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Raw-Konverter: Entwickeln und Archivieren

Foto: Michael J. Hußmann / DOCMA

Software zur Bildverwaltung Die besten Bild-Veredler im Vergleichstest

Sichten, entwickeln, archivieren: Raw-Konverter sind günstige Alleskönner-Programme zum Bearbeiten und Verwalten von Fotos. Das Fachmagazin für Bildbearbeitung "Docma" vergleicht vier große Konverter. ACDSee Pro, Aperture, Capture One, Lightroom - wer gut abschneidet, verrät der Test.
Von Michael J. Hußmann

Früher waren Raw-Konverter bloß reine Bildwandler: Die Programme können aus den Rohdaten von Digitalkameras je nach Aufnahmesituation bessere Bilddateien errechnen als die Automatik in Kameras. Der Fotograf kann steuern, wie die Bilder sich bei der Entwicklung verändern, so wie früher im Labor. Inzwischen erledigen Raw-Konverter aber noch viel mehr.

Die meisten Bild-Veredler decken heute den gesamten Workflow des Fotografen:

  • Fernsteuerung der Kamera über den Computer (Tethering),
  • Sichtung der Aufnahmen und ihrer Verwaltung in einer Bilddatenbank,
  • Entwicklung der Rohdaten,
  • Präsentation und Export fertiger Bilder, sei es offline auf der lokalen Festplatte oder online bei Cloud-Diensten oder Plattformen wie Flickr oder Facebook.

Nur wenn Fotografen eine komplexere Bildbearbeitung oder Montage wollen, müssen sie von der Workflow-Anwendung zu Photoshop wechseln.

Wenn die Zahl der Bilder die Zigtausend erreicht, lassen sie sich nur noch in einer Bilddatenbank sinnvoll verwalten. Das macht zunächst Arbeit, denn den importierten Bilddateien müssen Schlagwörter, Copyright-Informationen und Wertungen zugeteilt werden, belohnt aber durch einen schnellen Zugriff auf gesuchte Fotos im Archiv.

Wenn Sie sich diese Mühe erst einmal gemacht haben und mit den Features einer Workflow-Anwendung vertraut geworden sind, werden Sie vermutlich zögern, die Anwendung zu wechseln, aber es lohnt sich dennoch, einmal nachzuschauen, was Konkurrenz-Software kann.

ACDSee Pro 6, Aperture, Capture One und Lightroom - vier großen Raw-Konverter im Vergleichstest.

ACDSee Pro 6 - hohe Bildqualität, kein Tethering

Foto: Michael J. Hußmann / DOCMA

Von den vier vorgestellten Anwendungen ist allein ACDSee Pro 6 nicht für das Mac-System OS X verfügbar. ACD Systems bietet zwar ein ACDSee Pro 2 für OS X an, dieses Programm hat aber nicht denselben Leistungsumfang wie die Windows-Version. ACDSee war ursprünglich ein reiner Bildbetrachter; erst mit der 2007 eingeführten Pro-Version kam ein Raw-Konverter hinzu. Auf Tethering müssen Sie allerdings noch verzichten.

Bildverwaltung: Bei dieser Entwicklungsgeschichte ist es nicht überraschend, dass Sie mit der Entwicklung von Raw-Dateien direkt aus dem Browser von ACDSee Pro heraus beginnen können; Sie müssen die Dateien nicht erst in eine Bibliothek importieren, wie es die anderen hier getesteten Anwendungen erfordern. Mit frei definierbaren hierarchischen Listen von Schlagwörtern können Sie ihre Bilder dennoch so beschreiben, dass sie sich schnell wiederfinden lassen. Haben Sie beispielweise "Berlin", "Deutschland" und "Europa" in einer hierarchischen Liste von Aufnahmeorten definiert, so brauchen Sie in Berlin aufgenommene Bilder nur auf "Berlin" zu ziehen und finden sie dann auch wieder, wenn Sie danach "Deutschland" oder "Europa" anklicken.

Bildbearbeitung: Der Raw-Konverter bietet neben globalen Reglern auch einen Pinsel, mit dem Sie nicht-destruktive Anpassungen gezielt auf einzelne Details anwenden. Zu den Besonderheiten dieser Anwendung gehört eine Funktion für Pseudo-HDR-Effekte auf Basis einer einzigen Raw-Aufnahme. ACDSee Pro entfernt Farbsäume aufgrund der chromatischen Aberration oder Purple Fringing, aber die optimalen Korrekturwerte müssen Sie selbst herausfinden; Objektivprofile kennt die Anwendung nicht.

Rauschunterdrückung: Als Testbild diente uns eine bei ISO 1600 belichtete Aufnahme der von allen vier Anwendungen unterstützten Nikon D3X. Im Vergleich zeigte sich, dass die Rauschunterdrückung von ACDSee Pro auch bei höheren Werten recht zurückhaltend arbeitet und feine Details erhält.

Fazit: Hohe Qualität der Konvertierung bei noch verbesserungsfähiger Rauschunterdrückung; der Funktionsumfang der anderen Anwendungen wird nicht erreicht. Pfiffiger Ansatz zur Verschlagwortung.

ACDSee Pro 6
Hersteller:
www.acdsee.com/de 
Systeme: Windows (ab XP)
Preis: 79,99 Euro

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Aperture 3 - viele Funktionen, durchschnittliche Bildqualität

Foto: Michael J. Hußmann / DOCMA

Die Apple-Software Aperture ist nur für OS X verfügbar. Die Raw-Konvertierung war ursprünglich der Schwachpunkt Apertures, wurde von Apple aber stetig verbessert. Die eigentliche Konverter-Engine ist Teil von OS X und wird daher unabhängig von Aperture durch Raw-Compatibility-Updates des Betriebssystems aktualisiert.

Bildverwaltung: Aperture verwaltet importierte Bilder in seiner Mediathek, die mit der von iPhoto kompatibel ist. Sie müssen Ihre Bilder nicht ebenfalls in diese Mediathek kopieren, aber nach dem Import von 30.000 Bildern erreichte sie dennoch eine Größe von rund 30 GB. Von iPhoto hat Aperture eine automatische Gesichtserkennung entliehen, die allerdings auch in Bäumen und Hausfassaden Gesichter erkennt und daher besser ungenutzt bleibt. Wirklich praktisch sind dagegen die Funktionen zum Geotagging; über eine Kartenansicht finden Sie an einem bestimmten Ort aufgenommene Fotos schnell wieder, sofern die Koordinaten in den Metadaten gespeichert sind.

Falls Sie keinen GPS-Logger haben, können Sie den Aufnahmeort auch in der Kartenansicht heraussuchen und zuweisen. Aperture erlaubt eine Suche nach Metadaten, Beschreibungen und Schlagwörtern, wobei Sie leider keine Hierarchie vorgeben können. Im bei ACDSee Pro beschriebenen Fall müssten Sie das Foto aus Berlin selbst mit den Schlagwörtern "Deutschland" und "Europa" versehen.

Bildbearbeitung: Im Raw-Konverter lassen sich fast alle Anpassungen auch gezielt mit einem Pinsel in das Bild malen, statt sie global anzuwenden, natürlich ebenfalls nicht-destruktiv. Abbildungsfehler des verwendeten Objektivs wie die chromatische Aberration korrigiert Aperture automatisch, wenn die Eigenschaften dieses Objektivs bekannt sind. Die Rauschunterdrückung neigt bei Motiven mit geringen Farbkontrasten zu einer aquarellartigen Weichzeichnung, wie man in unserem Testbild vor allem beim Sandpapier erkennt, dessen Struktur nur noch wenig mit dem Original zu tun hat.

Fazit: Eine vielseitige und mächtige Anwendung, dazu mit Spielereien wie etwa einer Gesichtskennung. Die Bildqualität bleibt hinter den Mitbewerbern zurück. Wenig Unterstützung für Kameras abseits des Mainstream.

Aperture 3
Hersteller:
www.apple.de 
System: OS X (ab 10.7.5)
Preis: 69,99 Euro

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Capture One 7 - bewährter Raw-Konverter, unausgereifte Datenbank

Foto: Michael J. Hußmann / DOCMA

Der Raw-Konverter von Phase entstand aufgrund der Notwendigkeit, die Mittelformat-Rückteile dieses Herstellers zu unterstützen, wurde dann aber zu einem eigenständigen Produkt ausgebaut, das auch zu Modellen anderer Hersteller kompatibel ist. Die neueste Erweiterung ist eine integrierte Bilddatenbank, die Phase One vom hinzugekauften Media Pro übernommen hat - die von beiden Produkten genutzten Katalogdateien sind kompatibel.

Bildverwaltung: Capture One erfordert nunmehr einen Import zu entwickelnder Bilder, aber die Bilddateien selbst können an dem Ort auf der Festplatte bleiben, an dem Sie sie gespeichert hatten. Die Integration des Raw-Konverters und der Bilddatenbank scheint mit der getesteten Version 7.1 aber noch nicht abgeschlossen zu sein.

Capture One fehlen komfortable Möglichkeiten, beispielsweise hierarchische Ortsangaben zu definieren. Wenn Sie diese nicht aus einer vorhandenen Media-Pro-Datenbank übernehmen, ist die Definition in Capture One mühsam. Wie in Media Pro sind Ortsangaben hierarchisch organisiert, andere Schlagwörter jedoch nicht. Der Import von 30.000 Fotos überforderte die von uns getestete OS X-Version der Anwendung, die oft abstürzte oder nicht mehr reagierte und dann zwangsweise beendet werden musste.

Bildbearbeitung: Die Raw-Entwicklung unterstützt nicht nur globale und mit Masken auf einzelne Bereiche beschränkte Anpassungen; Sie können für solche Operationen auch zusätzliche Ebenen einrichten und die Wiedergabe verschiedener Motive im Bild in jeweils einer eigenen Ebene optimieren. Da die Mittelformatkameras, für die Capture One ursprünglich entwickelt wurde, keinen Tiefpassfilter vor dem Sensor haben, galt der Moiré-Unterdrückung ein besonderes Augenmerk; die Wirksamkeit dieser Funktion machte Capture One zum bevorzugten Raw-Konverter für diese Kamerakategorie.

Die Rauschunterdrückung geht einen Mittelweg zwischen niedrigem Rauschen und einem Verlust an Details; feine Strukturen können miteinander verkleben, aber Farbabstufungen werden nicht durch eine starke Weichzeichnung in den Farbkanälen eliminiert. Abbildungsfehler bekannter Objektive kann Capture One selbsttätig korrigieren.

Fazit: Die Verbindung eines bewährten und featurereichen Raw-Konverters mit einer Bilddatenbank ist in dieser Version noch nicht befriedigend umgesetzt. Die Unterstützung aktueller Kameramodelle ist teilweise lückenhaft.

Capture One 7
Hersteller: www.phaseone.de 
System:
Windows (ab Vista); OS X (ab 10.6.8)
Preis: 229,- Euro

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Lightroom 4 - viele Funktionen, leichte Bedienung

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Die erste, nur für OS X verfügbare Beta von Adobe Lightroom erschien 2006, vier Monate später als Aperture. Die Raw-Engine von Lightroom wie auch Camera Raw ist mittlerweile der dritte sogenannte Prozess, wobei aus Gründen der Rückwärtskompatibilität neben der aktuellen Version 2012 auch die älteren Prozesse 2003 und 2010 noch immer auswählbar sind. Es lohnt sich aber, auch für ältere Bilder einmal den neuen Prozess auszuprobieren, da er oft bessere Ergebnisse liefert und auch neue Möglichkeiten zur Bildoptimierung bietet.

Bildverwaltung: Vor der Raw-Entwicklung kommt der Import der Dateien, falls Sie die Kamera nicht über Lightroom fernsteuern und die Dateien gleich auf der Festplatte speichern. Die Originaldateien können am ursprünglichen Ort verbleiben; der von Lightroom angelegte Katalog bleibt dabei erfreulich schlank; wo Aperture unter vergleichbaren Bedingungen rund 30 GB für 30.000 Fotos braucht, kommt Lightroom mit fünf GB aus.

Wie mit ACDSee können Sie auch in Lightroom Hierarchien von Schlagwörtern anlegen und brauchen dann nur das jeweils spezifischste Schlagwort einem Bild zuzuweisen; eine Aufnahme aus Berlin gilt also beispielsweise auch als Aufnahme aus Deutschland und Europa. So finden Sie Ihr Berlin-Bild auch unter "Europa", aber die angezeigte Zahl der Bilder führt in die Irre: Hier gilt nur als Europa-Bild, was das Schlagwort "Europa" trägt. Lightroom schlägt auf Basis der bereits vergebenen Schlagwörter andere vor, die oft mit diesen zusammen vergeben wurden, was die Verschlagwortung beschleunigt.

Sie können die Bilder nach verschiedenen Kriterien filtern, nicht nur nach Schlagwörtern, sondern auch nach Aufnahmedaten, dem Kamera- oder Objektivtyp oder einem Beschreibungstext. Die einfachste Art, Bilder mit Ortsinformationen zu versehen, ist naturgemäß das Geotagging, und Lightroom unterstützt den Abgleich zwischen Bildern und einem GPS-Log.

Bildbearbeitung: Von den beiden Ansätzen zur Optimierung der Tonwerte, nämlich einerseits dem Strecken oder Komprimieren von Teilen des Histogramms und andererseits der Verformung der Gradationskurve, setzt Lightroom auf die Gradationskurve (ACDSee Pro, Aperture und Capture One unterstützen beide Varianten). In der Standardversion haben Sie allerdings nur eingeschränkte Verformungsmöglichkeiten, so dass die Wirkung eher dem Histogramm-Ansatz entspricht, der allzu extreme Effekte vermeidet. Sie können die Gradationskurve aber auch frei verbiegen und damit beispielsweise einen Solarisationseffekt erzielen.

Wie Aperture und Capture One verfügt Lightroom über Objektivprofile, mit denen Abbildungsfehler wie die chromatische Aberration meist automatisch korrigiert werden.

Besonders nützlich ist der Korrekturpinsel, mit dem Sie verschiedene Effekte in das Bild hinein malen. Die Anwendung des Pinsels bietet sich an, wenn Sie störendes Farbmoiré entfernen wollen, wie es Kameras mit Sensoren ohne Tiefpassfilter erzeugen - es ist der Preis, den man für deren hohe Auflösung zahlt. Da die Moiré-Unterdrückung wiederum Auflösung kostet, sollten Sie die Korrektur auf die Bereiche beschränken, in denen sich tatsächlich Artefakte zeigen.

Die Regler zur Unterdrückung von Luminanz- und Farbrauschen lassen sich weit aufziehen, weiter, als normalerweise sinnvoll ist. Ihr gemäßigter Einsatz erzeugt rauscharme Bilder mit feinen, nicht verschmierten Details. In den Farbkanälen wird allerdings weichgezeichnet, so dass Farbabstufungen verloren gehen können. Die Moiré-Unterdrückung in Lightroom ist der bislang führenden von Capture One mindestens ebenbürtig.

Fazit: Eine mächtige und dennoch leicht bedienbare Workflow-Anwendung mit sehr guten Bildresultaten, die herstellerneutral ein breites Spektrum von Kameramodellen unterstützt.

Lightroom 4
Hersteller:
www.adobe.de 
System: Windows (ab Vista); OS X (ab 10.6.8)
Preis: 129,71 Euro

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Fazit: Lightroom führt, ACDSee holt auf

Die Erweiterung des Leistungsspektrums reiner Raw-Konverter zu Anwendungen zur Unterstützung aller Arbeitsabläufe des Fotografen hat die Kundenbindung verstärkt - bis zu dem Extrem, einen Kamerakauf von der Kompatibilität mit der favorisierten Software abhängig zu machen.

Die Verwaltung der Aufnahmen ist arbeitsaufwendig, und dieser eher unkreativen Mühe unterzieht sich niemand gerne mehr als einmal. So weit sich die selbst eingegebenen Metadaten wie Schlagwörter, Bildtitel, Beschreibungen und Copyright-Informationen in das standardisierte IPTC-Format übertragen lassen, wäre das aber auch bei einem Wechsel der Anwendung nicht zwingend nötig. Der Overhead, der durch die Bildverwaltung entsteht, fällt sehr unterschiedlich aus; insbesondere Aperture speichert dafür mehr Daten, als zwingend nötig erscheint. In jedem Fall empfiehlt es sich, die Bilddateien am Originalort zu belassen, damit sie nicht in den Tiefen einer Bibliothek verschwinden.

Obwohl Lightroom im Gegensatz zu Capture One nicht die Rechenleistung der Grafikkarte nutzt, erwies es sich im Vergleich als schneller als die ähnlich komplexen Anwendungen Capture One und auch Aperture. ACDSee überzeugt mit einer pfiffigen Methode zur Verschlagwortung wie auch durch Bilder mit feiner Detailzeichnung. Unter den Großen drei setzt sich Lightroom mit einer breiten Unterstützung von Kameramodellen, auf Praxisnutzen optimierten Werkzeugen und überzeugenden Bildergebnissen gegen Aperture und dem noch mit Fehlern behafteten Capture One durch.

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