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Strategiewechsel: "Game of Thrones" als legaler Download

Foto: HBO/ Sky

"Game of Thrones" HBOs kleine Diebstahlsicherung

Es ist die meistverbreitete TV-Serie im Web, allerdings nur auf illegalen Kanälen: "Game of Thrones". Das will der Sender HBO nun ändern: mit einem Angebot via iTunes und Amazon. Ein überfälliger Schritt - aber womöglich nur der erste.

Der US-Sender HBO setzt der Raubkopie-Verbreitung seiner Serie "Game of Thrones" ("GoT") den vorgezogenen legalen Verkauf über Online-Videotheken entgegen. Und zwar unter Änderung der bisherigen Reihenfolge in der sogenannten Verwertungskette: Die deutschsprachige Version von "GoT" kann man nun bereits vor der Ausstrahlung dieser Synchronfassung im Pay-TV-Kanal TNT kaufen.

Die Downloads gibt es ab sofort bei iTunes und Amazons Instant Video - nicht zu verwechseln mit Amazons Abo-Dienst Prime Instant Video. Kaufen kann sie jeder mit einem iTunes- oder Amazon-Account, ohne Abonnement. Der Einzelkauf kostet je nach Shop und gewählter Qualität 2,49 bis 2,99 Euro, die gesamte vierte Staffel 19,99 bis 28,99 Euro.

Die neue Verwertungsreihenfolge der Serie sieht nun so aus:

  • Pay-TV-Ausstrahlung im Original, plus On-Demand-Abruf für Abonnenten (HBO, in Deutschland Sky bzw. Sky Go)
  • Synchronisierte Fassung bei Sky Atlantic HD
  • Download-Verkauf (Amazon und iTunes, Original und Synchronfassung)
  • Zweitausstrahlung Synchronfassung im Pay-TV (ab September bei TNT)
  • DVD-Verkauf und Free-TV (Frühjahr 2015, bei RTL 2)

Das legale Kaufangebot könnte hierzulande zumindest der Verbreitung von Raubkopien der Synchronfassung den Wind aus den Segeln nehmen. Die englische Fassung dürften Millionen von Serienfans längst als illegale Kopie auf ihren Festplatten haben. Aber vielleicht wenden sich einige davon nun auch der komfortablen legalen Variante zu.

HBO, das zu Time Warner Entertainment gehört, hatte lang gezögert, den Download-Verkauf in der Verwertungskette vorzuziehen. 2012 verbuchte HBO-Programmdirektor Michael Lombardo die illegalen Downloads in einen Interview mit "Entertainment Weekly" noch als eine Art Werbung: "Ich sollte das vielleicht nicht sagen, aber das ist gewissermaßen ein Kompliment. Die Nachfrage ist vorhanden. Und es hat sich sicher nicht negativ auf den DVD-Absatz ausgewirkt."

Kommt der Strategiewechsel?

Inzwischen ist nicht nur der DVD-Markt rückläufig, HBO hat solche Formen von Werbung auch kaum mehr nötig. Ein Grundproblem des Senders war lang, dass er als Pay-TV-Anbieter immer nur für eine eingeschränkte Zielgruppe sichtbar war. Das hat sich gründlich geändert - auch dadurch, dass illegale Kopien im Web der Zielgruppe zeigten, was HBO zu bieten hat.

HBO entstand als Pay-TV-Sender und begann als einer der ersten, auch eigene Inhalte zu produzieren. Seit den "Sopranos" (1999 bis 2007) diktiert es dabei, was im TV-Geschäft gerade State of the Art ist. HBO-Serien gehören zu den meistverkauften und meistgesehenen weltweit. Viele gelten als innovativ, und manche gar als Meilensteine der TV-Unterhaltung ("The Wire"). Die besten (zuletzt "True Detective") erreichen eine Qualität, die selbst im Kino nur noch selten zu sehen ist.

Entsprechend populär sind HBO-Inhalte auch online. Trotzdem entwickelte sich "Game of Thrones", seit zwei Jahren die erfolgreichste Serie des Senders, zu einem regelrechten Blockbuster. Über 18 Millionen zahlende Kunden in den USA sehen sich die frischen Folgen an. Darüber, wie viele Millionen sich die Raubkopie-Mitschnitte via Internet ansehen, gibt es nur wenig belastbare Schätzungen: "GoT" gilt aber auch auf den illegalen Kanälen des Webs (Torrents, Filehoster, Streaming-Portale) als meistgesehene TV-Serie der Welt.

Dass der Sender den illegalen Vertrieb seiner Waren so lang ignorierte und keine eigene, legale Alternative dagegen setzte, wirkte seltsam, war aber womöglich geschickt. Microsoft hatte schon in den Achtzigern vorgemacht, wie man durch weitgehendes Ignorieren von Software-Diebstahl riesige Verbreitung gewinnt und mit seinen Produkten unverzichtbar wird. Am Ende bot der Konzern den Dieben gegen kleines Geld die Legalisierung ihrer Software an und begann, diejenigen zu verfolgen, die dazu nicht bereit waren. Das Unternehmen gewann und band so Millionen von Kunden.

Ein erster Schritt, aber keine Kehrtwende

Möglich, dass auch HBO nun bald dazu übergeht, die illegalen Angebote im Web härter anzugehen. Streaming als Erstverwertung, also als weltweiter Direktvertrieb nicht gegen Abo-Gebühr, sondern gegen Zahlung des Einzelabrufs, wäre der konsequente nächste Schritt. Doch der beißt sich mit dem Abo-basierten Geschäftsmodell von HBO: Der Sender braucht diese großen TV-Events, die er selbst schafft, um Abo-Kunden zu gewinnen und zu binden.

Wie gut dieses Geschäftsmodell funktioniert, hat er in den letzten Jahren demonstriert. HBO-Programme sind heute in 151 Ländern empfangbar. Der Sender ist inzwischen die drittgrößte Cash-Cow im Time-Warner-Konzern, der Umsatz lag 2013 bei rund 4,9 Milliarden Dollar. Davon erwirtschaftet HBO allerdings 4,2 Milliarden mit Abo-Gebühren und nur 658 Millionen Dollar mit der Lizenzierung und dem Verkauf von Inhalten.

Da müsste also wohl noch einiges an Lizenz- und DVD-Geschäft wegbrechen, bis der Druck so stiege, das generelle Geschäftsmodell infrage zu stellen. Mittelfristig wird HBO aber am Streaming, das es mit dem nur für Abonnenten zugänglichen HBO GO bisher nur halbherzig bedient, auch wegen der wachsenden Konkurrenz durch Netflix kaum vorbeikommen.

Korrektur: Sky weist darauf hin, dass die Synchronfassung mit zeitlicher Verzögerung alternativ zur Originalfassung bei Sky Atlantic HD ausgestrahlt wurde. Die Sendung der Staffel bei TNT ab September ist demnach bereits eine Zweitverwertung.

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