Indirekte Förderung Ministerium füttert Wikipedia
Nur selten gibt es Pressemitteilungen über Kooperationen zwischen prominenten Partnern, die das Wort "Kooperation" vollständig vermeiden. Die Mitteilung, die die deutsche Wikimedia-Dependance am Dienstagmorgen verbreitete, schafft das mit Bravour: Von einer "engen Zusammenarbeit" ist da zwar die Rede, aber in Bezug auf das nova-Institut, das mit der Organisation des Informationsflusses aus Ministeriums-Quellen in Richtung Wikipedia betraut ist.
Quelle der Informationen ist die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR), finanziert aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV). "Staatliche" Unterstützung erfährt die Wikipedia also nicht direkt - sondern nur um zwei Ecken.
Trotzdem geht es um nicht mehr und nicht weniger, als um "das weltweit erste öffentlich geförderte Projekt zur Verbesserung der Wikipedia", wie es Kurt Jansson beschreibt, Vorsitzender von Wikimedia Deutschland.
Wie das aussehen soll, beschreibt Andreas Schütte, Geschäftsführer der FNR: "Einzelne Stichwörter sind in der Wikipedia schon heute vorbildlich beschrieben" - und meint damit seinen Fachbereich der "Nachwachsende Rohstoffe". In vielen Fällen dagegen seien die Stichwörter nur sehr knapp dargestellt, nicht aktuell und andere fehlten gänzlich.
Schütte: "Gemeinsam mit der Wikipedia-Community und bisher noch nicht in der Wikipedia aktiven Experten wollen wir dies in den kommenden drei Jahren nachhaltig ändern." Schließlich entwickle sich das Wissen in diesem Bereich ungeheuer schnell. Der Informationsbedarf im dynamischen Sektor der stofflichen und energetischen Nutzung Nachwachsender Rohstoffe sei immens.
Es geht um mehr als NaWaRo
Groß ist auch das Bedürfnis der Wikipedia - rein quantitativ längst Marktführer im Bereich der Lexika - nach den höheren Weihen verifizierter Information. Denn das ist das wichtigste Argument der Wiki-Kritiker: In einem Lexikon, an dem jeder mitarbeiten könne, ist eben auch eine Menge Mist zu finden - und nie weiß der Nutzer, ob eine präsentierte Information nun verlässlich ist oder nicht. Kurzum: Die Wikipedia gilt nach wie vor als nicht zitierfähig.
Kooperationen, in denen ausgewiesene Experten als Nutzer wie Macher der Wikipedia eingebunden werden, könnten zum Königsweg werden, das zu ändern. Zu einer dazu nötigen institutionalisierten Verzahnung scheinen beide Seiten bereit: Das mit dem Projekt beauftragte nova-Institut baut auf eine enge Zusammenarbeit mit der Gemeinschaft der Wikipedia-Autoren.
"Zunächst wollen wir gemeinsam eine Bestandsaufnahme und die Erarbeitung einer Stichwortliste angehen", erläutert Michael Carus, Geschäftsführer des nova-Instituts. Dazu seien auch Workshops mit aktiven Autoren der Wikipedia geplant, aber der größte Teil der Zusammenarbeit werde natürlich online innerhalb der Wikipedia erfolgen, so dass alle interessierten Autoren daran mitwirken können. Hierzu wird das nova-Institut in den nächsten Wochen bundesweit NaWaRo-Experten kontaktieren und in das Projekt einbinden.
Für eine reibungslose Zusammenarbeit soll ein aktiver Wikipedia-Koordinator beim Verein Wikimedia Deutschland e.V. sorgen, der das Projekt kontinuierlich begleitet. Bisher nicht in der Wikipedia aktive NaWaRo-Experten wird der Koordinator dabei unterstützen, ihr Wissen in die freie Enzyklopädie einzubringen.
pat