
Fake-Accounts auf Facebook: "Ein Katz-und-Maus-Spiel mit den Betreibern"
Netzwerk aus Lügen So werden Sie auf Facebook von Fake-Profilen manipuliert
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Sie gaben vor, für das Militär und die Polizei oder auch in der Modeindustrie zu arbeiten, verbreiteten rassistische Kommentare, verehrten Wladimir Putin oder Donald Trump – und waren allesamt nur erfundene Charaktere: Der SPIEGEL und das Digital Forensic Research Lab (DFRL) der US-Denkfabrik Atlantic Council haben ein weltweites Geflecht aus mehreren Hundert gefälschten Facebook-Profilen enttarnt.
Das Netzwerk war seit mindestens 2011 in über 30 Ländern aktiv, Facebook hatte es nicht erkannt. Erst nach Hinweisen durch den SPIEGEL und das DFRL hat das Unternehmen das komplette Netzwerk abgeschaltet. Wer hinter den Falschprofilen steckte, ist noch ungeklärt, die Spuren führen nach Chile.
Die Betreiber des Netzwerks knüpften offenbar Kontakte zu Zehntausenden echten Menschen. Viele von ihnen arbeiteten in der Politik, Medizin, beim Militär, als Polizisten, Journalisten oder Anwälte und offenbarten mitunter unzählige private und intime Informationen. Der Verdacht liegt daher nahe, dass die virtuellen Annäherungen nicht allein zu Propagandazwecken geschahen, sondern auch das Ausspionieren realer Personen zum Ziel hatten.
Zu diesem Zweck dachten sich die Betreiber der Fake-Accounts teils abenteuerliche Lebens- und Liebesgeschichten aus, über die sie sich miteinander verknüpften. Von außen wirkte es wie eine Telenovela, die nicht selten in Deutschland spielte:
Alice Bergmann lebt in Chemnitz und hat ein Problem mit dem Islam. Vor einigen Jahren musste sie einen schweren Schicksalsschlag verkraften: Ihre Schwester Elizabeth wurde in einem Berliner Park brutal ermordet. Die beiden Täter waren Migranten.
"Ich habe viel Hass in mir, viel Wut, und ich weiß, dass diese Wunde nie verheilen wird", schreibt Bergmann 2015 in einem Kommentar auf Facebook. Seitdem kämpft sie an vorderster Front gegen Migranten, zum Beispiel bei ihrer Arbeit beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Von einem Freund auf Facebook wird sie dafür gelobt: "Aus Loyalität zu Deiner ermordeten Schwester ist das das Beste, was Du tun kannst."
Bergmanns Meinung ist durchaus ambivalent. Einerseits verabscheut sie den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und den Islam, andererseits schlägt ihr Herz für die Türkei, für türkischen Tee und für Istanbul. In ihren Facebook-Kommentaren dreht sich auch nicht alles um Politik: Bergmann ist ein Fan von Leonardo DiCaprio, setzt sich für Tierschutz ein und mag Fußball, besonders Bayern München und die deutsche Nationalmannschaft.
Auf Facebook hält die Frau Verbindung mit ihrer Cousine Helena, Fotomodell und Künstlerin, die an einer Kunstakademie arbeitet und mit ihren Werken auf die Misshandlung und Ermordung von Frauen durch Migranten aufmerksam machen will. Es gebe "verschiedene Fälle in zahlreichen Städten Deutschlands", schreibt sie in ihrem Profil.
Auch mit ihrem Bruder David ist Alice Bergmann in engem Kontakt. Ihn treibt die Sicherheit seiner Schwester um. Schließlich habe einer von Elizabeths Mördern bei der Gerichtsverhandlung geschworen: "Alice wird sterben. Ich schwöre, ich komme zurück (für sie)." So schreibt er es auf seinem Facebook-Profil.
Die drei treffen sich auch im wirklichen Leben, um der toten Elizabeth zu gedenken. Fotos auf Facebook dokumentieren die Zusammenkünfte. Bei gemeinsamen Ausflügen versuchen sie, so heißt es, sich von traurigen Momenten abzulenken. Online diskutieren sie viel mit anderen Facebook-Nutzern. Es entspinnen sich lebhafte Debatten, zum Beispiel über Migranten und die Asylpolitik der Bundesregierung.
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