Firefox 3 Mehr Ordnung, mehr Durchblick, mehr Komfort

Die Zeiten von Microsofts Quasi-Monopol mit dem Internet Explorer sind vorbei. Seit dieser Nacht ist die neue Version 3 von Firefox verfügbar - er soll der neue Volksbrowser werden: Die Programmierergemeinde hofft auf den größten Massen-Download der Netzgeschichte.

Der Countdown läuft seit Wochen. Ende Mai verkündete Mozilla in einer beispiellos professionellen PR-Aktion, dass es diesmal schon ein Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde werden müsse. Die Organisation, die seit diesem Dienstag um 19 Uhr die dritte Version des Open-Source-Browsers Firefox anbietet, will deutlich mehr als zwei Millionen Downloads binnen 24 Stunden schaffen. Eine Spitzenmarke, die Mozilla selbst einst mit der Veröffentlichung von Firefox 2 gesetzt hatte.

Für den sogenannten Download Day gab es sogar ein Voranmeldungsverfahren. Bis Dienstagmittag meldeten sich rund 1,5 Millionen Firefox-Fans auf diese Weise bereit zum Herunterladen, allein in Deutschland 66.000. Mozilla koordinierte sogar weltweit Download-Partys - wobei man damit hierzulande nichts anfangen konnte. Die Deutschen sind offensichtlich noch nicht so weit, dass sie Partys schmeißen, weil ein neues Produkt veröffentlicht wird. (Zumal die Fußball-EM doch spannender werden dürfte.)

Das kann der neue Firefox - die Funktionen im Überblick:

Die Hoffnungen gehen nun in Richtung von 3,5 Millionen Downloads binnen 24 Stunden. Zum Vergleich: Microsofts neuester Internet Explorer brachte es zuletzt auf rund drei Millionen in vier Tagen - automatisch ausgeführt und ohne bewusste Entscheidung der Nutzer. Eben jenen Explorer soll Firefox mit seinen neuen Funktionen attackieren.

Browser sind die Surfbretter für das Internet. Die Schlüssel-Software, die bestimmt, wie wir uns durch das WWW bewegen und was wir dort unternehmen können. Firefox gilt als flexibelster aller Browser, weil es für ihn die meisten Zusatzprogramme gibt. Aufsetzend auf dem Standardmodell lässt sich der Browser nach Gusto erweitern, mit inzwischen geschätzt mehr als 3000 Programmzusätzen ("Apps").

Das Angebot reicht von Nützlichkeiten wie einer Wiederaufruffunktion für versehentlich geschlossene Seiten oder ein integriertes Übersetzungslexikon für Chinesisch und Japanisch bis zu hübschen Spielereien wie der Lupe für Bilder auf Webseiten (bei Opera ist so etwas allerdings Standard). Es gibt Flock, eine von Yahoo finanzierte Sonderform des Browsers, der für Social Networks und Web-2.0-Anwendungen optimiert ist.

Der Weltmarktanteil von Firefox wird auf 25 Prozent taxiert, in einigen Ländern Europas nähert er sich zügig der 50-Prozent-Marke. In Deutschland wird er auf 30 bis 40 Prozent geschätzt. Beim IT-interessierten Publikum von Seiten wie heise.de hält Firefox den Spitzenplatz, mit knapp mehr als 50 Prozent.

Bei Privatnutzern dürfte Firefox dem Internet Explorer inzwischen sogar den Rang abgelaufen haben. Darauf deuten zumindest die Log-Statistiken großer Web-Seiten wie SPIEGEL ONLINE hin, die seit rund zwei Jahren zeigen, dass die Mehrheit der Nutzer am Wochenende Firefox nutzt. Die Spitzenposition des Internet Explorers während der Woche wird nur noch dadurch gehalten, dass Microsofts Browser auf den meisten Bürorechnern vorinstalliert ist (siehe Tabellen).

Kein Wunder, galt der Internet Explorer doch jahrelang als völlig veraltet. Erst mit Version 7 konnte Microsoft aufschließen und bietet seitdem Features an, die die Konkurrenz von Opera und Mozilla Jahre zuvor eingeführt hatte. Für den Sommer ist die Version 8 des Internet Explorers angekündigt, mit der Microsoft Boden gutmachen will - wobei das Gelingen keineswegs sicher ist. Denn neben Firefox 3 gibt es auch Opera in einer neuen Version, und auch die Norweger setzen wieder mal Maßstäbe in Sachen Internet-Innovationen.

Volksbrowser, Robin Hood, Benchmark-Führer

Der Firefox ist nicht zuletzt deshalb so populär, weil er eine Art Volksbrowser ist - programmiert von Internet-Nutzern für Internet-Nutzer, ohne kommerzielle Interessen. Der Robin Hood unter den Browsern, wenn man so will. Dem fliegen natürlich die Herzen zu.

Allerdings gibt es auch sachliche Gründe für Mozillas Erfolg. Die Performance zum Beispiel. Sie wird bei Software mit sogenannten Benchmarks gemessen: Belastungstests, in denen das Verhalten und die Geschwindigkeit einer Software in bestimmten Anwendungen, Arbeitsumgebungen und Systemkonfigurationen gemessen wird. Den ultimativen Test, welcher Browser nun der sicherste, schnellste und stabilste ist, gibt es also nicht - dafür aber eine Vielzahl verschiedener Benchmarks, die zusammen durchaus ein aussagekräftiges Fazit zulassen.

ZDnet hat eine Vielzahl von Benchmarks zusammengetragen, die ein Bild des Leistungsvergleichs  geben. Die Tests basierten zwar noch auf den Beta-Versionen der Browser, aber in der Summe ist das Bild eindeutig: Opera und Firefox liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Spitzenplatz, hier und da hat Apples Safari die Nase vorn (auf Mac OS X sowieso) - und der Internet Explorer hinkt hinterher. Das gilt auch für die Betaversion der Programmversion 8.

Geschwindigkeit ist demnach für den Nutzer nicht alles - denn wenn es danach gegangen wäre, hätte der Internet Explorer schon vor Jahren vom Markt verschwinden müssen. Wirklich wichtig ist vor allem das "Look and Feel": Wie vertraut fühlt sich ein Browser an? Wie intuitiv lässt er sich bedienen? Wie kompliziert ist es, seine Sonderfunktionen zu finden und zu nutzen? Genau daran war Opera lange Zeit gescheitert - obwohl der Browser seit Ende der neunziger Jahre eigentlich immer der innovativste auf dem Markt war.

Auch die Firefox-Entwickler sahen in diesem Bereich noch Mankos. Hier hat sich mit Version 3 am meisten verändert. Firefox wird alles in allem immer mehr zum zeitgemäß bonbonbunten, elegant gestylten Volksbrowser für jedermann, der zahlreiche Features von sich aus anbietet - statt darauf zu warten, dass die jemand sucht:

  • In der extrem vereinfachten Bookmark-Verwaltung kann man nun Sternchen vergeben, um wichtige Bookmarks hervorzuheben, und Kommentare zu Links aufnehmen - um sich selbst klarzumachen, warum man sich die Seite überhaupt merken wollte.
  • Warn-Icons zeigen, wenn man sich in Schmuddelecken des Internets bewegt.
  • Die Zurück-Taste ist optisch vergrößert, damit man nicht mehr danebenklickt.

Die auffälligsten Veränderungen des Browsers sind letztlich Kosmetik. Firefox 3 wird für die verschiedenen Betriebssysteme in einem jeweils eigenen, passenden Design angeboten. Soll heißen: Windows-Vista-Firefox sieht wie Vista aus, Ubuntu wie Ubuntu, XP wie XP, Mac wie Mac ...

Am Ende offenbart genau diese Neuerung eine der größten Stärken des Firefox-Konzeptes: Konsequent werden alle denkbaren populären Betriebssysteme bedient. In dieser Hinsicht hat dem Browser nur noch Opera etwas voraus: Dessen Version 9.5 hat eine Synchronisierungsfunktion, die gewährleistet, dass man auf allen denkbaren Plattformen immer den gleichen Browser vorfindet. Mit den gleichen Voreinstellungen, denselben Bookmarks etc. - egal ob man gerade per Mac, Windows PC oder Handy im Web unterwegs ist.

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