GEZ-Gebühren für Computer Protest gegen den Plan aus der Online-Steinzeit
Aus Sicht der Öffentlich-Rechtlichen ist man sogar ein bisschen zurückgewichen. Die Agentur AFP etwa meldet, die ARD-Intendanten hätten mit ihrem Beschluss "dem Druck von Vertretern aus Wirtschaft und Politik nachgegeben". Denn eigentlich sollten PCs, die ans Internet angeschlossen sind, künftig wie Fernseher behandelt werden - also 17,03 Euro Rundfunkgebühr im Monat kosten. Nun sollen für Internet-Rechner künftig doch nur 5,52 Euro pro Monat fällig werden - wenn noch kein anderes Rundfunkgerät angemeldet ist. PCs werden also wie Radios behandelt.

ARD-Vorsitzender Thomas Gruber: PC-Gebühr auf 5,52 Euro gestutzt
Foto: DPADas ZDF will sich dieser Regelung anschließen. Sender-Sprecher Walter Kehr bestätigte gegenüber SPIEGEL ONLINE, man "trage diesen Vorschlag mit". Dies war zunächst fraglich gewesen, weil das ZDF keine Radiosender betreibt und man deshalb befürchtete, vom neuen Gebührensegen aus dem Netz nichts abzubekommen. Das ZDF rechnet laut Kehr mit einer Beteiligung in Höhe eines Viertels der neu entstehenden Einnahmen.
Die Gebühr auf 5,52 Euro zu stutzen, begründet die ARD jetzt mit der Einsicht, dass über das Internet zwar zahlreiche Radiosender, aber keine vollwertigen Fernsehprogramme zu empfangen seien. Die volle Gebühr zu erheben hält man bei der ARD deshalb für "rechtswidrig". Diese Einsicht hat für Verbraucher und Freiberufler einen gewaltigen Haken: In zwei bis drei Jahren soll die Situation neu bewertet werden, unter Berücksichtigung der technischen Entwicklung der sogenannten neuartigen Rundfunkgeräte - dann könnte womöglich doch zur vollen Fernsehgebühr aufgestockt werden.
Warten auf den Widerstand
Ende September müssen die Bundesländer die Regelung offiziell absegnen - ob sich bis dahin noch ausreichender Widerstand formiert, ist ungewiss. Die Medienpolitiker der Unionsparteien gaben den ARD-Anstalten am Mittwoch jedenfalls indirekt Rückendeckung. Sie forderten zur "Zurückhaltung" auf, meinten damit aber nur, die Gebühr nicht über 5,52 Euro anzusetzen. Der Fraktionsvorsitzende der Union, Joachim Herrmann (CSU) sagte: "Es ist zu diesem Zeitpunkt nicht verhältnismäßig, eine Fernsehgebühr für das bestehende Angebot zu verlangen."
Herrmann kündigte zudem eine Grundsatzdiskussion über die Rundfunkgebühren an. Das System sei im Zuge des technischen Fortschritts in die Jahre gekommen. Der CSU-Landtagsfraktionschef kündigte eine intensive Diskussion über "alternative Finanzierungsmodelle" für die öffentlich-rechtlichen Sender an. Erstaunlicherweise herrscht in diesem Punkt große Einigkeit: Die Grünen, die FDP, und sogar der Bundesverband der Verbraucherzentralen sind ebenfalls der Meinung, dass man ein neues System der Gebührenerhebung braucht, weil Radio und Fernseher längst nicht mehr die einzigen sind, die Ton und Bild nach Hause und ins Büro bringen.
Michael Bobrowski vom Bundesverband der Verbraucherzentralen etwa sagt: "Das Kriterium der Empfangsbereitschaft ist revisionsbedürftig." Eine solch grundlegende Reform tatsächlich anzustoßen, hat aber bislang niemand gewagt. Vielleicht auch deshalb, weil eine solche Abgabe zu möglichen Kollisionen mit EU-Recht führen könnte - die Europäische Union betrachtet die Förderung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ohnehin mit Argwohn.
"Nicht sachgerecht"
Grünen-Chef Reinhard Bütikofer hält die von der ARD empfohlene Regelung "nicht für sachgerecht" und befürchtet, "dass es am Ende extrem bürokratisch wird". Nicht alle internetfähigen PCs seien schließlich auch tatsächlich für den Rundfunkempfang geeignet, eine gerätebezogene Abgabe insofern schlicht nicht mehr zeitgemäß. "Man muss von der gerätebezogenen Strategie weg", so Bütikofer zu SPIEGEL ONLINE. Er plädiere stattdessen für eine geräteunabhängige Mediengebühr pro Haushalt. Damit könne man vermutlich auch bei der GEZ "eine Menge Personal einsparen", so der Grünen-Vorsitzendende.
Auch Christoph Waitz, medienpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, hält die Einigung nicht für ausreichend. Die Reduktion von 17,03 auf 5,52 Euro sei ein Schritt in die richtige Richtung, gehe aber nicht weit genug. "Wir wollen ein Moratorium für Handwerker und Selbständige", so Waitz zu SPIEGEL ONLINE. Bis die Bundesländer bei der Sitzung der Rundfunkkommission am 21. und 22. September eine endgültige Entscheidung herbeiführen, werde man über Eingaben in den Landtagen darauf hinarbeiten. Die Abgabe sei eine Belastung gerade für kleine Betriebe und Selbständige und damit "unnötig wie ein Kropf", so Waitz.
"Dreimal abkassieren ist Wegelagerei"
"Der Besitz eines Rechners hat nichts mit Radiohören zu tun - er dient der Arbeit und dem Geschäft", erklärte der Präsident des Bundesverbandes der Selbständigen (BDS), Rolf Kurz. Laut einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer Köln unter 20.000 Betrieben nutzten 93 Prozent den Firmencomputer nur zum Arbeiten und nicht als Rundfunkempfangsgerät. "Zudem zahlen Unternehmer in der Regel zu Hause bereits GEZ-Gebühr und - wenn vorhanden - darüber hinaus auch für einen Dienstwagen mit Radio", betonte Kurz. "Drei Mal für eine Sache abzukassieren, die man nur einmal nutzen kann, ist Wegelagerei."
Auch Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) fordert die Ministerpräsidenten auf, die GEZ-Pläne zu stoppen. "Diese Ideen stammen aus der Steinzeit des Online-Zeitalters", so Rohleder. Schon heute seien vom PC über das Handy bis zu Spielkonsolen fast alle IT-Geräte internetfähig und damit grundsätzlich geeignet für den Rundfunkempfang. Der Ansatz der GEZ habe sich "endgültig überlebt".
"Freiberufler und Kleinbetriebe nutzen in ihren Büros oft kein Rundfunkgerät und werden nun für ihre PCs abkassiert", sagte Rohleder. "Und das, obwohl sie den Rechner nur für E-Mail, die Pflege ihrer Webseite und die elektronische Steuererklärung brauchen." Zudem befürchtet der Verband, dass die Funkhäuser nach einer Übergangszeit den vollen Fernsehtarif von 17,03 Euro einfordern.
Ein gutes Zeichen sei es, dass sich in mehreren Ländern die Politiker parteiübergreifend gegen die PC-Gebühr aussprechen. Als Beispiel nannte Rohleder die schleswig-holsteinischen Landtagsfraktionen. Sie plädieren dafür, die Einführung um mindestens zwei Jahre zu verschieben. Am Donnerstag stimme der Kieler Landtag über entsprechende Anträge ab.
mit AFP/dpa/AP