Gut gepfuscht Teenie knackt Klausuren-Server
So einfach kann Pfuschen sein: Zur Vorbereitung auf eine "Orientierungsarbeit" im Schulfach Englisch hatte ein 14-jähriger Schüler des Lessing-Gymnasiums im sächsischen Kamenz von seinem Lehrer eine Internetadresse erhalten. Die führte auf einen Server des sächsischen Kultusministeriums ("Sachsen macht Schule"), wo die Klausurfragen des letzten Schuljahres 2003/2004 gespeichert und abrufbereit sind.
Der "Hack": Ein Kinderspiel
Die Dokumente liegen als PDF-Dateien vor und sind beamtisch ordentlich benannt: Kürzel verweisen als Bestandteil der Dateinamen auf die Schulform, das betreffende -fach, die Art der Klausur - und auf das Schuljahr, für das sie gedacht sind. So erschien die Zahl "04" als Bestandteil aller Dateinamen von Klausuren des letzten Schuljahres 2003/2004. Für die folgende transferierende Denkleistung brauchte es keinen kleinen Einstein: Was, fragte sich der Schüler, würde wohl passieren, wenn man die "04" durch eine "05" (für das Schuljahr 2004/2005) ersetzt?
Wie Ministeriumssprecher Dieter Herz am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur AP in Dresden sagte, gelangte der Neuntklässler so an die Lösungsvorgaben für die anstehende Orientierungsarbeit. Die waren eigentlich nur für Lehrer gedacht - aber von Schülern hätte die Seite ja auch keinen "Besuch" bekommen sollen.
Denn offenbar beschränkten sich die Sicherheitsmaßnahmen auf eine Nicht-Veröffentlichung der Adresse mit den aktuellen Klausuren. Das Ministerium ließ wissen, die Lücke sei durch "technische Änderungen" entstanden.
Aus Extra- wird wieder Lehrer-Intranet
- Sächsischer Bildungsserver:Öffentliche Schnittstelle
- Sächsischer Bildungsserver:Pädagogische Plattform
Aufgeflogen wäre der kleine Coup wohl kaum, wenn dem Schüler nicht ein Fehler unterlaufen wäre, der so alt ist wie das Pfuschen in der Schule: Er gab seine frisch gewonnene Weisheit an vier Mitschüler weiter. Die Fünf schrieben prompt weitgehend gleichlautende Arbeiten, was wiederum ihrem Lehrer auffiel. Der 14-Jährige, hieß es aus dem Kultusministerium, habe die Tat sofort gestanden.
Die Arbeiten der fünf Missetäter werden nun nicht gewertet. Ministeriumssprecher Herz zollte dem Gymnasiasten für seinen Erfindungsreichtum Respekt: "Wir können eine gewisse Anerkennung nicht versagen."
Inzwischen wurde die technische Notbremse gezogen: Nach "hinten" surft man im Verzeichnis der Kultusministeriumsseite noch immer frank und frei, nach "vorn" geht es nur noch mit Passwort. Und zwar nicht mehr wie bisher pauschal mit "einem für alle", sondern nur noch mit dem Passenden für jede einzelne Schule. Wer es trotzdem versucht, läuft gegen die virtuelle Wand: "Sorry,", steht dort nun beispielsweise, "die Datei 05oagy_9_en_fl.pdf ist nicht frei verfügbar!"