Oversight Board hat entschieden Donald Trumps Facebook-Konto bleibt vorerst gesperrt

Donald Trump: Im Januar verlor er seinen Facebook-Account
Foto: TANNEN MAURY / EPA-EFE / ShutterstockDonald Trump hat schwere Verstöße gegen Facebooks Community-Richtlinien begangen und durfte dafür ausgesperrt werden: Das sogenannte Oversight Board, ein weitgehend unabhängiges, wenn auch von Facebook selbst ins Leben gerufenes Aufsichtsgremium, hat die Entscheidung des Unternehmens, den Ex-US-Präsidenten von seinen Plattformen zu verbannen, gebilligt .
Allerdings muss das Unternehmen die dauerhafte Verbannung neu bewerten. Dafür gebe es in den Richtlinien nämlich keine Kriterien, heißt es. Innerhalb von sechs Monaten muss Facebook nun eine »angemessene Strafe« aussprechen, die der Schwere des Verstoßes entspricht, aber in Einklang mit seinen Regeln steht – die dafür möglicherweise überarbeitet werden müssen. Der Entscheidung zufolge darf Facebook Trump zu einem späteren Zeitpunkt durchaus auch wieder Zugang zu seinen Konten gewähren.
Facebook hatte Trump kurz vor dem Ende seiner Amtszeit gesperrt, nachdem seine Anhänger am 6. Januar das US-Kapitol gestürmt hatten und er erstens Sympathie für sie bekundete und zweitens weiterhin ohne Beleg behauptete, der Sieg bei der Präsidentschaftswahl sei ihm durch massiven Betrug gestohlen worden.
Weil es für so einen Fall in den USA keine klare gesetzliche Vorgabe gibt, wollte Facebook seinen Beschluss von dem genau für solche Fälle ins Leben gerufene Gremium überprüfen lassen.
Zum einen sollte es um den konkreten Fall gehen: War die Entscheidung, Trump dauerhaft zu sperren, gerechtfertigt und darf sie aufrechterhalten werden? Das Besondere daran war, wie kontextbezogen diese Entscheidung war: Es ging um die Geschehnisse im Kapitol und wie sie durch Trump möglicherweise befeuert wurden – auch wenn der Sturm des Kongressgebäudes vermutlich ohnehin stattgefunden hätte. Das Oversight Board musste nun entscheiden, ob die Worte des Präsidenten einen direkten Verstoß gegen die Gemeinschaftsrichtlinien darstellten oder streng genommen erlaubt waren – und wenn ja, inwieweit sie von den Konsequenzen abgekoppelt zu betrachten sind.
Zum anderen wollte Facebook wissen, wie es künftig mit politischen Führungsfiguren wie Staats- und Regierungschefs umgehen sollte, die gegen seine Richtlinien verstoßen.
Facebook zahlt 130 Millionen Dollar für sein Aufsichtsgremium
Bindend für Facebook ist allerdings nur die Entscheidung des Oversight Boards zum ersten Fragekomplex. Die Empfehlungen zum künftigen Umgang mit vergleichbaren Fällen muss Facebook hingegen nicht umsetzen.
Schon der erste Teil bedeutet Arbeit für Facebook: Trump habe gegen Facebooks Regeln verstoßen, die Gewaltverherrlichung verbieten, und er habe mit seinen Facebook-Posts »ein Umfeld geschaffen, in dem eine ernst zu nehmende Gefahr von Gewaltausbrüchen bestand«, befand das Board. Dabei spielte auch eine Rolle, dass Trump mit 35 Millionen Facebook- und 24 Millionen Instagram-Followern eine besonders große Reichweite hatte.
Die Sperre am 6. Januar und deren Ausweitung am 7. Januar seien gerechtfertigt gewesen, heißt es. Allerdings sei es nicht in Ordnung gewesen, Trump für einen nicht definierten Zeitraum zu verbannen, ohne Kriterien dazu, ob und wann der Zugang wieder gestattet wird. Facebooks Regeln kennen nur das Entfernen von Inhalten, zeitlich befristete Sperren oder das dauerhafte Abschalten von Seiten und Konten.
Facebook habe versucht, »seiner Verantwortung zu entgehen«
An dieser Stelle folgt die schärfste Kritik des Gremiums: »Indem es eine vage, nicht standardisierte Strafe verhängt und dann den Fall an das Oversight Board überwiesen hat, versucht Facebook, seiner Verantwortung zu entgehen. Das Board weist das zurück und besteht darauf, dass Facebook eine definierte Strafe verhängt und rechtfertigt.« Diese müsse die Schwere der Verstöße, allerdings auch mögliche zukünftige Schäden durch Trump berücksichtigen.
Für den künftigen Umgang mit ähnlich gelagerten Fällen empfiehlt das Board unter anderem den Einsatz geschulter Moderatorinnen und Moderatoren, die sich mit dem jeweiligen sprachlichen und politischen Kontext auskennen, und mehr Transparenz bei den Entscheidungsprozessen. Nutzerinnen und Nutzer sollten außerdem sehen können, wie viele Verstöße sie begangen haben und welche Strafen ihnen beim nächsten Mal drohen. Dazu gehört nach Ansicht des Gremiums auch das Abschalten von Konten führender Politiker.
Zudem wünscht sich das Board eine »umfassende Aufarbeitung von Facebooks potenziellem Beitrag zum Narrativ des Wahlbetrugs und zu den daraus folgenden Spannungen, die im Gewaltausbruch am 6. Januar mündeten«.
Facebook will Trumps Konten fürs Erste gesperrt lassen
Facebooks Kommunikationschef Nick Clegg teilte in einer ersten Stellungnahme per Blogpost mit: »Wir werden die Entscheidung des Boards nun prüfen und eine klare, angemessene Reaktion festlegen. In der Zwischenzeit bleiben Mr Trumps Konten gesperrt.«
Das Oversight Board hatte seine Arbeit im Oktober 2020 aufgenommen. Die ersten 20 Mitglieder, darunter die ehemalige dänische Regierungschefin Helle Thorning-Schmidt und der einstige »Guardian«-Chefredakteur Alan Rusbridger, hat Facebook ausgewählt – was naturgemäß unumgänglich war.
Als besonders Facebook-freundlich ist die derzeitige Besetzung nicht anzusehen. Künftige Mitglieder wählt das Oversight Board zudem selbst aus. Die Finanzierung ist für sechs Jahre gesichert, 130 Millionen Dollar stehen dafür zur Verfügung.