Industrie-Sprech Nur jeder Fünfte kennt das Internet der Dinge

Vernetzte Geräte finden sich mittlerweile fast überall, doch viele Bürger wissen immer noch nicht, was das "Internet der Dinge" ist. Politiker und Wirtschaftsvertreter nutzen die Worthülsen trotzdem fleißig.
Vernetzter Kühlschrank auf einer Technikmesse: Kaum ein Laie kennt den Begriff "Internet der Dinge"

Vernetzter Kühlschrank auf einer Technikmesse: Kaum ein Laie kennt den Begriff "Internet der Dinge"

Foto: David Becker/ AFP

Internet-Worthülsen kann Merkel. Mit Neuland hat die Bundeskanzlerin nebenbei eine erfunden, und auch mit fremden hantiert sie munter. Auf der Cebit 2014  beispielweise sagte Merkel: "Wir haben schon im vergangenen Jahr damit begonnen, uns mit der Industrie 4.0 anzufreunden. Das von mir jahrelang als eine eher theoretische Sache gesehene 'Internet der Dinge' bekommt immer mehr ein Gesicht."

Andere Politiker klingen ähnlich. Innenminister Thomas de Maizière schrieb in einem Zeitungsbeitrag , die Digitalisierung haben "beim Thema Internet der Dinge oder Big Data eine neue Qualität erreicht". Und EU-Digitalkommissar Günther Oettinger sagt Sätze wie "In meinem Heimatland Deutschland spricht man von Industrie 4.0 ". Fragt sich nur, wer hier wirklich davon spricht.

Praktisch scheinen nämlich viele Deutsche wenig mit den Fachbegriffen aus Politik und Wirtschaft anfangen zu können. Eine aktuelle repräsentative Umfrage kommt zum Ergebnis, dass 88 Prozent von knapp 1400 Befragten noch nie vom "Internet der Dinge" gehört zu haben. Mit dem Schlagwort wird die Vernetzung von Alltagsgegenständen mit dem Internet bezeichnet, vom intelligenten Thermostat bis hin zum Fitness-Armband.

Industrie 4.0 als Fremdwort

Auch den Begriff "Industrie 4.0", der auf eine vierte industrielle Revolution mit vernetzten Fabriken anspielt, hörten 82 Prozent der Umfrage-Teilnehmer zum ersten Mal. Und selbst von denjenigen, die die Begriffe schon kannten, konnten viele die Bedeutung nicht korrekt oder gar nicht erklären.

Von denjenigen Befragten, die mindestens Fachhochschulreife haben, kannten 23 Prozent der Personen das "Internet der Dinge", bei Menschen mit "einfacher Schulbildung" sind es fünf Prozent. Bei der Allensbach-Umfrage sind Menschen ab 16 Jahren am Telefon befragt worden, Auftraggeber der hier als PDF abrufbaren Studie  war die Deutsche Telekom.

Dass Politiker - und auch Aktivisten, Unternehmer und Medien - Begriffe benutzen, die Laien nicht verstehen, ist problematisch, nicht nur wenn es etwa um rechtliche Standards für den Datenschutz geht. Gerade das "Internet der Dinge" erhält nach und nach Einzug in den Alltag vieler Menschen, ob diese den Begriff nun kennen oder nicht. Es ist wichtig, dass jeder Nutzer eines vernetzen Geräts weiß, welche Möglichkeiten und Risiken eine Internetverbindung mit sich bringt - von der komfortablen App-Steuerung bis zum Hackerangriff.

Ein gutes Zeichen ist, dass es offenbar nur eine Konkretisierung braucht, damit die Worthülsen verständlich werden. So wurden bei der Umfrage auch Anwendungsbeispiele zum Internet der Dinge abgefragt: vom Handy, mit dem sich die Haustechnik bedienen lässt, bis zum Auto, das sich weitgehend selbst steuert. Solche Projekte waren der Mehrheit der Befragten bekannt. Und auch von der vielleicht meistzitierten Internet-der-Dinge-Vision, dem Kühlschrank, der eigenständig Lebensmittel nachbestellt, haben bereits 44 Prozent der Befragten gehört.

mbö/dpa
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