Fast Flip Google lässt News-Seiten durchblättern

Fast Flip: Navigieren durch Seiten-Voransichten im Screenshot-Format
Hamburg - Google-News-Erfinder Krishna Bharat (siehe Kasten in der linken Spalte) findet, es sei heutzutage ein Problem von Online-Nachrichten, "dass das Browsen wirklich langsam sein kann". News-Seiten bräuchten zuweilen zehn Sekunden zum Laden, auch mit einer Breitbandverbindung. Deshalb, so Bharat in einem Blog-Eintrag , bräuchte man eine neue Möglichkeit, Nachrichtenseiten durchzublättern, damit das so schnell gehe wie bei einem gedruckten Magazin.
Für den US-Markt hat Google über Nacht eine neue Seite namens Fast Flip live geschaltet, die dieses schnellere Blättern ermöglichen soll. Fast Flip zeigt Screenshots der betreffenden Seiten, klickt man in diese hinein, wird man schließlich zum Originalangebot weitergeleitet. Fast Flip, bestätigte Google-News-Manager Josh Cohen auf Nachfrage in einer Telefonkonferenz, sei eine Art neue Benutzeroberfläche für einen Google-News-artigen Dienst.
Neben den Screenshots wird Werbung platziert, mit den Betreibern der Seiten wurden dazu - anders als beim normalen Google News - Verträge abgeschlossen. Die Umsätze, die Fast Flip erzielt, will man mit den Verlegern teilen. Zum Start des Angebotes sind große Namen an Bord: Unter anderem die "New York Times", der "Atlantic", die "Washington Post" und "Newsweek".
Erster Eindruck - Desorientierung
Man kann auf der Seite Voransichten einzelner Geschichten aus unterschiedlichen Angeboten durchblättern - mit einem Klick auf einen Thumbnail öffnet sich eine Großversion der Voransicht, mit einem Klick auf einen Pfeil nach rechts oder links kann man blättern. Wer den ganzen Artikel lesen will, muss dann auf die nur als Bilddatei vorliegende Voransicht klicken und wird ins Originalangebot, ob "Washington Post" oder "BBC News", umgeleitet.
Die zu durchblätternden Seiten kann man nach unterschiedlichen Kriterien zusammenstellen lassen - von "meistgesehen" über konkrete Themen (zum Start im Angebot unter anderem "Beatles" und "Abtreibung") bis hin zu klassischen Ressorts wie "Politik" oder "Sport". Alternativ zur Blätter-Funktion kann man sich in der linken Spalte eine senkrecht angeordnete Liste mit Voransichten aus dem jeweils ausgewählten Bereich anzeigen lassen, durch die mit einem Scrollbalken navigiert werden kann. Meist zeigt die Voransicht die Artikelebene - wer etwa auf "Headlines" klickt, bekommt die Artikel zu den Titelschlagzeilen der jeweiligen Angebote angezeigt. Neben jeder Voransicht steht ein Werbebanner.
Schnell geht all das in der Tat - bis man tatsächlich einen Artikel lesen möchte und dann warten muss, bis die eigentliche Nachrichtenseite aufgerufen wird. Der erste Eindruck ist aber auch einer ziemlicher Desorientierung. Was Fast Flip im Endeffekt tut, ist die gelernte Navigation einzelner Angebote vollständig auszuhebeln, sie in ihre Bestandteile zu zerlegen und die dann nach unterschiedlichen Kriterien zu sortieren. Irritierend ist auch, dass die Voransichten eben keinerlei Funktionalität jenseits des Links zur eigentlichen Seite bieten - Links und Blatt-eigene Navigation sind zwar sichtbar, man landet aber, weil man es ja mit einem Screenshot zu tun hat, stets im Artikel selbst - egal, wohin man klickt. Fast Flip zeigt ausschließlich funktionslose Web-Seiten-Dummies.
Hilfe für die gebeutelten Verlage?
Fast Flip kombiniere "die besten Elemente von gedruckten und Online-News", schreibt Bharat. Man könne sich personalisierte Seiten zusammenstellen oder Empfehlungen von Freunden, die den Dienst ebenfalls nutzen, folgen. Auf Mobilgeräten mit Touchscreen wie dem iPhone oder Android-Handys soll man die Seiten auch quasi-physisch umblättern können, indem man mit dem Finger über das Display streicht.
Die Verlegerbranche, so Bharat, stehe derzeit "vor vielen Herausforderungen". Man glaube bei Google daran, dass Teil der Lösung der Probleme sein müsse, "Leser zu ermutigen, mehr Nachrichten zu lesen". Fast Flip könne "eine Methode sein, hier zu helfen". Die Leser könnten Artikel damit schneller lesen, würden deshalb mehr lesen und den Verlegern so mehr Anzeigenerlöse bringen. Man wolle den Verlegern helfen "Publikum zu erreichen, die Leser dazu zu bringen, sich mit ihren Inhalten auseinanderzusetzen, Geld zu verdienen", pries Google-News-Manager Cohen die Vorzüge des Projektes. Er sei sicher, Nutzer würden dank Fast Flip "mehr konsumieren, weil es genau zu diesem Zweck gestaltet wurde".
Ob sich all das bewahrheitet, bleibt abzuwarten - der eine oder andere europäische Verleger jedenfalls ist dem Projekt gegenüber durchaus skeptisch eingestellt. Denn wenn Google grafische Display-Ads, also etwas anderes als die üblichen reinen Textanzeigen, neben die Seiten-Screenshots stellt, konkurriert der Suchmaschinenkonzern hier auf einem Kern-Umsatzgebiet mit den Angeboten der Verlage - auch wenn dann ein Teil der Erlöse an diese abgeführt wird. Nach den Vorschlägen für Monetarisierungssysteme für Online-News ist Fast Flip aber schon der zweite Vorstoß Googles in Richtung Verleger. Ob es sich dabei um echte Diplomatie oder einer Art erdrückende Umarmung handelt, ist noch nicht ausgemacht.
In Europa soll Fast Flip vorerst nicht eingeführt werden, und auch die US-Version ist ein Betatest, der im "Labs"-Bereich des Google-Angebotes untergebracht ist.
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