Strafanzeige gegen Mark Zuckerberg und Co. Münchner Staatsanwaltschaft leitet kein Ermittlungsverfahren ein

Facebook-Chef Mark Zuckerberg
Foto: Stephen Lam/ REUTERSMachen sich Facebook-Manager strafbar, wenn auf ihrer Plattform strafbare Hass-Postings entdeckt, aber nicht rechtzeitig gelöscht werden? Mit dieser Frage hat sich die Staatsanwaltschaft München I seit dem Spätsommer 2016 beschäftigt.
Der Würzburger Rechtsanwalt Chan-Jo Jun hatte seinerzeit Strafanzeige gestellt, später wurde sie noch erweitert. Insgesamt ging es um 442 Postings mit strafbarem Inhalt, die Facebook nicht oder nicht zeitnah gelöscht hatte, obwohl der Anwalt auf die Beiträge hingewiesen hatte. Die Anzeige richtete sich gegen zehn Facebook-Verantwortliche, darunter Firmengründer und -chef Mark Zuckerberg und seine Geschäftsführerin Sheryl Sandberg.
Knapp anderthalb Jahre nach der ersten Strafanzeige und nach umfangreichen Vorermittlungen steht nun fest, dass es in München zu keinem Strafverfahren gegen Zuckerberg und seine Kollegen kommen wird. Die Staatsanwaltschaft München I gab am Montag per Pressemitteilung bekannt, dass sie von der Einleitung eines solchen Verfahrens absehen wird. Das Unterlassen rechtzeitiger Löschungen rechtswidriger Posts auf Facebook habe keinen Anfangsverdacht strafbaren Verhaltens von Verantwortlichen des Facebook-Konzerns begründet, heißt es.
Ist zu spätes Löschen eine Straftat?
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ergab ihre Prüfung, dass eine Strafbarkeit der angezeigten Personen "aus Rechtsgründen" ausscheidet: "Eine Strafbarkeit wäre nur denkbar, wenn das Unterlassen der rechtzeitigen Löschung der entsprechenden Posts als Mittäterschaft oder Beihilfe zu mit der Einstellung der Posts begangenen Straftaten zu werten wäre."
Jene Wertung fällt aber anders aus: "Die etwaige Begehung einer solchen Haupttat war jedoch jeweils mit der Einstellung des betreffenden Posts bereits beendet, so dass hierzu danach keine strafbare Beihilfe mehr geleistet werden konnte." Zudem habe es keine Pflicht für die in der Anzeige erwähnten Personen gegeben, die Postings zu löschen, argumentiert die Staatsanwaltschaft. Auch das neue Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) würde an dem Fall nicht grundsätzlich etwas verändern, heißt es weiter.
Folgen hat das Engagement von Anwalt Chan-Jo Jun aber trotzdem: So kündigt die Staatsanwaltschaft an, von Amts wegen Ermittlungen gegen Facebook-Nutzer aufzunehmen und zu führen, insofern ihre Postings unter den 442 gesammelten Beiträgen waren und verfolgbare Straftaten darstellen.
Chan-Jo Jun streitet schon seit langem mit Facebook über den Umgang mit strafbaren Hass-Postings: So vertrat er beispielsweise den Syrer Anas Modamani, der in seinen ersten Wochen als Flüchtling in Deutschland ein Selfie mit Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgenommen hatte. Das Bild ging seinerzeit um die Welt, es wurde später auf Facebook aber immer wieder für Hetze und Verleumdungen missbraucht.