LeFloid über Hasskommentare "Facebook ist am verseuchtesten"

YouTuber LeFloid: Meine Abonnenten kennen meinen Standpunkt
Foto: LeFloid/YouTubeFacebook gerät in Deutschland stärker unter Druck. Weil das Netzwerk viele ausländer- und allgemein menschenfeindliche Kommentare nicht löscht, nehmen mittlerweile Politiker aller Parteien die Firma unter Beschuss. Am Montag sind Vertreter Facebooks ins Justizministerium geladen.
Das Problem der Hassbeiträge im Zuge der Flüchtlingskrise betrifft aber auch die anderen großen Netzwerke wie YouTube. Dort beschäftigt sich vor allem der Teenie-Star LeFloid mit dem Thema. Der 27-jährige Berliner hat 2,7 Millionen Abonnenten - kaum jemand erreicht die deutsche Jugend so wie er.
Auch deshalb bot ihm der Regierungssprecher in diesem Juli ein Interview mit der Bundeskanzlerin an - das LeFloid dann über die YouTube-Grenzen hinaus bekannt machte und auch Kritik wegen recht freundlicher Fragen einbrachte.
In der Reihe von YouTube-Stars, die Millionen Fans unter jungen Deutschen haben, dominieren die Genres Comedy, Games, Schminktipps. LeFloid, mit bürgerlichem Namen Florian Mundt und Student, ist einer von wenigen, die sich politische Themen vornehmen. Sein Format LeNews kommentiert zweimal pro Woche aktuelle Aufreger: Flüchtlinge, Impfpflicht, Homo-Ehe - immer in der Pose desjenigen, der am Irrsinn der anderen verzweifelt.
Schon seit Längerem beschäftigt sich Mundt mit Hasskommentaren und engagiert sich gegen Ausgrenzung. Im Interview erklärt er, wie er selbst mit der Hetze im Zuge der Flüchtlingskrise umgeht - und was Facebook seiner Meinung nach falsch macht.
SPIEGEL ONLINE: Warum dreht sich die Debatte beim Thema Hass im Netz so sehr um Facebook?
LeFloid: Die Netzwerke sind gut zu unterscheiden: YouTube hat ein sehr junges Publikum. Twitter hat ein smarteres Publikum - was auch daran liegen kann, dass Neonazis Probleme haben, ihre Gedanken in 140 Zeichen zu fassen. Bei Facebook wird deutlich, dass sich dort eine andere Gruppe etabliert hat: Wenn man sich die Kommentare durchliest - sofern sie im Hinblick auf Inhalt und Rechtschreibung zu ertragen sind - merkt man, welchen Bildungsstand viele Kommentatoren haben.
SPIEGEL ONLINE: Dumpfe ausländerfeindliche Kommentare gibt es doch auch auf YouTube und Twitter.
LeFloid: Ja. Aber auf YouTube sind es tatsächlich weniger. Meiner Meinung nach ist Facebook derzeit leider das schlimmste und verseuchteste Netzwerk, was rassistisches Gedankengut angeht.
SPIEGEL ONLINE: Das heißt, Jugendliche - die Hauptnutzer von YouTube - pöbeln nicht so viel wie Erwachsene?
LeFloid: Nein, aber meine Abonnenten kennen meinen Standpunkt, deshalb habe ich ein liberaleres Publikum. Dass ein Neonazi meinen Kanal abonniert, halte ich für unwahrscheinlich. Und generell gilt: Wenn ich mit meiner Zielgruppe zwischen 16 und 26 Jahren über Flüchtlinge oder Homo-Ehe spreche, betrachten die das Thema anders als über 40-Jährige.
SPIEGEL ONLINE: Merken Sie das auch auf Ihrer Facebookseite?
LeFloid: Natürlich. Ich bekomme dort plötzlich Kommentare von Leuten, die laut ihrem Profilbild jenseits der 40 sind und die vorher wohl noch nie etwas von mir gehört haben. Aber denen fliegt ein Beitrag von mir in die Timeline, dann schauen sie kurz in die Überschrift und meinen, da gegensteuern zu müssen. Das ist erst seit Kurzem so.
SPIEGEL ONLINE: Was löschen Sie, was melden Sie?
LeFloid: Ich halte nicht so viel vom stumpfen Löschen. Es ist wichtig, sich zu fragen: Lohnt es sich, mit Argumenten dagegenzuhalten? Oder: Ist der Kommentar an sich so dumm, dass ich den Verfasser damit bloßstelle? Es gab schon Situationen, in denen ich solch einen Kommentar rausgepickt und gesagt habe: Das ist einfach nur dämlich. Dann wird die Community aktiv und meldet auch solche Profile.
SPIEGEL ONLINE: Mal konkret: Sie haben in dieser Woche ein Video zum berühmten Foto des Flüchtlingsjungen Alan gedreht - wie viele Hasskommentare gab es dabei?
LeFloid: Je weiter ich in den Diskussionen runterscrolle, desto eher finde ich auch Idioten. Ich frage mich immer: Ist das eine uninformierte Nachplapperei? Also ein Spruch wie: Wenn die alle Kohle für einen Schlepper haben, dann können die doch nicht so arm sein. Das sind Sätze, auf die meine Community antwortet und auf die ich manchmal selbst entgegne.
SPIEGEL ONLINE: Und es gibt auch Hetze.
LeFloid: Ja, die Beiträge, die nur beleidigend und deshalb völlig inhaltslos sind, lösche ich. Und ich verbanne die Leute aus meinem Kanal.
SPIEGEL ONLINE: Wie viele waren es bei diesem Video?
LeFloid: Da habe ich nach ein paar Stunden geschaut und sieben, acht Kommentare rausgenommen. Und dann gucke ich am Tag danach noch einmal und sehe fast nur noch die guten Diskussionen. Die werden ja vom Algorithmus nach oben gespült und um die kümmere ich mich auch viel lieber.
SPIEGEL ONLINE: Bei Facebook werden auch viele Beiträge gemeldet - aber nicht gelöscht.
LeFloid: Es kann doch nicht sein, dass da jede Brustwarze gelöscht wird, aber Leute ihre verqueren Weltansichten von rechtsaußen posten können und die Menschenwürde von Flüchtlingen verletzen. Da muss inhaltlich anders kontrolliert werden.
SPIEGEL ONLINE: Wie denn?
LeFloid: Wichtig wäre, von der typisch amerikanischen Haltung ein Stück weit abzurücken und sich Einzelfälle anzuschauen. Das heißt, dass sich Teams jene Kommentare und Profile, die oft gemeldet wurden, angucken und diese gegebenenfalls auch wirklich schnell löschen. Das muss bei einem Riesenkonzern möglich sein. Facebook hat doch auch nichts davon, wenn die Plattform verpönt ist als Verbreitungsweg für rechtes Gedankengut.
SPIEGEL ONLINE: Sie finden es also richtig, dass sich die Politik so direkt in die sozialen Netzwerke einmischt?
LeFloid: Politik sollte sich grundsätzlich stärker in das Thema Ausländerhass einmischen, was sie jetzt endlich tut. Und im konkreten Fall ist es wichtig, dass die Plattform aktiv wird: Die Nutzer haben sich ja schon lange genug beschwert.
VIDEO: LeFloid erklärt, wie man Erfolg auf YouTube hat