Rechtsstreit Facebook will Nutzerprofile nicht vererben lassen

Wem gehört das Facebook-Konto des verstorbenen Kindes? Eltern hatten vor dem Landgericht Berlin Zugang erstritten, das Profil sei Teil des Erbes. Doch das Unternehmen wehrt sich gegen das Urteil.
Facebook-Logo: der digitale Nachlass als Äquivalent zu Briefen und Tagebüchern

Facebook-Logo: der digitale Nachlass als Äquivalent zu Briefen und Tagebüchern

Foto: Lukas Schulze/ dpa

Facebook hat Berufung gegen ein Urteil eingelegt, laut dem das soziale Netzwerk den Eltern eines verstorbenen Kindes Zugang zu dessen Benutzerkonto verschaffen muss. Das teilte das zuständige Landgericht in Berlin am Montag mit.

Die Richter hatten im Dezember 2015 entschieden, dass der Vertrag mit Facebook Teil des Erbes sei. Der digitale Nachlass würde somit nicht anders behandelt werden als etwa Briefe oder Tagebücher. Ob die Berufung zugelassen wird, ist laut Gericht noch unklar.

Geklagt hatte eine Frau, deren minderjährige Tochter 2012 unter bisher ungeklärten Umständen tödlich verunglückt war. Die Mutter hofft, über das Facebook-Konto Hinweise auf das Motiv für einen möglichen Suizid ihrer Tochter zu bekommen.

Das Persönlichkeitsrecht des verstorbenen Kindes stehe der Entscheidung nicht entgegen, so das Gericht. Als Sorgeberechtigte seien die Eltern berechtigt zu wissen, wie und worüber ihr minderjähriges Kind im Internet kommuniziere - sowohl zu Lebzeiten als auch nach dessen Tod.

Dem Anwalt der Eltern zufolge war es das erste Urteil in Deutschland, das die Vererbbarkeit eines Facebook-Kontos feststellt.

Auf eine Anfrage von SPIEGEL ONLINE hat Facebook bisher noch nicht geantwortet.

Um ihren digitalen Nachlass zu regeln, bietet Facebook Nutzern mittlerweile auch die Option an, dass sie einen Nachlasskontakt festlegen . Wenn das Facebook-Profil in den Gedenkzustand versetzt  wird, kann der Nachlasskontakt sich um das Profil kümmern. Bestimmte Dinge wie Beiträge entfernen oder Nachrichten der Freunde an den Verstorbenen lesen darf er aber nicht. Um einen solchen Kontakt festlegen zu können, muss der Nutzer mindestens 18 Jahre alt sein.

Update, 18 Uhr: "Wir fühlen mit der Familie und verstehen ihren Wunsch", sagte ein Facebook-Sprecher. Man habe dennoch Berufung gegen das Urteil eingelegt, weil man in dem Fall die Interessen der Familie gegenüber dem Privatsphäre-Anspruch anderer Facebook-Nutzern abwägen müsse. Facebook argumentiert: Wenn die Familie alle Nachrichten der Tochter lesen dürfte, würde sie auch private Nachrichten von Nutzer zu lesen bekommen, die diese im Glauben verschickt hätten, nur die Tochter zu adressieren.

dpa/gru
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