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Grenzkonflikt: Wo Google eine Grenze falsch zog

Foto: YURI CORTEZ/ AFP

Fehler in Google Maps Einfach mal einmarschieren

Eine nicaraguanische Militäreinheit ist ins Nachbarland Costa Rica einmarschiert - aus Versehen, wie es heißt. Die Truppe hat sich bei ihrer Planung angeblich auf Googles Kartendienst verlassen. Der Fehler wurde inzwischen korrigiert. Doch der Konflikt schwelt weiter.

Als wäre der ständige Ärger mit Datenschützern nicht schon Stress genug, soll Google jetzt auch noch als Buhmann für internationale Konflikte herhalten. Zeitungsberichten vom Wochenende zufolge soll ein Fehler des US-Konzerns einen Grenzkonflikt in Mittelamerika ausgelöst haben. Demnach haben in der vergangenen Woche nicaraguanische Truppen die Grenze zum Nachbarland versehentlich überschritten und machen für ihren Fehler Google verantwortlich. Ein Vermittler soll nun die Wogen glätten, bevor der Zwischenfall zum Thema für den Uno-Sicherheitsrat wird.

Wie die größte Tageszeitung Costa Ricas, " La Nacion ", berichtet, hat eine Einheit des nicaraguanischen Militärs die Grenze der beiden Länder nahe der Atlantikküste überschritten. Eine dort vorgefundene Fahne Costa Ricas sei abgenommen und durch ein Flagge Nicaraguas ersetzt worden. Dann habe der Trupp ein Camp errichtet und damit begonnen, den San-Juan-Fluss auszubaggern und dessen Sedimente am Ufer aufzuschichten.

Eine Invasion also, könnte man sagen, nur ohne Schusswechsel, was nicht verwunderlich ist, da Costa Rica über kein eigenes Militär verfügt. Die Grenze wird von der Polizei gesichert.

Bing macht es richtig

Aber eine Invasion war nicht das Ziel der Eindringlinge. Vielmehr hätten sie sich sicher und auf heimischem Grund gewähnt. So lautet jedenfalls die offizielle Erklärung Nicaraguas zu dem Vorfall. Demnach habe sich der Kommandeur der Truppe bei seiner Einsatzplanung am Online-Kartendienst Google Maps orientiert - der die Grenzlinie falsch gezogen habe.

Ein Fehler, den Google auch umgehend zugab. Im Firmen-Blog  erklärte der Google-Mitarbeiter Charlie Hale, wie es dazu kommen konnte. Demnach sei das Ursprungsmaterial der Google-Karten fehlerhaft gewesen - und das sei vom US-Außenministerium geliefert worden. Mittlerweile habe das Ministerium Google einen korrigierten, um die richtigen Grenzpunkte ergänzten Datensatz geliefert, der jetzt in die Datenbanken von Google Maps und Google Earth eingearbeitet wird.

Ein interessantes Detail dabei: Microsoft-Google-Konkurrent Bing stellt die Grenzführung korrekt dar, genau so nämlich, wie es die beiden Staaten schon 1858 ausgehandelt und sich 1888 vom damaligen US-Präsidenten Cleveland haben bestätigen lassen.

Besser noch mal prüfen

Mit dem Google-Update, so könnte man meinen, sei die Angelegenheit erledigt und die Welt wieder zurechtgerückt, doch dem ist keineswegs so. Die Organisation Amerikanischer Staaten setzte ihren Generalsekretär José Miguel Insulza in Marsch, um den Streit zwischen den Nachbarstaaten zu schlichten, der durch Googles Eingeständnis alles andere als beigelegt wurde. So beschuldigte Costa Ricas Präsidentin Laura Chinchilla Nicaragua in "La Nacion", die Truppen trotz des offenkundigen Fehlers nicht sofort wieder aus dem Grenzgebiet abgezogen zu haben.

Der " Sydney Morning Herald " berichtet unterdessen, Nicaraguas Außenminister Samuel Santos habe Google offiziell gebeten, die in seinen Augen korrekte Grenzziehung nicht zu verändern. Costa Rica reagierte, indem es 150 Grenzschützer entsandte.

Präsidentin Chinchilla bezog derweil einen klaren Standpunkt: Wenn die Vermittlung durch José Miguel Insulza scheitere, werde sie den Fall dem Uno-Sicherheitsrat zur Klärung vorlegen. Ganz egal, ob Google nun seine Karten ändere oder nicht, das gedruckte und zwischen Nicaragua und Costa Rica längst abschließend verhandelte Kartenmaterial lege die Grenze eindeutig fest.

Google jedenfalls täte gut daran, die Grenzlinien in seinem digitalen Kartenwerk noch einmal ausführlich zu überprüfen. Zwar hatte der Konzern erst im Sommer etliche Verbesserungen an Grenzverläufen  gemeldet, doch scheint das immer noch nicht ausgereicht zu haben, um alle potentiellen Streitpunkte zu beseitigen. Und sei es nur, damit Google nicht noch einmal als Sündenbock für einen Grenzkonflikt hergenommen werden kann.

mak
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