Facebook gegen MySpace Musik macht Moneten
Weltweit sind Social Networks längst die intensivst genutzten Web-Angebote: Sie generieren ein Vielfaches der Seitenaufrufe, die etwa Suchmaschinen, Wikis, Blogs oder Nachrichten-Web-Seiten verzeichnen können. Kein Wunder, denn die Networks sind zum Klicken gemacht: Otto-Normal-Teenager verbringt dort gern schon einmal ein paar Stunden am Tag und ruft eine Seite nach der anderen auf.
Das Problem dabei: Traffic kostet die Betreiber Geld - und die werbetreibende Industrie interessiert sich nicht hinreichend für die klickwütigen Kids. Zu recht geht sie davon aus, dass eine Anzeigenschaltung auf einer Seite, die von einem Dreizehnjährigen als eine von vierzehn Seiten für fünfzehn Sekunden angesehen wird, irgendwie weniger wert wäre als eine prominent plazierte Anzeige in einem Kontext, mit dem sich Websurfer tatsächlich etwas intensiver beschäftigen.
Aus diesem Grund haben die meisten Social Networks ein Problem mit Vermarktung und Refinanzierung. Sie generieren Milliardenzahlen, wo andere Millionen von Seitenaufrufen zählen, finden aber nicht genug Werbekunden, die ihnen das auch bezahlen.
Eine Ausnahme bildet hier MySpace. Das als Musik-Network gegründete Angebot gehört seit 2005 dem Medienunternehmer Rupert Murdoch, der sich nach Kräften bemüht, es zu einem Geschäft zu machen. 2007, behauptet Murdochs News Corporation, habe MySpace erstmals Gewinn abgeworfen. Wie viel, verrät News Corp nicht, aber dieses Jahr solle das auf jeden Fall noch mehr werden - nicht zuletzt mit Hilfe einer Shop-Funktion, durch die MySpace am Verkaufsumsatz von dort gehandelter Musik partizipiert.
Konzept One-Stop-Shop
Denn seit September hat MySpace seine Musik-Funktionen stark kommerzialisiert. Auffälligster Bestandteil dieser Musik-Funktionen ist der Streaming-Dienst MySpace Music, der von allen großen Labels und einigen Indys mit Inhalten beschickt wird. Was man da hört, kann man auch kaufen - und natürlich braucht man dafür noch nicht einmal die Seite verlassen. Die Möglichkeit, Amazon-Profildaten zur Authentifizierung einzusetzen, erspart MySpace-Shoppern dabei eine weitere Kunden-Registrierung und soll die Hemmschwellen zum Kauf senken. MySpace positioniert sich so irgendwo zwischen iTunes und LastFM.
Auch auf den Profilseiten von Musikern gibt es nun Shop-Funktionen, die via MySpace abgewickelt werden. MySpace setzt da noch eins drauf, indem es MySpace-eigene Entdeckungen über das Firmeneigene Plattenlabel MySpace Records selbst verlegt. Denn bekanntlich soll es ein, zwei Musiker geben, die wirklich via MySpace entdeckt wurden und monatlich gefühlte 7269 Sternchen, deren Management das zumindest von ihnen behauptet.
Das alles sind Dinge, auf die selbst Jungmilliardär Mark Zuckerberg durchaus neidisch werden könnte: Sein Facebook hat seit August mehr Nutzer als MySpace, ist weltweit die Nummer eins unter den Social Networks - aber es hat nichts Vermarktbares, was sich mit den Musik-Features von MySpace vergleichen ließe.
Möglicherweise ändert sich das sehr bald. Die "New York Post", Rupert Murdochs Boulevard-Postille für den Big Apple, will Wind davon bekommen haben, dass den seit 2007 kursierenden Gerüchten über einen Facebook-Musikdienst endlich etwas Konkretes folgen könnte. Und das käme dem, was MySpace seit September umsetzt, ziemlich nahe: Auch Facebook, glaubt die "Post", strebt die Kombination aus werbefinanziertem Streamingdienst und einem Shop an.
Konzept Provision: Weniger Verhandlungsbedarf
Unterschiedlich fiele dann aber das Business-Modell aus. Während MySpace seinen Musikdienst als Joint Venture mit den Plattenlabels und Amazon als Partner betreibt, könnte Facebook sich schlicht einen Shopping-Partner an Bord holen, mutmaßt die "Post". Denn gestreamt wird bei Facebook bereits, seit die Network-Seite Widgets erlaubt, Streaming-Dienste wie Rhapsody oder iMeem in die Facebook-Profilseiten einzubinden. Das ist schön für die Musikliebhaber, doch leider hat Facebook nichts davon.
Was fehlt, ist der Ladentresen: Einen eigenen Lizenz-Deal mit den Labels, zitiert die "Post" die berühmten anonymen Quellen, dürfte Facebook allerdings nicht anstreben, da es ja bereits ein gebranntes Kind sei. Einen ersten Musikdienst musste Facebook 2007 einstellen, nachdem es Copyright-Klagen gegeben hatte.
Was also läge näher, als die Lizenz-Deals legaler Streaming-Dienste mit den ebenfalls geklärten Rechten eines etablierten Shops zu kombinieren - und als Plattformbetreiber Provisionen zu kassieren? Partner eines solchen Dienstes, mutmaßen am Montagmorgen zahlreiche US-Medien, könnte als naheliegendster Verdächtiger Apples iTunes-Store werden.
Ist das alles plausibel? Durchaus, denn Social Networks können nicht ewig als Investition in die Zukunft betrieben werden - also als Zuschussgeschäft. Auch in Deutschland musste der Verlag Holtzbrinck kürzlich entdecken, dass seine Plattformen StudiVZ und SchülerVZ zwar alle Seitenaufruf-Statistiken anführen, deren Vermarktung aber schwieriger ausfalle als erwartet. Das Nischen-Netz MySpace tut sich da etwas weniger schwer, was Beispielcharakter hat.
Musik ist die naheliegendste Nische, und auch die Download-Shops brauchen den indirekten Weg zum Kunden, wenn sie ihren Marktanteil im Musikverkauf weiter ausbauen wollen. Denn ihnen machen nicht nur nach wie vor die P2P-Börsen Konkurrenz, sondern auch die Streaming-Dienste, die längst so gut wie alles an Musik frei Haus liefern. Die einzige andere erfolgversprechende Methode für Social Networks, zu schwarzen Zahlen zu kommen, scheint im Augenblick das Abo-Modell zu sein - das aber bietet sich zurzeit allenfalls für auf Elite-Ansätze gebürstete Dienste wie das Business-Netzwerk Xing an.
Äußern will sich zu der aufbrandenden Gerüchtelage wie üblich mal wieder niemand.