpaket gesichert, über Facebooks Tool "Deine Informationen herunterladen"  (auch Google  und Twitter  bieten solche Werkzeuge).

Bei aller Fleißarbeit ist aber zu bedenken: Viele Chats sind ja immer noch beim jeweiligen Chatpartner gespeichert, sofern dieser die Unterhaltung nicht ebenfalls gelöscht oder sich längst von Facebook abgemeldet hat, wie manche meiner Freunde.

Ernüchternd fand ich übrigens, dass von meinen 700 Facebook-Unterhaltungen längst nicht alle echte Gespräche waren: Geschätzte 150 waren nur Aufforderungen Facebooks, neuen Freunden eine Nachricht zu schreiben oder alten zum Geburtstag zu gratulieren. Vorgetäuschte Aktivität, könnte man sagen - und nichts, was überhaupt wert wäre, länger als einen Tag gespeichert zu bleiben.

"Chats" auf Facebook

"Chats" auf Facebook

Foto: SPIEGEL ONLINE


Seltsame Digitalwelt: Revolution der Roboter

Das Netz liebt Saugroboter: Das Video einer Katze etwa, die in einem Hai-Kostüm auf einem Roomba durch die Küche fährt, wurde auf YouTube schon mehr als 12,6 Millionen Mal aufgerufen . Mich selbst haben die Geräte bislang wenig fasziniert - bis jetzt. Auf der Jahresausstellung der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK) begegneten mir kürzlich Saugroboter, die mit nach oben gereckter Faust durch den Raum fuhren.

Saugroboter in der HFBK-Ausstellung

Saugroboter in der HFBK-Ausstellung

Foto: Markus Böhm

Automatisierter politischer Protest - eine clevere Idee, dachte ich mir. Wie wäre es etwa, wenn Hunderte oder Tausende solcher Geräte mal vor dem Kanzleramt entlangfahren und so für mehr Förderung für die Forschung an künstlicher Intelligenz plädieren würden? Die Fähigkeiten der Hamburger Saugroboter legen übrigens nahe, dass die Botschaft auch ohne weitere Erklärung ankommen würde. Die Roboter fuhren sich nämlich gefühlt ständig gegenseitig in den Weg oder blieben in Installationen hängen. Intelligenzmäßig ist da noch viel Luft nach oben.


App der Woche: Live Transcribe
getestet von Tobias Kirchner

Live Transcribe

Live Transcribe

Foto: Google

Die App Automatische Transkription (Live Transcribe) von Google überträgt in Echtzeit Sprache in Text. Wird laut und deutlich gesprochen, funktioniert das nahezu perfekt. Auch mit einer lauteren Umgebung gibt es wenige Probleme. Live Transcribe speichert auch eingesprochene Transkripte und erkennt bis zu 70 Sprachen.

Gratis von Google, ohne In-App-Käufe: Android 


Fremdlink: Drei Tipps aus anderen Medien

  • "Sechs Jahre, ein Smartphone " (vier Leseminuten)
    Braucht man wirklich alle zwei Jahre ein neues Handy? "Sein Smartphone lange zu benutzen, dient nicht nur der Umwelt", schreibt Mathias Hahn in seinem Kommentar bei "Golem": "Es kann auch ein Gefühl der Zufriedenheit erzeugen, einen täglichen Begleiter wie ein Smartphone oder Laptop so lange wie möglich zu nutzen."

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Woche,

Markus Böhm

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren